Liberia, muss selbstverständlich auch eine reiche Thierwelt
besitzen, und es wird daher einigermaassen befremden, dass diese
verhältnissmässig leicht zugänglichen Gebiete bis in die neueste
Zeit auch in zoologischer Hinsicht so gut wie unerforscht gebliehen
sind. Wohl waren schon früher ab und zu kleine Sendungen
zoologischer Gegenstände nach Europa und Amerika gelangt,
doch waren diese nur von geringer Bedeutung und kaum ge!
eignet, einen Einblick in die zoologischen Verhältnisse dieses
Landes zu verschaffen. Erst die Sendungen des Stettiner Reisenden
S chw e it z er , der von 1875-77 im Aufträge von Herrn
Dr. H. Dohrn in der Umgebung von Monrovia und am Junk
River Mollusken, sowie nebenbei auch Insekten, Vögel und
Säugethiere sammelte, haben die Aufmerksamkeit der Zoologen
auf dieses Land gelenkt. Leider ist der verdienstliche Reisende
kurz nach seiner Rückkehr in Stettin, woselbst er seine erschütterte
Gesundheit wieder herzustellen hoffte, den Folgen der klimatischen
Einflüsse erlegen.
Obwohl ich nun in den folgenden Zeilen ein übersichtliches
Bild der Thierwelt Liberia’s zu geben versuche, so kann doch von
einer erschöpfenden Behandlung des reichen, gesammelten Materials
an dieser Stelle nieht die Rede sein. Diese Aufgabe bleibt vielmehr
für die Fachliteratur Vorbehalten, und theilweise sind die
Resultate bereits in der Zeitschrift des zoologischen Reichsmuseums
in Leiden (Notes from the Leyden Museum) veröffentlicht worden.
^ Eine der interessantesten Thiergruppen Liberia’s bilden unstreitig
die lebhaften, drolligen Aff en, welche in grösser Zahl die
Wälder beleben, gelegentlich ihre Streifzüge bis mitten in die
Negerdörfer ausdehnen und nicht selten in den Pflanzungen
bedeutenden Schaden anrichten.
Wir selbst haben in Liberia 13 Arten von Affen gefunden und
unsern Sammlungen einverleibt, nämlich den Chimpansen, vier
Stummelaffen, sechs Meerkatzen und zwei Halbaffen.
.Der C h im p a n s e (Simia troglodytes), bei den Liberianern
bdboon, bei den Vey umru genannt, lebt meist familienweise -
und durchstreift grosse Waldgebiete nach Futter, welches in den
verschiedenartigsten Baumfrüchten besteht. Obschon im ganzen
Lande wohl bekannt, ist er doch stets eine seltene Erscheinung
und wird nie lange in derselben Gegend angetroffen. Gerade
dieser Umstand macht die Jagd auf Chimpansen sehr schwierig,
weil man gewöhnlich, nachdem man über das Erscheinen derselben
Bericht erhalten, erst auf dem Platze ankommt, wenn
Eine Chimpansenfamilie (Vu nat. Gr.).
sie bereits wieder weggezogen sind. Hie und da scheint ein
alter Chimpanse sich gänzlich von seiner Familie zurückzuziehen
und eine Art Einsiedlerleben zu führen, eine Eigenthümlichkeit
übrigens, die wir auch an ändern Affenarten beobachten konnten.
Alte Chimpansen habe ich nie in Gefangenschaft gesehen, wohl