und einem dort einheimischen Drachenbaum (Dracaena fragrans,
Ker. ?) werden zu Näh- und Bindfaden, Schnüren und Tauen
gedreht. Aus den Wedeln der Oel- und Weinpalme werden auf
sehr einfache und geschickte Weise Tragkörbe (Rückenkörbe),
die sogenannten Ungjars, geflochten, und breite Streifen von
Baumbast liefern dazu die Tragbänder, während der zähe, biegsame
Ro t a n g und einige Lianenarten statt der Taue zum
Zusammenschnüren derselben dienen. Die letztem werden übrigens
auch massenhaft beim Bau der Negerhütten verwendet, um das
Holzwerk zusammenzubinden.
Sehr wichtig für die Altersbestimmung der jetzt in Liberia
vorhandenen Kulturpflanzen sind die Mit'theilungen von Dapper
1668, pp. 382 und 389. Aus denselben entnehmen wir das
Vorkommen von Kassaven, Bataten, Zuckerrohr, Ananassen,
Portulak, Ma'is, Reis und Negerhirse, der Limone, Orange,
Banane, des soursops und der Baumwollstaude. Von wildwachsenden
Nutzpflanzen erwähnt dieser Autor den Wollbaum, dessen
Asche schon damals zur Bereitung von Seife Verwendung fand,
ferner die Kolanuss, das Sassholz, die Oelpalme, die Weinpalme
und das Rothholz.
Nach allem, was wir bis jetzt gesehen, richtet sich die Bodenkultur
der Liberianer in erster Linie auf den Anbau von Lebensmitteln
, doch wird dieser nicht in dem Grade betrieben, dass er
die Bedürfnisse der Bevölkerung zu decken vermag. Wie schon
erwähnt, erhält jeder Staatsbürger eine Parzelle Land zu freier
Verfügung. Hier baut er sich ein Haus oder eine. Hütte und
pflanzt, wenn er nicht Kaufmann ist, einige Knollengewächse, vorzüglich
Bataten, seltener etwas Kassaven, beide auf dieselbe
Weise wie die Eingebornen. Gemüsegärten sind eine grosse
Seltenheit , und noch weniger darf man vor den Häusern ein
Blumengärtchen suchen. Den Reis, sein Hauptnahrungsmittel,
den er ebensogut wie die Eingebornen selbst pflanzen könnte,
bezieht er von den letztem oder kauft, wenn dieser nicht
erhältlich ist, importirten (meist indischen) Reis in den Faktoreien.
Es ist wirklich schade, dass Liberia, dessen Grundgebiet die
verhältnissmässig schwache Bevölkerung hinlänglich ernähren
könnte, seine volkswirthschaftlichen Interessen nicht besser begreift
und zu wahren versteht. So wie die Zustände jetzt liegen,
gehen jährlich grosse Summen ausser Landes allein für Reis, der
doch im Lande selbst vorzüglich gedeiht und mit Leichtigkeit in
einem Maasstabe gebaut werden könnte, dass er nicht nur den
eigenen Bedarf decken, sondern sogar einen bedeutenden Ausfuhrartikel
bilden würde.
Soweit der Farmer seinen Grundbesitz nicht zum Anbau von
Nährpflanzen verwendet, bebaut er ihn nach und nach mit
Kaffeebäumen oder ZuckerrohrJ). Es ist dem unbemittelten Manne —
und Farmer sind selten reich — ohne Betriebskapital nicht
möglich, seine ganze Farm auf einmal zu bepflanzen, und da
die Kaffeebäume nicht vor dem vierten Jahre die ersten Früchte
tragen und erst nach sechs Jahren eine volle Ernte liefern, so
ist er anfänglich übel genug daran. Auch ist das Farmen keine
leichte Sache, sondern im Gegentheil eine recht mühsame und
zeitraubende Arbeit, da der Reichthum des Bodens eine ungemein
üppige Vegetation hervorbringt, die an sich selbst schon
ein mächtiges Hindemiss für das Gedeihen der mühsam angelegten
Pflanzungen bildet, indem sie letztere stets zu überwuchern
droht. Daher 'grossentheils auch die Credite, welche den Farmern
von den weissen Kaufleuten bewilligt und leider nur gar zu oft
auf die leichtfertigste Weise missbraucht werden.
Freilich lässt im Allgemeinen der Liberianer, was Lust und Liebe
zur Arbeit betrifft, viel zu wünschen übrig. Er will und kann
nicht gut begreifen, dass Energie, Ausdauer und ein klarer Einblick
in die bestehenden Verhältnisse die Hebel sind, welche sein
Emporkommen ermöglichen. Diese Arbeitsscheu scheint übrigens
durchaus nicht neuesten Datums zu sein, denn schon in 1837
klagte der damals in Monrovia erscheinende Liberia Herald:
„ — Jedermann will gerne arbeiten, aber am liebsten in grossem
Maasstabe und auf eine nach seiner Meinung nicht entehrende
Weise und nur in der Aussicht, in kurzer Zeit reich zu werden,
das heisst: Alle wollen arbeiten, wenn sie diese Arbeiten
durch Andere ausführen lassen können und selbst nichts zu thun
fl Der Boden wird mit Hacke und Spaten bearbeitet; ein Pflug ist im
ganzen Lande nicht zu finden.