Umstand, dass die meisten Flüsse nur Ms auf kurzen Abstand von
der Küste befahrbar sind, ferner, dass in der ganzen Küsten- und
Waldregion keine Lastthiere Vorkommen und somit alle Waaren
auf dem Rücken von Negern getragen werden müssen. Zum
Tragen von Lasten werden fast ausschliesslich Sklaven verwendet,
und man begegnet in den schmalen, ausgetretenen Waldpfaden und
auf den langen Affenbrücken oft ganzen Zügen solcher Schwarzer,
die, Einer hinter dem Ändern, ihre schweren Lasten von Palmöl,
Palmkernen, Kautschuk^ Elfenbein u. s. w. in den solid geflochtenen
kingjars*) auf dem Rücken oder Kopfe tragend, schnellen Schrittes
vorbei defiliren. Ihre Tragkörbe (siehe das Titelbild dieses
Capitels) machen die Träger jeweilen vor dem Antritt einer Reise
und werfen sie nach Ankunft am Bestimmungsorte wieder fort.
Einzelne jedoch sind wahre Muster von eleganter und solider
Flechtarbeit. Sie bestehen aus zwei etwa meterlangen Stücken
von Wein- oder Oelpalmenwedeln, deren zähe Fiederblätter binnen
wenigen Minuten sehr geschickt zu einer Art von solidem Korb
zusammengeflochten werden. In diesen Tragkorb wird nun die
Last mit Lianen eingeschnürt, und zwei breite Streifen Bast vom
ersten besten Baume dienen als Tragriemen. Die gewöhnliche
Last für eine Tagereise darf per Mann nicht über 40 Kilogramm
betragen, doch ist sie in der Regel viel kleiner.- Mit einer
solchen Last auf dem Rücken marschirt der Träger seine
8 Wegstunden im Tage, immerfort in einer Art von raschem
Trab, so dass es den unbeladen mitgehenden Weissengrosse Anstrengung
kostet, mit seinen Trägern gleichen Schritt zu halten. Auf
dieser ganzen Strecke genügt es ihm, höchstens zweimal die
Last für ein halbes Stündchen niederzusetzen und auszuruhen.
Gegessen wird während des ganzen Marsches nicht, denn ihr
Frühstück , erhalten die Träger vor. der Abreise und das Mittagessen
nach der Ankunft am Halteplatz; ein Schnäpschen aber auf
halbem Wege kann geradezu Wunder verrichten. Der Neger
reist nicht gern allein, und je grösser die Reisegesellschaft ist,
desto fröhlicher schallen seine Rufe und Jauchzer durch die stillen
Wälder, desto lauter sind Lärm und Gesang.
‘) Liberianisches Wort für kindschah, das Veywortfür Tragkorb, Rückenkorb.
Geradezu merkwürdig ist das Talent, mit dem sich der Neger
fast instinktmässig selbst in dem Gewirre der nie von ihm begangenen,
überall sich kreuzenden Waldpfade den richtigen Weg zu
treffen weiss; noch mehr aber muss man über seine Orien-
-tirungsgabe erstaunen, wenn man sieht, mit welcher Leichtigkeit
er sich'auf der Jagd, selbst mitten im pfadlosen Urwalde,
trotz aller Hindernisse zurechtfindet, da ihm doch die Farbe und
Beschaffenheit der Baumrinde keine Anhaltspunkte gewähren können
, wie etwa dem Indianer oder Trapper in den Wäldern Nord-
amerika’s.
So glatt, wie oben beschrieben, läuft aber das Reisen nicht
immer ab, besonders wenn es gilt, die Waaren eines Europäers
zu befördern. Ein einziger widerspenstiger Mann kann die ganze
Trägerreihe in Aufruhr bringen, indem er ihr erklärt, dass
der Weisse nun, auf dem Wege mitten im Walde, ganz in
ihrer Macht stehe und es ein Leichtes sei, eine Lohnerhöhung
oder sonst etwas zu erpressen, oder auch im Weigerungsfälle
davon zu laufen und ihn im Stiche zu lassen. Die meisten Afrikareisenden
, ■ die sich mit Trägern behelfen mussten', wissen in
dieser Hinsicht von unangenehmen Erfahrungen zu berichten.
Man scheint aber bis jetzt vergeblich auf Mittel gesonnen zu haben,
nm diese Plage der Forscher entbehrlich zu machen. Es wurden
von mehreren Seiten Elephanten als Lastthiere vorgeschlagen und
auch wirklich Versuche damit gemacht. Dieselben sind aber
keineswegs glücklich ausgefallen. So starben der belgischen
Expedition in Ostafrika (1879) binnen kurzer Zeit alle vier mit
grösser Mühe und Unkosten hergeschafften indischen Elephanten
(Bericht von L. K. R anken, Proceedings Geogr. Soc. 1882). Die Träger
werden in Liberia nie mit baarem Gelde ausbezahlt, sondern
gewöhnlich mit Tauschartikeln, wie mit baumwollenen Stoffen,
Tabak und zahlreichen ändern Dingen.
Ganz anders geht es her, wenn Neger auf eigene Faust eine
längere Reise unternehmen. Auf solchen Zügen beweisen sie,
wie wenig ihnen die Zeit werth ist. Ueberall, wo sich Gelegenheit
bietet, eine alte Bekanntschaft zu erneuern oder einen
entfernten Verwandten zu besuchen, wird angehalten, und durch
die grosse Gastfreundschaft einerseits und die Bedürfnisslösigkeit