ein wahres Reptilienleben, hüpft mit Ihresgleichen auf den gestielten,
beinahe zu Gehfüssen umgestalteten Brustflossen mit
hoch erhobenem Kopfe auf dem halb vertrockneten Schlamme
in der heissen Sonne umher und rettet sich bei Störungen ins
Wasser, welches sie halb springend, mit über die Oberfläche
erhobenem Kopfe, durchschwimmt, oder sie verbirgt sich in
selbstgegrabene Erdhöhlen. Dieses schöne, graugrüne Fischchen
mit seinen zwei langen, prächtig ultramarin- und kobaltblauen
Rückenflossen, der blauen Betupfung und den hoch oben am
Kopfe sitzenden, seitlich abstehenden, karminrothen Glotzaugen
wird nicht viel über einen Finger lang und liefert den zahlreichen
Mangrovereihern reichliche Nahrung.
Dass auch das Meer einen grossen Beitrag zu dem Fischreichthum
Liberia’s liefert, wurde schon eingangs gesagt. Die meisten
der von uns constatirten Seefische haben eine ganz allgemeine
Verbreitung. Sie ersetzen den Bewohnern der Küstengegenden
zum grossen Theile die Fleischnahrung, welche wegen des beinahe
gänzlichen Mangels an Schlachtvieh spärlich genug ausfällt,
so dass eine Familie, die der ewig wiederkehrenden Reisschüssel
täglich einen Fisch beifügen kann, sich nach dortigen Begriffen
glücklich schätzen darf.
Der Fischfang zur See wird fast ausschliesslich von Krunegern
ausgeübt, welche mit bewunderungswürdiger Geschicklichkeit in
ihren kleinen, leichten Canoes durch die Brandung auf das offene
Meer hinausfahren und dort, hin- und herrudernd, die langen
Angelleinen hinter sich herschleppen. Nur äusserst selten widmet
sich auch ein Liberianer diesem durchaus nicht ungefährlichen
Berufe. Eine solche Ausnahme machte unter Ändern A e c h ey ,
der schon im ersten Bande, p. 287, sowie vorn, p. 240 erwähnte
Sohn meines Jägers J ackson Dem e ey , welcher während meines
langdauernden Aufenthalts in Robertsport die Mehrzahl der
unseren Sammlungen einverleibten Seefische lieferte.
Ein im November und December massenhaft erscheinender Fisch
ist der sogenannte snapper (Dentex moroccanus), eine Art von Meerbrassen,
welche während der übrigen Monate des Jahres in
der Nähe der Küste nicht angetroffen wird. Derselbe wird kaum
fusslang; er erinnert in seinem Aussehen an einen grosschuppigen
Weissfisch und ist vor allen seinen Verwandten an der
rosenrothen Farbe kenntlich. Die snappers werden bei ihrem
Erscheinen massenhaft gefangen, und in Monrovia nennt man sie
scherzweise die Vorboten der Landesväter , weil Letztere um
diese Zeit nach der Landeshauptstadt kommen, um der gesetzgebenden
Versammlung beizuwohnen. Wohl das ganze Jahr hindurch
fängt man häufig den Ra u t e n f i s c h (Psettus sebae), einen
metallisch weisschimmernden, seitlich platt zusammengedrückten,
mit dunkeln Querbinden gezeichneten Fisch, welcher in
seiner Form an eine auf der Spitze stehende Raute erinnert. Auch
Prepane punctata kommt häufig vor. Ein sehr stattlicher Fisch
ist ferner der S p i t z h e c h t (Sphyraena jello), welchen die Liberianer
nach amerikanischem Sprachgebrauche barracuda nennen. Dieser
erreicht, wie ich mich selbst bei einem in der Mündung des
Cape Mount River gefangenen Exemplare überzeugen konnte,
die ansehnliche Länge von 10 Fuss. Ich habe den Kopf dieses
Thieres unseren Sammlungen einverleibt. Derselbe ist langgestreckt,
nach vorn stark verjüngt und hat vorn im Oberkiefer
zwei lange Eckzähne, zwischen welche ein einziger eben so
langer, aus der Spitze des Unterkipfers aufragender Zahn hineinpasst.
Sein Fleisch wird gegessen und schmeckt ungefähr wie
Hecht. Dieser Fisch ist ein sehr gefährlicher Räuber, den ich
im Cape Mount River mehrmals verschiedene Fuss hohe Luftsprünge
nach verfolgten, kleineren Fischen .machen sah.
Unter den zahlreichen Arten von eigenthümlicher Gestalt,
welche das Meer beherbergt, sei hier der P f e i f en f i s ch (Fistu-
laria tabacaria) v ein sehr schlanker Fisch mit röhrenartig verlängerter
Schnauze und einem langen Faden in der Schwanzflosse,
sowie ein S t a c h e l b a u c h (Tetrodon guttifer), ein plumper,
grauer, hell betupfter Fisch, dessen eigenthümlich gebaute
Kiefer mit vier breiten, platten Lamellenzähnen bewaffnet sind.
Sein Bauch ist hell von Farbe und mit sehr kurzen Stacheln
besetzt. Er kann sich durch in den Magen eingeschluckte Luft
zu einer Kugel aufblasen und soll zu gewissen Jahreszeiten
giftig sein. Die liberianischen Fischer, welche den Stachelbauch
rabbit nennen, halten namentlich dessen Eier, die in frischem
Zustande gelb sind, an der Luft aber rasch grün werden, für