brauchen, als die nöthigen Befehle zu geben”. Dieser Zustand ist
bis auf den heutigen Tag derselbe geblieben. Der Liberianer sucht
seine Kraft nicht in sich selbst, sondern erwartet viel zu viel
Hülfe von aussen. Den Mangel an Energie sucht er nur gar zu
gern mit dem Argumente zu beschönigen, dass, wo das nöthige
Kapital fehle, doch keine Anstrengung helfen könne, und er hat
darin in gewissem Sinne Recht. Aber das Geld fehlt dem ehrlichen
Pflanzer und Kaufmann nicht in dem Maasse, wie man glauben
sollte. Die Faktoreien schiessen gerne Geld zu agrikolen und
merkantilen Unternehmungen vor, wenn sie sehen, dass der
Empfänger dasselbe in Bodenerzeugnissen oder ändern Exportartikeln
zurückzahlen kann. Doch gerade hier sitzt gewöhnlich
das Uebel. Das sogenannte Credit- oder frwsf-System hat sich
trotz seines ursprünglich guten Zweckes als eine ganz verfehlte
Institution erwiesen, und wenn dasselbe heutigen Tages noch
fortbesteht, so liegt, der Grund zum Theil darin, dass nun die
Faktoreien, welche grosse Summen auf diese Weise ausstehen
haben, nicht mehr ohne weiteres damit brechen können, wenn
sie nicht die vorgestreckten Beiträge rettungslos verlieren wollen,
theils auch wohl darin, dass die Schuldner mit überwältigender
Beredtsamkeit ihre traurigen Verhältnisse schildern und sich als
die ehrlichsten Leute der Welt vorthun können. Mit einem trust
geben sie vor, ihr Glück zu machen und dann das Geliehene
pünktlich in Produkten zurückzahlen zu wollen.
So erhält z. B. der Farmer einen trust, um seine Kaffeepflanzung
zu bestellen, gegen das Versprechen, den ganzen Ertrag seiner
Ernte ausschliesslich an die Faktorei, die den Vorschuss macht,
verkaufen zu wollen. Später aber kommt er wieder und bittet
um neuen Credit, denn die Farm muss gereinigt und besorgt,
der Arbeiter genährt und bezahlt werden. Der Kaufmann, der einmal
A gesagt hat, sieht sich nun genöthigt, auch B zu sagen und
einen neuen Vorschuss auf die Ernte zu geben. Thut er dies
nicht, dann geht der Abgewiesene zu einem Ändern und sucht
dort trust zu erhalten. Zur Erntezeit hat der Farmer wieder
zahlreiche Leute nöthig, und das Creditnehmen wird fortgesetzt.
Endlich ist die Ernte vorbei und der Pflanzer will sich nach
gethaner Arbeit etwas gütlich thun. Gar Mancher aber geht
nun, statt zu seinem Creditoren, zu einem Ändern, um sich
das Gewünschte einzukaufen für Produkte, die ihm von Rechts
wegen gar nicht mehr gehören.
Der Farmer arbeitet meist mit gemietheten, eingebornen Arbeitern
, hie und da auch mit Sklaven eines eingebornen Häuptlings,
den er für die gelieferten Arbeitskräfte (hands) mit allerlei Tausch-
waaren entschädigt. Der Arbeitslohn für einen freien Arbeiter
beträgt in der Regel ausser -der einfachen Kost einen Shilling per
Tag und wird fast ausnahmslos in. Handelsartikeln, besonders
in Tabak und Baumwollstoffen, entrichtet, woran der Farmer auch
wieder seinen Profit macht, da er sie zu Engrospreisen einkauffc
und zu Detailpreisen wieder absetzt. Trotz dieser verhältniss-
mässig billigen Arbeitskräfte will, wie gesagt, der Landbau nicht
rechte Fortschritte machen. In der Regel arm aus Amerika
herübergekommen, besitzt der Ansiedler nichts, um anzufangen,
stürzt sich, wenn ihm dies möglich wird, in Schulden und kann,
da es ihm an der nöthigen Energie gebricht, sich nicht aus
denselben herausarbeiten. Freilich geht es nicht Allen so. Obwohl
der S i n n für S p a r s amk e i t ebensowenig der schwarzen Rasse
eigen zu sein scheint, wie das Bl i ck en in die Zu k u n f t ,
so giebt es doch zahlreiche Ausnahmen, Leute, die sich durch
Energie, Umsicht und Sparsamkeit aus der Armut emporzuarbeiten
wissen, bis sie sich das unbeschränkte Vertrauen liberianischer
oder weisser Kaufleute erworben haben und sich zusehends
in dem Maasse bereichern, als ihnen grössere Hülfsmittel zu Gebote
stehen.
Während Senegambien sehr viel Rindvieh besitzt, ist der Viehstand
in Liberia kaum nennenswerth. Rindvieh findet man zwar
in verschiedenen grössern Küstenplätzen, und im östlichen Liberia
auch bei den Eingebornen des Innern, doch nirgends zahlreich.
Der geringe Rindviehstand ist wohl grösstentheils dem Mangel
an geeignetem Futter- zuzuschreiben. Durch Anbau von Kunstfutter
wäre freilich dem Uebelstande abzuhelfen; doch darauf
lässt sich Niemand ein, und das hafte, kieselsäurereiche Steppengras
ist als Viehfutter nur in ganz jungem Zustande zu verwenden.
Das liberianische Rindvieh gehört einem sehr schönen
Schlage an. Es ist nicht besonders gross, aber gedrungen gebaut
L IB E R IA , H . j ß