Kapitän J ones befohlen habe^ die durch die liberianische Regierung
getroffenen Handelsmassregeln nicht anzuerkennen. Hierauf
liess der Zollbeamte ein Quantum Landesprodukte in Beschlag
nehmen, die D a vidson in Bassa gekauft hatte. Ein während
dieser Zeit eingelaufenes englisches Kriegschiff, von diesem Vorfall
benachrichtigt, bemächtigte sich darauf des liberianischen,
Mr. B enson gehörenden Schooners “John Seys” und brachte
denselben nach Sierra Leone.
Dieses Ereigniss konnte natürlich nicht verfehlen, in Liberia
grosse Besorgniss zu erwecken; denn wenn England darauf
bestehen wollte, die Nationalitätsrechte Liberia’s nicht anzuerkennen
, so musste die Zukunft für dieses Land wirklich sehr dunkel
sein. Die mehr als kleinmüthige Weise, in welcher' die
amerikanische Regierung zu dieser Frage Stellung nahm oder,
besser gesagt, es vorzog, keine Stellung zu nehmen, verbitterte
die Gemüther der Liberianer; denn mit Recht wurde behauptet,
dass es bei einigem guten Willen dem Cabinet von Washington
ein Leichtes gewesen wäre, Gründe zu finden, um für Liberia
einzustehen, auch ohne dasselbe als eine von Amerika abhängige
Colonie zu betrachten. Durch die Regierung der Vereinigten
Staaten nicht als amerikanische Colonie anerkannt, sah sich
Liberia gezwungen, mit England, das seine reservirte Haltung
nicht veränderte, selbst in Unterhandlung zu treten, doch dazu
hatte es infolge seiner eigenen Verfassung keine Befugniss. Ver-
läugnet durch die Regierung, gebunden durch die Rechte des
Comite’s, blieb Liberia nur die Alternative übrig, sieh entweder
von der amerikanischen Gesellschaft politisch gänzlich loszusagen
und ein unabhängiges Staatswesen zu gründen, oder der Spielball
fremder Mächte zu werden. Man wählte das Erstere; die Coloni-
sationsgesellschaft gab, wiewohl zögernd, ihre Zustimmung, tra t im
Januar 1847 dem liberianischen Senat alle ihre Hoheitsrechte ab
und behielt sich nur einen Theil der erworbenen Ländereien vor,
um auch in Zukunft mit der Sendung von neuen Colonisten
fortfahren zu können. Und bis heute hat sie die sich gestellte
Aufgabe nie aus dem Auge verloren und ist-ihrem nun gross
gewordenen Kinde nach wie vor eine treue Mutter geblieben,
die ihm auch seit seiner Emancipation stets mit Rath und That
wohlwollend zur Seite stand1).
Im Spätjahre 1846 schon hatte R oberts die gesetzgebende Versammlung
einberufen und berieth mit derselben über die zu
treffenden Maassregeln. Nach dreitägiger Berathung beschloss man,
das Volk um seine Meinung zu fragen. Nach erfolgter Abstimmung
stellte sich am 27. October bei der Oeffnung der Urnen
heraus, dass die Mehrzahl der Bürger die Unabhängigkeit wünschte.
Die gesetzgebende Versammlung ernannte nun eine Commission
zur Ausarbeitung einer neuen Verfassung. Diese letztere wurde
dem Volke vorgelegt und am 26. Juli 1847 nach einer Bedenkzeit
von 21 Tagen einstimmig angenommen. Die neue Verfassung
wurde durch die Commission mit folgenden Worten eingeleitet:
„Wir, die Vertreter des Volkes von Liberia, beauftragt, eine
neue Regierungsform zu bilden, erklären im Namen und zum
Wohle der Liberianer, unser Land sei ein Freistaat, souverän
und unabhängig, unter dem Namen und Titel Republ ik Liberia.
Im Namen der Humanität und des allmächtigen Gottes, unseres
Schöpfers und Richters, wenden wir uns an die Nationen der
Christenheit und bitten dieselben respektvoll und mit Nachdruck,
uns das Wohlwollen und die Sympathie zuwenden zu wollen,
die unsere eigenthümliche Stellung erfordert, und uns derjenigen
politischen Rücksichten theilhaftig werden zu lassen, die bei einem
freundschaftlichen Verhältnisse unter civilisirten und unabhängigen
Staaten gebräuchlich sind.”
Am Tage der Abstimmung wurden auch die Insignien der
Republik festgestellt. Die liberianische Flagge besteht aus 6
rothen und 5 weissen horizontalen Streifen; die obere linke Ecke
wird durch ein blaues Quadrat gebildet, das sich über 5 Streifen
ausdehnt und in der Mitte einen einzigen weissen Stern enthält.
Das Landeswappen stellt eine fliegende , den Freibrief tragende
Taube vor, unter sich das Meer mit einem Dreimaster unter
vollen Segeln, am Horizonte die aufgehende Sonne, und rechts
') Die Summe, welche die Gesellschaft seit ihrer Gründung bis.auf die
Gegenwart zu ihren Colonisationszwecken verwendet hat, soll sich auf drei
Millionen Dollars belaufen.
L i b e r ia , H, 3