
 
		Viel  mehr  als  von  den  Mosquitos  hatten  wir  von  den  an  
 der  Küste  wie  im  Innern  gleich  häufigen  Ame i s en   zu  leiden.  
 Liberia  scheint  denn  auch  e in   grosses  Ameisen-  und  Termitennest  
 zu  sein.  Auch  dem  Insektensammler  fällt  das  numerische  
 Uebergewicht  der  Ameisen  sofort  ins  Auge,  und  wenn  er  beim  
 Abklopfen  von  Busch  und  Strauch  immer  und  immer  wieder  
 im  umgekehrten  Regenschirm  ein  Heer  von  Ameisen  wimmeln  
 sieht  und  nebst  verschiedenen  Heuschrecken  und  Schildwanzen  
 nur  selten  ein  Käferchen  vorfindet,  dann  drängt  sich  ihm  wie  
 von  selbst  die  Ueberzeugung  auf,  dass  gerade  die  geffässigen  
 Ameisen  die  Urheber  des  spärlichen  Vorkommens  der  übrigen  
 Insektenformen  sein  müssen. 
 In  den  Häusern  der  Niederlassungen  an  der  Küste  sind  die  
 kleinen,  sogenannten Zu c k e r ame i s e n   besonders  lästig,  indem  
 sie  zu  Tausenden  in  die Vorrathsmagazine  eindringen und, wenn  
 man  sie  nicht  rechtzeitig  entdeckt,  namentlich  den  Süssigkeiten  
 arg  zusetzen.  Um  die  Speisen  vor  ihnen  zu  schützen,  pflegen  
 die  Hausfrauen  die  Püsse  von  Tischen  und  Kasten  in  Gefässe  
 mit  Wasser  zu  setzen.  Aber  noch  weit  gefährlicher  als  die  
 Zuckerameisen  sind  die  W a n d e r a m e i s e n ,   welche  von  den  
 Liberianern  drivers  (Treiber)  genannt  werden.  Diese  gereichten  
 uns,  so  sehr  sie  auch  durch  das  Säubern  der Häuser  von Mäusen,  
 Ratten  und  allerlei  Ungeziefer  im  Allgemeinen  eine  Wohlthat  
 für  das  Land  sein  mögen,  oft  zu  grossem  Schaden,  indem  sie  in  
 langen,  nicht  enden wollenden  Zügen,  meist während  der Nacht,  
 in  unsere  Hütte  eindrangen,  sich  über  Boden,  Wände,  Kisten  
 und  lose  Gegenstände  verbreiteten  und  in  unglaublich  kurzer  
 Zeit  alles,  was  nur  auf  den  Namen  von  thierischem  Organismus  
 Anspruch  machen  konnte,  vernichteten  oder  auf  die  Flucht  
 trieben.  Sogar  die  Hühner,  welche  bei  der  Aufregung,  die  ein  
 solcher  Besuch  verursacht,  in  ihrem  Stall  vergessen  wurden,  
 sowie  andere  lebende  Thiere,  die  wir  zufällig  in  Käfigen  hielten,  
 fielen  den  räuberischen  Einbrechern  zum  Opfer.  Wir selbst, durch  
 ein  unerträgliches  Beissen  aus  dem  Schlafe  geschreckt,  fühlten  
 uns  über  und  über mit  dem mörderischen Ungeziefer  bedeckt  und  
 sprangen  aus  den  Hängematten,  um  auf  der  Erde,  wo  es  ebenfalls  
 von  diesen  Thieren  Wimmelte,  von  neuen  Heerschäaren 
 überfallen  zu  werden.  Und  dann  erst  unsere  Sammlungen!  
 Frisch  präparirte  Säugethiere  und  Vögel  angefressen,  trotz  des  
 Bestreichens  mit  Arsenikseife,  Schmetterlings-  und  andere  Insektensammlungen  
 halb zerstört, die Früchte tagelanger, angestrengter  
 Arbeit  verwüstet,  und  dies  Alles  das  Ergebniss  eines  einzigen  
 Treiberbesuchs!  Da  diese  Besuche  durchaus  nicht  zu  den  angenehmen  
 gehören,  so  hilft  man  sich  dadurch,  dass  man  grosse  
 Fackeln  von  fein  zerspaltenen  Palmblattstielen  anzündet  und  
 mit  diesen  brennenden  Besen  die  Thiere  zusammenfegt  und  
 massenhaft  tödtet.  Um  den  Andrang  immer  neu  vorrückender  
 Wanderameisen  abzuwehren,  zieht  man  um  das  ganze  Haus  
 einen  Gürtel  von  heisser  Holzasche,  welche  sie  nicht  überschreiten  
 können.  Alle  Individuen  innerhalb  dieses  Gürtels  werden  
 schonungslos  vernichtet,  während  die  sich  draussen  befindenden  
 ihren  Weg  anderwärts  fortsetzen,  pie  Oolonien  der  Wanderameisen  
 befinden  sich  gewöhnlich  in  einem  weiten,  topfartigen  
 Loch  in  der  Erde,  einem  Loch,  welches  in  den  meisten  Fällen  
 durch  das  Ausfressen  eines  alten  Baumstumpfs  entstanden  sein  
 mag.  Von  hier  aus  treten  die  sonderbaren  Thiere  grosse,  karawanenartige  
 Raubzüge  an.  Ein  solcher  Zug  sieht,  wenn  er  sich  
 ungestört  fortbewegt,  wie  ein  langes,  schwarzes  Kabel  aus,  
 welches  sich  aber  sofort  auflöst,  sobald  sich  irgend  eine  geeignete  
 Beute  bietet  oder  Jemand  das  Missgeschick  hat,  auf  die Marschkolonne  
 zu  treten  oder  sie  sonst  auf irgend  eine Weise  in  ihrem  
 Fortgang  zu  stören.  Kleinere  Thiere,  wie  Mäuse,  hülflose,  nest-,  
 junge  Säugethiere  und  Vögel,  Schlangen,  Echsen,  Frösche  sind  
 im  Umsehen  unter  einem  dichten  Knäuel  von  Treibern  wie  
 begraben  und  in  kürzester  Frist  skelettirt,  Kerbthiere  und  deren  
 Larven  gänzlich  aufgefressen.  Von  der  Unzahl  von  Individuen,  
 aus  welchen  ein  solcher  Ameisenzug  besteht,  kann  man  sich  
 einen  wenn  auch  nur  schwachen  Begriff  machen,  wenn  man  
 bedenkt,  dass  derselbe  einen  wohl.eine  bis  zwei  englische Meilen  
 langen,  ununterbrochenen  Strang  bildet,  welcher  durch  das  
 Gehen  in  einer  Linie  zuletzt  eine  tiefe  Rinne  in  dem  thonartigen  
 Boden  hinterlässt.  Ausser  den  Treibern  giebt  es  noch  zahlreiche  
 andere Arten von Ameisen.  Viele pflegen, wenigstens während der  
 Regenzeit,  überirdische  Bauten  anzulegen,  oder  sie  bauen  ihre