hafte Wendung, dass es Zeit wird, hier wieder auf dieselbe
zurückzukommen.
Wir haben gesehen, dass, obschon die Unterhandlungen in
1862 zu keinem endgültigen Resultate geführt hatten, doch eine
Art stillschweigenden Compromisses zu Stande gekommen war
und die englische Regierung ein wohlwollendes Verhalten gegenüber
Liberia angenommen hatte. Damit war freilich dem Kaufmann
H a e e i s , der durch die Inbeschlagnahme seiner Schiffe
durch Liberia von einem tiefen Hasse gegen dieses Land erfüllt
worden war, am allerwenigsten gedient, und er liess fortan keine
Gelegenheit unbenutzt vorübergehen, diesem Hasse Ausdruck
zu verleihen. Um seinen Einfluss bei den Gallinas zu ver-
grössern, hatte er sich durch Heirathen mit Töchtern von deren
Fürsten die Gunst der Letztem zu erwerben gewusst. Nun
bestand aber zwischen den Gallinasstämmen und dem im Hinterlande
von Grand Cape Mount ansässigen, liberiafreundlichen Vey-
stamme von den Zeiten des Sklavenhandels her blutige Feindschaft
, und H a r b is sparte keine Mühe, um diesen bei den Gallinas
so viel wie möglich zu schüren und dieselben zu bewegen, die
friedlichen, landbautreibenden Vey anzufallen. Nach dortiger Sitte
„kauften” die Gallinas einen Krieg, d.h. sie bewogen den raublustigen,
kriegerischen Stamm der Kosso, den Veystamm mit
Krieg zu überziehen. Die Kosso Hessen diese günstige Gelegenheit
nicht unbenutzt Vorbeigehen und überfielen das Gebiet der Vey,
die ihnen nicht gewachsen waren, raubten und sengten, schleppten
die Bevölkerung ganzer Dörfer als Sklaven weg, benachtheiligten
den liberianischen Handel und bedrohten sogar die Niederlassung
Robertsport. Da alle die Friedensunterhandlungen zu keinem Resultate
führten, beschloss endlich die liberianische Regierung, radikal
zu Werke zu gehen und die Anstifter des Krieges von der
Seeseite her in ihrem eigenen Lande anzugreifen und zur Ordnung
zu weisen, was ihnen auch gelang. Dabei erlitt H a e e is jedoch allerlei
Schaden, für welchen er nicht zögerte, von der liberianischen
Regierung 30,000 Dollars Vergütung zu verlangen. Wieder wurde,
wie früher, eine gemischte Commission, diesmal unter Vorsitz
des amerikanischen Commodore Sh u e e ld ernannt, um die Entschädigungsfrage
an Ort und Stelle, also in Manna, zu untersuchen.
Die Forderungen von H a e e is zeigten sich als übertrieben,
und es wurde die Entschädigungssumme auf 15,000
Dollars festgestellt.
Während seines Aufenthaltes in London in 1870 unterhandelte
Präsident R o te mit Lord G b a n v il l e über die Grenzfrage. Wieder
zeigte sich England geneigt, dieselbe endgültig zu erledigen,
doch forderte es diesmal nicht allein sämmtliches Grundgebiet bis
zum Gallinas River hinunter, wie in 1864, sondern bis^ zum
Sulymah River, hinzufügend, dass ihm die Rechte Liberia’s auf
die beanspruchten Länder östlich von Sulymah nicht genügend
bewiesen schienen und die Besitzfrage über diese Gebiete an Ort
und Stelle untersucht werden müsse. Zu diesem Zwecke stellte
Gb a n v il l e vor, eine gemischte Commission von zwei Liberianern und
zwei Engländern zu ernennen, unter dem Präsidium einer amerikanischen
Vermittlungsperson. R o t e war schwach genug, diesen
Vorschlag anzunehmen und ein diesbezügliches Aktenstück zu
unterzeichnen, wodurch er den Schein auf sich lud, als ob er
selbst die Rechte Liberia’s auf die Ländereien oberhalb des Sulymah
River bezweifelte. Obschon dieses Aktenstück niemals durch den
liberianischen Congress sanktionirt worden is t, ja bei den Wirren
nach R o t e ’s Rückkehr und seinem bald darauf erfolgten Tode
nicht Aifimal zur Begutachtung vorgelegt worden war, so wurde es
doch später englischerseits als Dokument gebraucht, um Liberia
seine Rechte auf die Gallinasländer streitig zu machen.
Die Unruhen in den Gebieten der Gallinas brachen bald wieder
von neuem aus, und die liberianische Regierung sah sich genö-
thigt, mit Hülfe eines amerikanischen Kriegsschiffes andermal
einzuschreiten. Der Gouverneur von Sierra Leone wurde rechtzeitig
von der geplanten Züchtigung der Gallinas unterrichtet,
um den englischen Kaufleuten in jener Gegend Gelegenheit zu
bieten, ihre Habe in Sicherheit zu bringen. Vor Manna angekommen
, wurden unter dem Feuer von einigen Gattlingkanonen die
liberianischen Truppen gelandet. Bei ihrer Ankunft hatten aber die
feindlichen Krieger bereits den Platz Manna-Salliejah in Brand
gesteckt und sich ins Innere zurückgezogen. Die liberianischen
Truppen, fürchtend, in einen Hinterhalt zu gerathen, fanden es
gerathener, zurückzukehren, statt nach der Hauptstadt des