lieferung vertraut geworden sind, bis endlich der letzte böse Geist
seinem Leben ein Ende macht.
Von sehr grösser Bedeutung sind bei den Eingebornen die
G o t t e s u r th e i l e . Dieselben sind zweierlei Art, je nachdem
sie einen Uebergriff in die Rechte Anderer, oder aber angebliche
Zauberei betreffen.
Im ersteren Palle, namentlich bei Diebstahl, hat sich der Verdächtigte,
der das Alibi nicht beweisen kann, einem Gottesurtheile
zu unterziehen, welches seine-Schuld oder Unschuld auf
eine nicht lebensgefährliche Weise an den Tag bringen soll. Der
Verdächtigte, welcher das ihm zur Last gelegte Vergehen hartnäckig
in Abrede stellt, hat in der Gegenwart des Fetischpriesters
seine Hand in heisses Wasser oder siedendes Oel zu stecken
oder einen Löffel voll von letztem in den Mund zu nehmen.
Verbrennt er sich dabei die Hand oder den Mund, so wird seine
Schuld als erwiesen betrachtet, und der Häuptling verurtheilt
ihn zu einer entsprechenden Busse, welche ihn, wenn er dieselbe
nicht bezahlen kann, die Freiheit kostet. ;Alle Mittel, durch
welche ein Vergehen, auch ein todeswürdiges, an den Tag gebracht
werden muss, werden in der Veysprache kony genannt,
Auf einem Jagdausfluge kam ich einmal in das nahe bei
Robertsport gelegene Veydorf Pakaicoro, woselbst man gerade
beschäftigt war, zwei des Diebstahls verdächtige Männer mit
heissem Palmöl zu „prüfen.” Zu diesem Zwecke hatte der Dorfdoktor
eine Schale voll Saft einer gewissen Pflanze stehen, und
daneben befand sich über einem grossen Feuer ein Topf mit
siedendem Palmöl. Beide Männer behaupteten, an dem Diebstahl
unschuldig zu sein, worauf M u s s a , der Häuptling des genannten
Ortes, dem Einen derselben befahl, die Probe zu bestehen. Dieser
nahm eine Handvoll des dicken Pflanzensaftes in' den Mund
und goss einen Löffel voll heisses Oel nach, ohne einen Laut des
Schmerzes von sich zu geben, worauf er sagte: „m'fah, uoh a
dscheh, n'ga mah” (Herr, ihr seht es, ich bin’s.nicht). Die ganze
Versammlung rief nun einstimmig: „A mah, a mah” (er [ist’s]
nicht, er [ist s] nicht). Der Häuptling schaute in den geöffneten
Mund des Mannes; es war jedoch nicht die Spur einer Verbrennung
zu constatiren. Hierauf wurde die Probe an dem Ändern
vorgenommen. Sobald dieser aber den Löffel mit dem Oel zum
Munde führen wollte, zitterte er derart, dass er kaum- die
Hälfte in den Mund brachte und sich damit Mundhöhle und
Lippen verbrannte. Mussa wollte ihn die Probe wiederholen
lassen, worauf er erklärte, dass er dies nicht zum zweiten Male
thun könne. Die ganze Volksmenge, welche bei der Probe zugegen
war, rief hierauf: „A mukh, a muhh” (er ist’s, er ists).
Der auf diese Weise Ueberführte bekannte jetzt auch, dass er
der Dieb sei, worauf man ihn, ohne ihm weiter eine Busse aufzulegen
, verpflichtete, die ■ gestohlenen Sachen zu holen und
zurückzugeben.
Andere Proben haben diejenigen Personen zu bestehen, welche
der Zauberei (süa) oder des Mordes verdächtig sind. Manchmal
werden Leute,, die ohne Anwendung einer solchen Probe der
Zauberei überführt sind, zum Feuertode verurtheilt. So soll König
Mobana einmal drei Männer lebendig verbrannt haben, die der
Zauberei angeklagt waren. Zu diesem Zwecke liess er alle drei
mit Palmöl einreiben und verbrannte sie auf einem Scheiterhaufen,
der mit Palmöl übergossen worden war.
Der Zauberei Verdächtigte werden allgemein mit dem sogenannten
Sassholztrank geprüft. Dieser Trank wird aus der Rinde
eines sehr verbreiteten Baumes bereitet und dem Beschuldigten
eingegebeniji Bricht derselbe den Trank aus, so hält man ihn
für unschuldig, behält er denselben aber bei sich, so glaubt
man, dass die dem Tranke zugeschriebene Zauberkraft den Delinquenten
tödte oder wenigstens krank mache und dadurch dessen
Schuld an den Tag bringe. Oft haben sämmtliche Bewohner
eines Dorfes eine solche Probe zu bestehen, wenn der Schuldige
nicht auf eine andere Weise herausgefunden werden kann. Dass
dabei Mancher unschuldig verurtheilt wird, lässt sich leicht begreifen.
Diese -rohe Rechtspflege macht natürlich die Leute zu
Fatalisten, und der Unschuldige ist stets ohne Weiteres bereit,
sich bei einem auf ihn fallenden Verdachte der Probe zu unterwerfen.
■ i) Bin Absud von der Rinde des nämlichen Baumes wird in vielen Gegenden
dem Palmwein beigemischt, wodurch der Letztere eine gelbliche Farbe und
einen eigenthümlichen Beigeschmack erhält. Das Sassholz wird allgemein zur
Anfertigung von Canoes und Reismörsern verwendet.