Staatssubsidien. Schon früher, bei der Neuordnung der liberianischen
Regierungsform, war von gewisser Seite ernsthaft darauf
angedrungen worden, die Vorschriften der Temperenzgesellschaft
in die liberianischen Landesgesetze aufzunehmen, doch konnte
das Comité glücklicherweise diese Maassregel, die den jungen
Staat leicht in ein schiefes Verhältniss hätte bringen können,
verhindern. Dieser Misserfolg mochte wohl zu der Entstehung
der neuen Gesellschaft mit beigetragen haben.
Im Oktober 1831 kamen an Bord des „Orion,” unter Leitung
von Dr. J ames H a l l , 31 farbige Emigranten nach Monrovia und
unterhandelten mit dem Agenten Meo h l in über die Erwerbung
von liberianischem Grundgebiet. Da die beiden Chefs sich jedoch
nicht einigen konnten, kehrte Dr. H a l l nach Amerika zurück,
um neue Instruktionen zu holen. In 1833 erschien er wieder
in Monrovia, diesmal mit 28 neuen Colonisten und einigen
methodistischen und presbyterianischen Missionären. Er hatte
den Auftrag, die Mitglieder der ersten Expedition von Monrovia
abzuholen und dann am Cap Palmas oder in dessen Nähe Grundbesitz
zu erwerben und eine neue, von Liberia unabhängige
Colonie zu gründen. Am Cap Palmas angekommen, fand er jedoch
bei den Häuptlingen der Eingebornen viel Widerstand, da dieselben
nicht gesonnen waren, sich durch einen der Temperenz huldigenden
Staat die Zufuhr ihres geliebten Branntweins, der ihnen
früher durch die Sklavenhändler geliefert wurde, abschneiden zu'
lassen. Schliesslich gelang es Dr. H a l l doch, das Cap Palmas und
die Gegend an der hinter demselben gelegenen Bucht zu erwerben,
worauf die Colonisten an Land gesetzt wurden. Bald aber bereute
der „König” der Eingebornen seine Landabtretungen und erhöhte
den Preis der Lebensmittel in der Hoffnung, dadurch die Colonisten
zu zwingen, ihm dieselben mit Branntwein zu bezahlen.
Dr. H a l l aber erklärte ihm, er werde seinen Bedarf von auswärts
beziehen, und schliesslich musste, nach langen gegenseitigen Drohungen,
der Häuptling sich fügen und die Colonisten in Ruhe lassen.
Die Colonie, die bis 1856 ein von Liberia gänzlich gesondertes
Gemeinwesen bildete, erhielt den Namen Ma ry l a n d in Liber ia,
und Dr. H a l l wurde ihr erster Chef unter dem Titel eines
Gouverneurs. In 1854 erfolgte ihre Unabhängigkeitserklärung,
doch wurde bis zur Vereinigung mit Liberia (1856) der durch
die Colonie selbst gewählte Gouverneur nach wie vor durch die
Gesellschaft besoldet1).
Wie in Maryland, und ungefähr gleichzeitig, bildeten sich noch
andere derartige Gesellschaften. So wurde durch eine Colonie
von Farbigen, die von einer Gesellschaft in Edinburg in Amerika
nach Liberia gesandt worden waren, auf einem von B ob Gray
erhaltenen Gebiet am rechten Ufer des St. John’s River, nahe
der Küste, die Niederlassung Ed i na gegründet.
Indessen war die Gesundheit M b c h l in ’s durch zahlreiche Fieberanfälle
so sehr untergraben, dass er 1834 nach Amerika zurückkehren
musste. Sein Nachfolger war Rev. J o h n B. P i n n e y , der jedoch
schon einige Monate nach seiner Ankunft, ebenfalls wegen Krankheit,
zur Rückkehr gezwungen wurde. Während man noch die
Ankunft des neuen Agenten erwartete, hatte sein Stellvertreter,
der Vice-Agent B r a n d e r einen Aufstand von Eingebornen in
Grand Bassa zu unterdrücken. Zu Anfang 1835, noch bevor der
neue Agent angekommen war, sandte nämlich eine Gesellschaft
von Quäkern, die Pennsylvania young men’s Society, eine Anzahl
von 126 Colonisten, ausschliesslich aus Arbeitern, wie Schmieden,
Zimmerleuten, Maurern, Ziegelbrennern, Schustern und
Schneidern bestehend, nach Liberia. Obschon auch diese streng
an die Regeln der Temperenz gebunden waren, empfing man
sie in Monrovia äusserst zuvorkommend, denn man war
nicht geneigt, dieselben, wie seiner Zeit diejenigen aus Maryland,
durch ein schroffes Verhalten zu zwingen, sich ebenfells
selbständig irgendwo anzusiedeln. Man wies ihnen daher den mehrerwähnten
Landstrich an der Bucht von Bassa, zwischen St.
John’s- und Bissaw River, als Wohnsitz an. In kurzer Frist
hatten dieselben in der Nähe der Mündung des Bissaw River
ein Dorf von 18 Häusern errichtet und nannten dasselbe zu
Ehren des Gründers ihrer Colonisationsgesellschaft Po r tC r e s s o n
(das heutige Fishtown). Bald darauf begann J o e H a r r i s , der
frühere Besitzer dieses Gebietes, gegenüber der jungen Niederlassung
Feindseligkeiten und drohte dieselbe zu vernichten.
*) Siehe P h . S c h ö n l e in , Proo. R. Q-eogr. Soc. London, 1856, p. 99