Eltern nach Liberia über. Nach der Gründung der Republik
wurde er in das Repräsentantenhaus gewählt, und während
der Regierungszeit der beiden ersten Präsidenten fungirte er als
Minister des Auswärtigen (Secretary of States).
Durch den Erfolg ihrer Bemühungen ermuthigt, setzten die
Kaufleute aus Sierra Leone ihr herausforderndes Verhalten gegenüber
Liberia fort und gaben nur gar zu bald Anlass zu neuen
Unannehmlichkeiten. In 1864 wurden die Schooner von TTarrth
aufs Neue confiscirt, und zwar diesmal auf unbestritten liberianischem
Gebiete östlich von Grand Cape Mount. Durch den
Gerichtshof in Monrovia wurden Schiffe und Ladung als dem
Staate verfallen erklärt. Auf die Reklamationen des Gouverneurs
von Sierra Leone hin wurde im März desselben Jahres eine gemischte
Commission ernannt, um die Sache zu untersuchen und zugleich
die Grenzfrage zu besprechen. Die englischen Commissäre hatten
Vollmacht, die Grenzgebiete bis an den Gallinas River hinauf
als liberianisches Grundgebiet anzuerkennen, die liberianischen
Abgeordneten aber erklärten, sich an die Uebereinkunfb mit Lord
R usse l l zu halten und das ganze Gebiet bis Manna Point hinauf
als liberianischen Grundbesitz zu betrachten. Es wurde daher
keine UebereinStimmung erzielt, wohl aber eine Art freundschaftlichen
Verhältnisses angebahnt, worauf Liberia an H a b e is die beiden
conflscirten Fahrzeuge wieder auslieferte und sich mit der Auferlegung
einer kleinen Strafe begnügte.
Von dieser Zeit an wurden die Ereignisse in den nordwestlichen
Grenzgebieten so verwickelt und nahmen solch einen ernsten
Charakter a n , dass dieselben in ihrem Zusammenhang betrachtet
werden müssen. Bevor ich jedoch zu der Behandlung derselben
übergehe, wollen wir sehen, welche Entwicklung der Freistaat
weiter erfahren hat.
Präsident W a r n e r siegte 1865 im Wahlkampfe gegen den
Candidaten der Whigs, J. S. P a y n e , einen frühem Anhänger der
republikanischen Partei, und wurde auf eine neue Amtsdauer
wiedergewählt. Während dieser Periode wurde durch die Regierung
eine Maassregel genommen welche jedenfalls viel dazu beigetragen
h at, Unannehmlichkeiten mit den englischen Kaufleuten
und infolgedessen auch mit der Colonialregierung in Sierra Leono
herbeizuführen. Schon Präsident B enson hielt es für unklug,
die ganze Küstenlinie für die fremden Kaufleute offen zu halten,
da dies das Erheben von Einfuhrzöllen sehr erschwerte und
vertheuerte. Er trat daher mit der englischen Regierung in
Berathung, um eine Reihe von Hafenplätzen festzustellen, die
dem Fremdhandel geöffnet bleiben sollten und an denen die
Regierung Zollämter errichten wollte, während die ganze übrige
Küstenlinie für diesen geschlossen bleiben sollte. Bevor jedoch
die Frage weiter ventilirt werden konnte, trat B enson ab. Unter
seinem Nachfolger W a r n e r wurden nun, wie es scheint, ohne
die englischen Handelsinteressen zu berücksichtigen, durch ein
Gesetz, die sogenannte Port of Entry Law, sechs Küstenplätze %
für den Fremdhandel,zugänglich erklärt, die ganze übrige Küstenlinie
aber wurde demselben verschlossen. Da die liberianischen
Kaufleute aber in diesen geschlossenen Platzen wohl Handel treiben
durften, so wurde für dieselben dadurch ein Monopol geschaffen,
das sie auf alle mögliche Weise ausbeuteten. Es fehlte übrigens selbst
in Liberia nicht an einsichtigen Männern, die dieses Gesetz ver-
urtheilten, da es nicht nur den Finanzen des Landes auf die
Dauer schädlich werden musste, sondern auch die Interessen
vieler Angehörigen von Staaten schädigte, mit welchen Liberia
Handelstraktate geschlossen hatte. Besonders fühlte England sich
durch diese unliberale ■ Maassregel gekränkt, da manche seiner
Kaufleute dadurch stark benachtheiligt wurden. Jedenfalls ist
der erste Grund zu den Grenzstreitigkeiten in diesem Gesetz zu
suchen, und manche Conflikte mit eingebornen Stämmen, die
sich auf einmal der Gnade liberianischer Kaufleute überliefert
sahen, wurden durch dasselbe verursacht. Wären die westlichen
Grenzgebiete oder wenigstens deren wichtigste Küstenplätze für
den Handel offen geblieben, so wäre kein Grund vorhanden gewesen,
diese Liberia streitig zu machen, und dessen Regierung
hatte nicht das Recht, jene Stämme des Verkehrs mit der Aus-
senwelt zu berauben, ohne selbst die Sorge für ein Aequivalent
auf sich zu nehmen.
Bei den Neuwahlen in 1867 tra t W a r n e r zurück, und J ose ph
‘) Robertsport, Monrovia, Marshall, Grand Bassa, Sinoe und Cape Palmas.
LIBERIA, XI. 4