ist und kein Fuss sich regt, kein Vogel noch die Flügel reckt
und sein Morgenlied anstbnmt, beginnt es in den Schlafbäumen
der Affen bereits lebendig zu werden. Ein grunzender, dumpfer
Gurgelton, wie aus der Tiefe eines hohlen Baumes, ein achter
Bauchrednerruf, erschallt, erst leise, halb unterdrückt, dann
etwas lauter wie um die Langschläfer wachzurufen: der Führer
der Bande mahnt zum Aufbruch. In die dichten Klumpen auf
dicken Aesten, in Gabelungen und Blätterbüscheln kommt Leben
und Bewegung; sie lösen sich in eine Menge von Affen auf, die
alle dem langen Gänsemarsch, mit dem Anführer an der Spitze,
sich anschliessen. So geht’s nun mit möglichster Vermeidung
allen Geräusches, überall die stärksten Aeste als Brücke wählend,
durch die Kronen der Bäume hin, der Anführer jeden Augenblick
aufhorchend, ob nicht ein verrätherisches Geräusch aus der Waldesnacht
unten eine verborgene Gefahr verrathe. Hält der Führer,
dann warten alle Affen ebenfalls, und kein Schritt wird gethan
bis der Chef, überzeugt, dass seine Vermuthung ungegründet
war, den Marsch wieder antritt. Der Anführer selbst ist in der
Regel ein alter Veteran, der schon mehr Pulver gerochen hat;
denn gewöhnlich findet man bei solchen Leitaffen gut geheilte
Bein- oder andere Knochenbrüche. Sind sich die Thiere der Gefahr
nur bewusst, ohne zu wissen, von welcher Seite sie kommt, so
bleiben sie ruhig sitzen und nehmen dann eine Haltung a n , die
den lauernden Jäger eher alles Andere, als einen Affen ver-
muthen lässt.
Der Jäger, der sich in seinem wohlberechneten Interesse hütet,
die Affen auf ihren Schlafbäumen zu stören und mit seinem
Schrotschuss in der Regel auch nicht hinaufreichen würde, merkt
sich einen Platz, den die Affen jeden Morgen zu passiren pflegen
und an welchem etwas niedrigere Bäume ihm einen Treffschuss
erlauben. Dorthin begiebt er sich schon vor dem ersten Morgengrauen
auf den. Anstand und wartet ruhig und bewegungslos,
in niedergekauerter Stellung, das Gewehr schussbereit auf den
Knieen, die Ankunft der Affen ah, die er gewöhnlich an dem
stärker niedertröpfenden Thau und der Bewegung einiger Aeste
leicht bemerkt. Wohl ihm, wenn dann kein Hust- oder Niessreiz
ihn befallt und kein Zweig unter seinen Füssen knackt, denn
in diesem Falle macht die ganze Bande, wenn sie sich nicht
durch Stillesitzen retten zu können glaubt, mit ihrem Führer
an der Spitze rechtsum kehrt und versucht ihr Heil, lang bevor
ein Schuss angebracht werden kann, in rasender Flucht, und
der verblüffte Jäger hat das Nachsehen.
Diese sonst so klugen Thiere scheinen in solchen Fällen alle
Besinnung zu verlieren, nur dem einen Gedanken folgend: Flucht!
In der wilden Eile geben sie sich die Mühe nicht mehr, um
starke Aeste für ihren Weg zu wählen, mit wahrer Todesverachtung
stürzen sie sich auf leichte Zweige selbst, deren Federkraft
benutzend, um sich auf einen neuen Standpunkt hinschnellen
zu lassen. Dazu ein Rufen und Bellen und Kreischen, ein Purzel-
bäume-Schlagen und ein Herabstürzen dürrer Aeste, dass m a n
versucht wäre zu glauben, dass die wilde Jagd durch die Bäume
rase. Hat jedoch der Anführer einmal die gefährliche Stelle
passirt, so bekommt der Jäger leichtes Spiel, denn nur selten
wird es einem Affen einfallen, von dem durch seinen Vorgänger
eingeschlagenen Wege abzuweichen.
Sehr interessant ist die Weise, in der Affenmütter ihre Jungen
mittragen. Sie haben immer nur e in Junges, welches von seiner
Mutter mit der äussersten Sorge gepflegt, und wenn es gar zu
viel , Lärm macht, von einem der Affenväter wohl einmal abgeknurrt
und zur Ordnung gewiesen wird. Auf Streifzügen aber
hängt sich das Junge an die Brust seiner Mutter, schlingt seine
Arme fest um ihren Nacken und die Beine um ihre Lenden,
und so macht es mit ihr die halsbrechendsten Sprünge und
akrobatischen Kunststücke m it, und seine Mutter fliegt mit dem
ganzen Trupp dahin, als ob die mitgeschleppte Last gar kein Hinderniss
für sie sein könnte.
Einmal in den Futterbäumen angelangt, füllen sich die Affen
gemüthlich den Bauch, und die Meerkatzen nehmen am
Abend zum Nachtisch noch die beiden Backentaschen voll mit
auf den Weg nach ihren Nachtquartieren. Auf ihren Futterplätzen
nehmen sie es im Puncte der Vorsicht nicht mehr so
genau; sie spielen mit einander, zanken sich um die süssesten
Früchte, stehlen diese einander ab, zerkratzen sich gegenseitig
das Gesicht, beohrfeigen sich, verfolgen einander unter lautem
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