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und farbigen An s i e d l e r streng auseinanderzu halten und daher
in gesonderten Abschnitten zu behandeln. Da der Reisende immer
zuerst mit den Letztem, die sich schon lange als die Herren
des Landes betrachten, in Berührung kommt, so sei ihnen auch
hier der Vorrang gewährt.
Die Liberianer im engern Sinne, oder „Amerikaner”, wie sie
sich zum Unterschiede von den Eingebornen selbst nennen und
auch von den Letztem genannt werden, sind freigewordene,
amerikanische Negersklaven und deren Nachkommen, zum Theil
Mischlinge aller Schattirungen, die auf verschiedenen Stellen
der ehemaligen Pfefferküste, namentlich aber an verschiedenen
Vorgebirgen und den Unterlauf der bedeutendem Flüsse entlang
Ansiedlungen gegründet haben, welche nun zusammen ein grosses
Gemeinwesen, den F r e i s t a a t Li ber i a, ' bilden.
Wie schon früher erwähnt, sind die ersten uns bekannt gewordenen
Besuche dieser Küste den entdeckungslustigen Karthagern
zuzuschreiben (500 vor Christo).
Die grossen Entdeckungsreisen der Portugiesen im fünfzehnten
Jahrhundert, unter Heinrich dem Seefahrer, haben uns jedoch
zum ersten Male mit diesen Gegenden bekannt gemacht. Im Jahre
1462 erreichten P edbo de Cin t b a und S oebio d a Costa auf ihrer
Küstenfahrt das Cap Messurado (Monserrado). Im folgenden Jahre
rückte d a Costa bis an den Fluss Assini an der Elfenbeinküste
vor. Nach einiger Unterbrechung machten die Portugiesen in
1471 einen Vorstoss bis Cape Coast (Santa Catharina), und da
sie dort viel Goldstaub fanden, gründeten sie in 1482 unter
J o ha n n H. das Fort St. George del Mina (das heutige Elmina).
Die Priorität der Entdeckung durch die Portugiesen wird übrigens
bezweifelt. Nach einem Berichte des französischen Reisenden
V il l a u l t d e B e l l e po nd (1666) sollen schon seit 1364 Seefahrer
aus Dieppe die Pfefferküste besucht haben und sogar bis Elmina
an der Goldküste vorgedrungen sein, doch aus Furcht vor Concur-
renz ihre Entdeckungen, die ihnen auf der Pfefferküste Pfeffer
und Elfenbein, auf letzterm Platze Gold einbrachten, geheim
gehalten haben x).
’) Nähere Angaben siehe W a u w e r m a n s , Liberia, p. 111.
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Leider wurde die Pfefferküste, seit ihrer Entdeckung der
Schauplatz friedlichen Tauschhandels mit den Eingebornen, die
gegen allerlei Importwaaren Malaghettapfeffer und Elfenbein austauschten,
mit der Einführung des einträglichem Sklavenhandels
ein ergiebiges Ausfuhrgebiet für das so sehr gesuchte „Ebenholz.”
Portugiesen sowohl als Spanier, besonders aber letztere, betheiligten
sich an diesem Menschenhandel und errichteten auf zahlreichen
Plätzen der Pfefferküste ihre Sklavenfaktoreien. Später,
als die englischen und amerikanischen Kreuzer den Sklavenhändlern
das Leben stets saurer machten, waren diese in den für Fremde
fast unnahbaren Mündungsgebieten der Flüsse nicht um sichere
Schlupfwinkel verlegen, in denen sie ihre Waare verbergen konnten,
bis sich ein günstiger Moment zur nächtlichen Einschiffung
derselben darbot. Die Zerrissenheit zwischen den Negerstämmen
und die daraus entspringenden, fortwährenden Kriege im Innern
liessen es nie an neuer Zufuhr fehlen, und es bildeten sich nach
und nach landeinwärts hinter den Stationen der Sklavenhändler
regelrechte Sklavenstrassen, auf denen fortwährend ganze Züge
von Gefangenen der Küste zugetrieben wurden.
Es klingt geradezu unglaublich, welche ungeheure Zahl von
Sklaven die Westküste Afrika’s während mehr als 300 Jahren
(seit 1517) nach Amerika geliefert hat. Deren Zahl wird auf
10—12000 per Jahr berechnet, und die Gesammtzahl der nach
Westindien und den Vereinigten Staaten gelieferten Sklaven auf
acht, diejenige der nach Südamerika gelieferten sogar auf zehn
Milhonen geschätzt. Ueberdies fallen nach denselben Berechnungen
auf die europäischen Besitzungen in Afrika selbst zwei Millionen.
Bei einer Vertheilung unter verschiedene Staaten fallen
auf England und die vereinigten Staaten 5, auf Frankreich 2,
auf Holland und andere Staaten 1 und auf Spanien 12 Millionen ')•
Die ersten Anstrengungen zur Unterdrückung des Sklavenhandels
und zur Aufhebung der Sklaverei der Neger fallen in das
Jahr 1785, in welchem die Universität von Cambridge in England
eine diesbezügliche Preisfrage ausschriefo, welche von F. Cla bk so n
beantwortet wurde. Die von ihm geschriebene Abhandlung machte
‘) P e b e B o u b z e ix , la Republique de Liberia, p. 15,