bestrebt war, die Colonie nach innen und aussen zu kräftigen
und namentlich mit den Eingebornen freundschaftlichere Verhältnisse
anzuknüpfen. Ausserdem fand die Gesellschaft die in
seinem eigenen Rapport vermeldeten Ausgaben zu hoch und
weigerte sogar, einige der mit eingebornen Fürsten gemachten
Landabtretungsverträge anzuerkennen, ja sie gieng sogar so weit,
A y r e s wieder als Agenten herauszusenden, der am 24. Mai 1823
in der Colonie ankam. Bald nach seiner Ankunft wies dieser
jedem Colonisten seinen Grundbesitz (lot) durch das Loos an.
Doch viele Ansiedler, mit dieser Vertheilung nicht zufrieden,
beklagten sich bei der Colonisationsgesellschaft, und das Dekret,
nach welchem die Gesellschaft vom 5. Juni 1824 ab jedem Colonisten
überlassen werde, selbst für seinen fernem Unterhalt zu
sorgen, war ebensowenig geeignet, die Gemüther der Trägen und
Unruhestifter zu beruhigen. Die Unruhen wurden bald derart,
dass A y r e s es gerathen fand, zum zweitenmale die Colonie zu
verlassen und nach Amerika zurückzukehren. Aufs Neue übernahm
nun A shmun die Leitung des durch Zerwürfnisse gelockerten
Staatshaushaltes und wusste durch Takt und Energie bald Ruhe
und Ordnung wieder herzustellen.
Am 13. Februar 1824 kamen mit dem „Cyrus” 105 neue
Ansiedler aus Virginien a n , und da die mitgebrachten Lebensmittel
bald aufgebraucht waren, machten sie sich rüstig an die
Arbeit, legten eigene Pflanzungen an und bauten in kurzer Frist
30 neue Häuser und ein grosses, öffentliches Magazin. Im März
desselben Jahres machte A s h m u n , dessen Gesundheit bedenklich
zu wanken anflng, zu deren Wiederherstellung eine Reise nach
Porto Prayo auf den Capverdischen Inseln, nachdem er zuvor
E l i ja h J ohnson mit der Leitung der Colonie beauftragt hatte. Aber
schon am 24. Juli erschien dort das amerikanische Kriegsschiff
„Porpoise” mit Rev. G u r l ey , der von der Colonisationsgesellschaft
und der amerikanischen Regierung beauftragt war, der Colonie
eine Art provisorischer Regierung zu geben. Auf seine Bitte
begleitete A shm u n den Rev. G u r l ey nach dem Cap Messurado, wo
sie am 13. August ankamen. G u r l ey , der sich gegenüber den Colonisten
über A shm u n ’s Aufopferung und Ehrlichkeit sehr anerkennend
äusserte, ernannte nun diesen zum Colonialagenten und gab der
Colonie eine Verfassung, welche durch die Colonisten einstimmig
angenommen wurde. Im Namen der Colonisationsgesellschaft gab
er der Colonie, zur bleibenden Erinnerung an ihren Ursprung,
den Namen L i b e r i a ; die erste Niederlassung auf dem Vorgebirge
Messurado aber nannte er zu Ehren Monroe’s, des damaligen
Präsidenten der Vereinigten Staaten, der sich um die Abschaffung
des Sklavenhandels grosse Verdienste erworben hatte,
Mo n r o v i a 1). Am .22. August des nämlichen Jahres kehrte
G u r l ey nach Amerika zurück, woselbst er über den Zustand der
Colonie einen sehr günstigen Bericht erstattete (siehe Literatur-
verzeichniss).
Die Colonisationsgesellschaft hatte das Entgegenkommen ihren
Schützlingen gegenüber nicht zu bereuen. Die Idee,, ein geordnetes
Staatswesen zu bilden und sich selbst an der Verwaltung
ihres Haushaltes betheiligen zu dürfen, hatte den Colonisten
einen mächtigen Impuls gegeben, und Niemand konnte geeigneter
sein, als der energische und für das Wohl der Colonie
besorgte A shm u n , diese Begeisterung gute Früchte tragen zu
helfen. Unter seiner geschickten Leitung gedieh nun die junge
Colonie vortrefflich, und das Comité' der Gesellschaft konnte,
selbst früher als man erwartet hatte, seine abwartende Haltung
verändern und die neugeschaffenen Institutionen definitiv
bestätigen. Am 13. März 1825 erschien das amerikanische Schiff
„Hunter” auf der Rhede von Monrovia und brachte, zugleich mit
der Bestätigung der neuen Regierungsform, 11 neue Ansiedlerfamilien,
bestehend aus 66 Personen, mit.
Die engen Grenzen der Colonie waren nun allmälig zu klein
geworden, und A shm u n war unaufhörlich bestrebt, dieselben
noch weiter auszudehnen. Es gelang ihm nicht nur, sich den
früher bestrittenen Besitz von Bushrod Island zu sichern, sondern
auch, das beiderseitige Ufergebiet des schönen St. Paulsflusses bis
an die erste Stromschnelle hinauf zu erwerben und mit den
früher feindlichen Häuptlingen P e t e r , L ong P e t e r , G o u v e r n e u r ,
l) Beide Namen wurden nach dem Vorschläge des Generals R o b e r t Good-
lo e H a r p e r aus Baltimore gewählt und in Deeember 1823 durch das Comité
der Gesellschaft und den Senat in Washington genehmigt.