Liberia anläuft, gehören zwei Gesellschaften an, nämlich der
African Steam-Ship Company und. der West African Steam-Navigation
Company. Von Liverpool ausgehend, fahren sie über Madeira
und die Kanarischen Inseln nach Sierra Leone und von da die
ganze Westküste Afrika’s entlang bis zum Congo, einige sogar
bis Loanda und Mossamedes hinunter. In Liberia berühren sie
die Häfen von Monrovia, Grand Bassa, Sinoe und Cape Palmas.
Da diese Dampfer, besonders jetzt, bei der grosgen Concurrenz
der deutschen Linie, nicht immer Fracht finden, die das Einlaufen
in einen Hafen lohnt, so wurde in 1882 Monrovia aus dem
Fahrplan gestrichen, und seither legen die Böte nur an, wenn
sie auf der Hinreise genügend Fracht zu löschen haben und aui
der Rückreise nur, wenn Aussicht auf eine Fracht vorhanden
ist, deren Werth wenigstens 20 Pfund Sterling beträgt. Nur
Grand Bassa, die Handelsmetropole Liberia’s, wird beinahe regelmässig
berührt, Sinoe und Cape Palmas aber auch häufig genug
vorbeigefahren. Wenn diese Böte einige Stunden liegen bleiben,
so entwickelt sich zwischen ihnen, die wenigstens eine Seemeile
vom Strande entfernt ankern, und der Küste bald ein äusserst
lebhafter Verkehr von Canoes und schweren Ruderböten, welche
letztere die . zu verschiffenden Waaren an Bord .bringen. Es
herrscht dann auf diesen schwarzen Kolossen ein nngAmain
bewegtes Leben. Ohne Unterbrechung, hört man das Rasseln der
Dampfkrähne, welche, bedient von lärmenden, rührigen Krunegern,
die Säcke mit Palmkernen und die grossen, weissgetünchten
Palmölfässer aus den längsseit hegenden Ruderböten an Deck
schaffen und in den weiten Raum des Schiffes versenken. Bald
ist das Deck derart mit Landesprodukten und den mit Ladung
und Stauung beschäftigten Negern bedeckt, dass man Mühe hat,
sich durch das Chaos hin einen Weg zu bahnen. Unter Deck aber,
in den Logis der Matrosen, Maschinisten und Heizer geht es nicht
weniger lebhaft zu. Auf der Hinreise halten nämlich Verschiedene
unter den Mannschaften, besonders die Quartiermeister, auf
eigene Rechnung eine Art kleiner Verkaufsläden, in welchen
maii gegen Baarzahluhg fertige Kleider, Wäsche und andere
Toilettenartikel, Schuhe, Hüte und eine Menge von Quincaillerie-
waaren kaufen kann. Da diese Artikel, weil nicht gelandet,
keinem Eingangszoll und ändern Abgaben unterworfen sind, so
kommen die Preise derselben bedeutend niedriger zu stehen, als
in den Faktoreien an der Küste. Auch allerlei Lebensmittel werden
durch die Liberianer hier gekauft, besonders Kartoffeln
(Irish potatoes)., Zwiebeln aus Madeira , frische Butter in Blechbüchsen
, Schinken und Fleischconserven, nebst zahlreichen ändern
Artikeln, die durch den Chief Steward (Hofmeister) gehalten
werden. Alle diese Artikel werden von den Käufern, ohne durch
die Douane belästigt zu werden, an Land gebracht. Auf diese
Weise wird nicht nur den Interessen der steuerzahlenden Kaufleute
viel Abbruch gethan, sondern dem Lahde auch fortwährend
viel baares Geld entzogen.
In den letzten Jahren haben die Dampfer der Woermann-Linie
den englischen Gesellschaften sehr schwere Concurrenz gemacht.
Augenblicklich besitzt diese Linie elf Dampfer, welche alle
sowohl auf der Hin-, als auch auf der Rückreise Monrovia anlau-
fen. Der Fahrplan ist- so eingerichtet, dass in der Mitte und am
Ende jedes Monats je ein Boot von Hamburg abgeht. Die erstem
besuchen regelmässig sowohl auf der Hin-, als auf der Rückreise
die liberianischen Häfen Monrovia, Bassa, Sinoe und Cape Pah
mas und fahren bis Kamerun, die letztem, am Ende des Monats
abfahrenden, laufen bis St. Paul de Loanda und berühren in
Liberia allein Monrovia. Alle sind Passagierdampfer, und die
grö'ssern derselben sind äusserst comfortabel eingerichtet. Auch
diese Schiffe vermitteln die Postverbindung mit sämmtlichen von
ihnen besuchten Küstenplätzen und bieten noch den Vortheil,
dass sie einen Postpacketdienst eröffnet haben. Die Fracht für
ein Packet bis fünf Kilogramm nach jedem beliebigen Hafenplatze
der ganzen Linie beträgt für Deutschland nur M. 1.30.
Vor einigen Jahren hat sich eine belgische Dampferlinie Antwerpen—
Congo gebildet, die ihre allmonatlieh fahrenden Dampfer
Monrovia anlaufen liess; nach dem Eingehen der belgischen Faktoreien
in Liberia sind diese Besuche aber unterblieben.
Ausser den genannten Verkehrslinien ist noch eine bedeutende
Zahl von kleinen Küstenfahrzeugen, besonders Segelböten und
Kuttern thätig, um den Verkehr zwischen den verschiedenen
Hafenplätzen und Handelsstationen zu vermitteln; nichtsdesto