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 und  eine Menge Frauen mit,  die  alle  in mehr  oder weniger  
 kostbare  Togen  (country  goums)  und Umschlagtücher  inländischen  
 Fabrikats gehüllt sind. Zudem sind die Männer mit langen Schwertern,  
 meist  ausrangirten  europäischen  Cavalleriesäbeln,  Reiterpistolen  
 und  schön  gearbeiteten,  einheimischen  Dolchen  bewaffnet.  Unter  
 der  Toga aber trägt der König ebensogut sein Taschentuch, wie jeder  
 seiner Unterthanen und geht, wie auch sein ganzes Gefolge, barfuss. 
 Bei  dem  Tode  eines  Fürsten  oder Häuptlings geht dessen Würde  
 oft  direkt  auf seinen  ältesten Sohn über.  Hat aber der Verstorbene  
 einen  Bruder,  so  wird  dieser  König  und  behält  die Würde  bis  zu  
 seinem  Tode,  worauf  dieselbe  auf  den  eigentlichen  Thronerben,  
 den  ältesten  Sohn  des  frühem Königs,  übergeht1).  Die  nämliche  
 Erbfolge  ist  auch  bei  den  Häuptlingen  gebräuchlich.  Freilich  
 kommen  auch  hiebei  gelegentlich  Ausnahmen  vor.  Is t  nämlich  
 der  älteste  Sohn  des  verstorbenen  Königs  heim  Volke,  d.h.  den  
 Häuptlingen  und  Freien  des  Landes  beliebt,  und  hat  er  sich  gar  
 durch  persönlichen Muth und Tapferkeit auszuzeichnen Gelegenheit  
 gehabt,  so  wird  er  statt  seines  Oheims  zum  König  gewählt)  
 doch  sollen  dergleichen  Ausnahmen  selten  Vorkommen,  und  nur  
 in  dem  Falle,  dass  der  älteste  Bruder  des  Verstorbenen  sich  
 keiner  allgemeinen  Beliebtheit  erfreut.  Ist  kein  Thronerbe  in  der  
 Familie  vorhanden,  so  geht  die  Würde  auf  den  tapfersten  und  
 mächtigsten  Vasallen  über.  Bei  den 'Vey  haben  nach  dem  Tode  
 von  Morana  Sando  die  Liberianer  ihren  Einfluss  geltend  gemacht  
 und bewirkt, dass nicht dessen ältester Bruder, sondern sein früherer  
 Widersacher  F reeman  König  wurde,  weil  Morana’s  Bruder  sich  
 weder  durch  Einfluss,  noch  durch  Tapferkeit  oder  grosse  Klugheit  
 auszeichnete  und  sein  ältester  Sohn  Davinda  noch  zu  jung  
 war  und  nicht  genügenden  Einfluss  besass,  um  in  der  steten  
 Kriegsgefahr,  in welcher  der  Vey-Stamm  schwebt,  als Kriegsfürst  
 aufzutreten. Nach dem kürzlich erfolgten Tode Freeman’s ist nun die  
 Königswürde  doch  noch  auf  den  Bruder Morana’s  übergegangen. 
 Eigenthümlich  ist  die  unter  den  Eingebornen  übliche  Weise  
 der  Kriegführung.  Es  ist  in  der  Regel  eine  Art  Guerillaskrieg,- 
 *)  Siehe  auch Dapper,  holländische Ausgabe,  p.  411. 
 den  diese  Leute  führen,  und  Zusammenstösse  von  feindlichen  
 Truppenkörpern  in  offenem  Felde  kommen  wohl  niemals  vor.  
 Im  Gegentheil  beschränkt  sich  die  Kriegführung  in  der  Regel  
 auf  Einfälle  in  Feindesland  und  nächtliche  Ueberrumpelungen  
 von  offenen  oder  auch  wohl  von.  befestigten  Plätzen,  wobei,  
 wenn  der  Anfall  gelingt,  der  betreffende  Ort  eingeäschert  wird,  
 während  dessen  Bewohner,  mit  ihren  eigenen  Habseligkeiten  
 beladen,  als  Sklaven  weggeführt  werden.  Hie  und  da  kommt  
 es  wohl  auch  zur  Belagerung wichtiger,  stark  befestigter  Plätze,  
 doch  können  diese  letztem meist  nur  durch  List  erobert werden, 
 Querdurchschnitt  der  frühem  Festungswerke  von  Cobolia ‘). 
 und  gar  oft muss  der  Feind  unverrichteter  Sache wieder abziehen. 
 In  Gegenden,  die  viel  unter  feindlichen  Einfallen  zu  leiden  
 haben,  sind  fast  alle  Residenzen  von  Häuptlingen  mehr  oder  
 weniger  stark  befestigt,  um  einen  plötzlichen  Ueberfall  abwehren  
 zu  können.  Diese  Befestigungen  bestehen  in  der Waldregion  aus  
 starken  Palissadenzäunen,  in  der  baumarmen  Mandingo-Ebene 
 i) Diese  Festungswerke wurden infolge des Friedensschlusses (siehe I. Band,  
 p.  290)  geschleift.  Nach  den  neuesten Berichten haben  die Kosso zu Anfang  
 dieses  Jahres  (1890)  die  wehrlose  Stadt  überfallen  und  verbrannt.