Geschrei, ja sie liefern einander sogar förmliche Gefechte mit
Massenbetheiligung.
Die verschiedenen Affenarten haben alle ihre verschiedenen
Rufe, und zwar sowohl Lockrufe als Warnzeichen, an denen ein
geübtes Ohr sie schon aus der Perne zu erkennen vermag. Auch
benehmen sie sich bei Störungen verschieden. Während die Meerkatzen
meist beim geringsten gefahrdrohenden Geräusch lärmend
das Weite suchen oder in der grössten Stille, hinter Baumstämmen
und auf dicken Aesten hinrutschend, wegschleichen, bleiben die
Stummelaffen, die sich gewöhnlich ausser Schussweite in den
höchsten Baumkronen aufhalten, oft nach dem dritten oder vierten
Schuss^ noch ruhig sitzen, in einer Stellung zwar, dass man sie
eher für knorrige Auswüchse oder rothe, epiphytische Platyce-
rienbüsche halten könnte, und fangen sich nach kurzer Unterbrechung
wieder herumzutummeln an. Sie scheinen überhaupt
nicht so klug zu sein wie erstgenannte Arten, fliehen, wenn
durch anhaltendes Schiessen dazu gezwungen, nur auf geringen
Abstand und sehen selbst ruhig zu , wie der Jäger auf sie anlegt
und Feuer giebt. Sie sind sehr schwer zu tödten und kommen
selten vor dem zweiten oder dritten Schuss herunter, ja es
begegnete mir einmal, dass ein alter rother GolöbUs, welcher erst
auf den vierten Schuss kapitulirte und aus einer Höhe von
120—150' herunterstürzte, mir eine bedeutende Bisswunde am
Oberarm beibrachte und Rock- und Hemdärmel der ganzen Länge
nach aufriss, als ich ihn für todt hielt und aufhob, so dass ich
genöthigt war, ihn zum Strange zu verurtheilen, um seinem
Leben ein Ende zu machen.
Fällt eine Affenmutter, durch einen Schuss getroffen, mit ihrem
Jungen, so sucht sie es selbst im Tode noch zu schützen, indem
sie dasselbe zärtlich in die Arme schliesst und je nach
Umständen den barbarischen Jäger drohend oder bittend ansieht.
Ich habe Affen sterben sehen mit einem solch bittenden oder
vorwurfsvollen Ausdruck im Gesicht, dass ich mir förmlich wie.
ein Mörder vorkam und ein gewisses Schuldbewusstsein lange
nicht von mir abwälzen konnte.
Dass Affen gelegentlich auch ins Wasser gehen und gute
Schwimmer sind, bewies mir ein alter Campbell-Affe, den ich
im Ganoe einholte und nach grimmiger Vertheidigung gefangen .
nahm, gerade als er im Begriffe war, den Mahfa River zu durchschwimmen
und sich schon mitten im Flusse befand. Auch habe
ich im St. Paul’s River Flussinseln mit Affen bevölkert gesehen,
welche Letztere kaum anders als schwimmend dorthin gelangt
sein konnten. • , _ , ,
Nach diesem kurzen Versuche, ein Gesammtbild des Lebens und
Treibens der Baumaffen zn entwerfen, sei es mir erlaubt, die
einzelnen Arten derselben vorzuführen: Die S t umme l a f f e n sind,
ausser durch den complicirten Magen und das Fehlen der Backentaschen,
namentlich dadurch characterisirt, dass ihnen der Daumen
der Vorderhand entweder gänzlich fehlt (Colobus verus) oder
nur durch einen unscheinbaren Stummel repräsentirt wird. Sie
können als die afrikanischen Vertreter der nur in Asien heimischen
Schlankaffen betrachtet werden. Im Ganzen genommen
sind die Stummelaffen viel weniger gesellig und lebhaft als die
Meerkatzen; auch scheinen sie die Gefangenschaft schlecht zu
ertragen, so dass sie denn auch bis heute unsern zoologischen
Gärten so gut wie gänzlich fehlen. Ich habe wiederholt junge
Exemplare mit condensirter Milch und reifen Bananen aufzuziehen
versucht, doch hat es Keines derselben längere Zeit ausgehalten.
Etwas mehr Erfolg hatte ich in Hill Town mit einem jungen,
noch sehr schwach behaarten und gänzlich hülflosen Bärenaffen,
den ich auf den Rath des Häuptlings Clark einer säugenden
Frau in Pflege gab. Dieselbe nährte ihn neben ihrem Säugling
an der Brust, wobei er vortrefflich gedieh. Ein komischeres Büd
lässt sich kaum denken, als das putzige, in seinem Jugendkleide
fast reinweisse Aeffchen neben seinem sich weit weniger rasch
entwickelnden, schwarzen Milchbrüderchen auf dem Rücken der
Frau im Lendentuche sitzen zu sehen, wenn diese ihrer Arbeit
nachgieng (siehe vorn, pag. 299). Leider musste ich hei meinem
Abschiedsbesuche das noch immer sehr zarte Thierchen Entnehmen;
es starb denn auch einige Tage später , kurz nach
meiner Ankunft in Monrovia, woselbst ich gleichzeitig auch den
jungen, von Grand Bassa mitgebrachten Chimpansen durch den
Tod verlor. .