an der Westküste Afrika’s zu Hause sein dürfte. Dies war Alles,
was man von der Antilope wusste, bevor ich meine erste
Reise nach Liberia antrat; denn merkwürdiger Weise hat
S chweitzer , der schon vor uns in Liberia sammelte, dieselbe weder
selbst gefunden, noch ihrer Erwähnung gethan, obschon sie bei
Eingebornen und Liberianern sehr gut bekannt ist. Gross war
daher meine Freude, als ich eines Tages, im Walde bei Soforeh
Place, auf eine herannahende Alfenbande lauernd, plötzlich eine
Antilope vor mir stehen sah, welche ich sofort als das vielbesprochene
mountain-deer erkannte. Das Thier brach unter dem
Schuss zusammen, doch bevor mein boy dasselbe erreicht hatte,
sprang es auf und rannte davon. Der gute Jagdbursche rief mir
zu, dass er das gut getroffene Thier bald haben werde, folgte
der Fährte und kam bald darauf mit der Beute im Arme an.
Wie erstaunte ich aber, als sich bei näherer Untersuchung herausstellte
, dass das erbeutete Thier ein ganz junges, unverletztes
Exemplar war, während doch Blutspuren am Boden untrüglich
bewiesen, dass mein Schuss gut getroffen hatte! Zweifellos
hatten wir es mit einer Mutter und ihrem Jungen zu thun,
und hatte der boy bei der Verfolgung der Ersteren dieselbe aus
dem Auge verloren und dafür das ihr nachlaufende Junge gefangen.
Sofort banden wir . dem erschreckten Thierchen die Beine zusammen
und folgten dann der Fährte seiner Mutter. Diese führte
uns in ein kleines, sumpfiges Thälchen hinunter, woselbst wir
bald im Dickicht jede Spur verloren. In unsere Station zurückgekommen,
boten wir einige Leute aus Soforeh Place nebst
unsem Dienern auf, um den Wald nach dem seltenen Thiere
abzusuchen, doch war Alles umsonst. Erst einige Tage später
brachte mir einer der Leute den Kopf der Antilope,, den er
jenseits des erwähnten Sumpfes am Bergeshang aufgefunden.
Ich liess es mir nicht nehmen, mich selbst nach der Stelle hinführen
zu lassen. Dort fand ich noch Reihen rother und schwarzer
Haare; das Thier selbst war in der kurzen Zeit bis auf diese
Haare und einige gänzlich werthlose Knochenreste von Wanderameisen
aufgefressen worden! Alle erdenkliche Mühe, die wir
uns fortan gaben, um andere Exemplare dieser schönen Art
aufzustöbern, blieb erfolglos. Da wir keine condensirte Milch 'mitgenommen
hatten, vermochten wir nicht, das Thierchen am Leben
zu erhalten; es starb sehr bald und wurde, wie auch der Schädel
seiner Mutter, unsern Sammlungen einverleibt. Erst während
meiner zweiten Reise gelang es uns, eine Reihe prachtvoller
Exemplare zu erhalten und zugleich zu constatirén, dass diese
Art am obern Du Queah durchaus nicht selten sei. Später wurde
sie auch von meinem Begleiter Stampfli am Farmington River
gesammelt.
Das mountain-deer erreicht die Grösse einer halbwüchsigen
Ziege, und das Gewicht eines erwachsenen Exemplars schwankt
zwischen 40 und 50 Pfund. Eine besondere Eigenthümlichkeit
dieser Antilope ist die ausserordentlich starke Entwicklung der
Haare am Hinterrande des Laufes, welche geradezu eine Art
Bürste bilden.
Unstreitig die häufigste Art ist Ma xwe l l ’s An t i l o p e
('Cephalophus maxwellii), bei den Liberianern unter dem Namen
fulintongue bekannt. Dieselbe ist sehr scheu und furchtsam und
kommt fast ausschliesslich im Buschwalde vor, wo sie sich in
kleinen Trupps zusammenhält. Sie ist noch kleiner als die
Zebra-Antilope und beinahe einfarbig graubraun. Man schiesst
diese Thiere auf dem Anstande, indem man sie durch Nachahmung
ihrer Stimme herbeilockt; auch werden sie häufig in Fuss- und
Halsschlingen gefangen.
Schliesslich sei hier noch die westafrikanischen Z w e r g a
n t i l o p e (Cephalophus spiniger), bei den Vey sang genannt,
erwähnt. Dieselbe ist kaum 50 Cm. lang, oben rothbraun, unten
etwas heller; Brust, Bauch und Innenseite der Beine sind grau.
Die etwa 6 Cm. langen, drehrunden Hörnchen sind äusserst schlank
und haben scharfe, pfriemenartige Spitzen, weshalb sie von den
Holländern, welche diese Antilope von der Goldküste her bekamen,
besonders gerne, mit Silber montirt, als Pfeifenräumer
gebraucht wurden. Auch die ziemlich hohen Beine sind sehr
schlank und über den Hufen kaum kleinfingerdiek. Die Einge-
bornen, welchen ich eine colorirte Abbildung des Thieres zeigte,
schienen dasselbe sehr gut zu kennen und sagten, dass es
ausserordentlich scheu sei, im Walde lebe und sich in hohen,
über drei Meter langen Sprüngen fortbewege.