Ausser den verschiedenen Waldantilopen kommen noch zwei
andere Arten vor, welche in hohem Maasse von ihnen abweichen.
Beide Arten zeichnen sich nämlich nicht nur durch bedeutendere
Grösse aus, sondern auch dadurch, dass die Männchen zierliche
und doch starke, leierartig gebogene und in ihrer Längsachse
gedrehte, kantige Hörner tragen; die Weibchen dagegen sind
ungehömt, während bei sämmtlichen Waldantilopen auch die
Weibchen Hörner besitzen.
: Die gewöhnlichere der beiden Arten ist die S c h i r r a n t i l o p e
(Tragelaphus scriptus), bei den Liberianern allgemein unter dem
Namen red deer bekannt. Dieselbe wird allenthalben gefunden,
wo Hochwald mit Campinen und Pflanzungen abwechselt, und
ihr schmackhaftes Fleisch wird gelegentlich nach Monrovia auf
den Markt gebracht. Man schiesst diese kaum damhirschgrosse
Antilope auf dem Anstande, was dem Jäger ziemlich leicht wird,
da sie durchaus nicht scheu ist und sich oft bis in die Gemüsegärten
bei den Wohnungen der Pflanzer hinein wagt. Gelegentlich wird
sie auch lebend eingefangen und hält sie sich ohne besondere Pflege
ganz gut; infolge dessen ist sie denn auch in europäischen Thiergärten
keine sehr seltene Erscheinung. Männchen und Weibchen
sind gleich gefärbt, d. h. sie haben bei gelbrother Grundfarbe
weisse Flecken auf Wangen, Hals und Beinen, sowie fünf bis
sieben weisse Querstreifen über Rücken und Körperseiten, welche
Letztere überdies noch zwei die Querstreifen kreuzende Längsstreifen
zeigen. Es kommen indessen in der Zeichnung allerlei
Abweichungen vor. Brust und Bauch sind dunkel, oft beinahe
schwarz gefärbt. Nebst seinem stattlichen Gehörn zeichnet sich
das Männchen durch eine schöne, weiss und rothe Rückenmähne
aus, welche jedoch bei ganz alten Thieren, wahrscheinlich infolge
von Abnutzung, weniger schön entwickelt ist als bei jüngeren
Exemplaren.
Yiel grösser und auch sehr viel seltener als die letztgenannte
ist die L e i e r a n t i l o p e (Euryceros euryceros), bei den Liberianern
elk, bei den Yey guin1) genannt. Diese erinnert in
Körperbau und Färbung stark an den Kudu Süd- und Ost-
!) Französische Aussprache.
afrika’s, doch ist die Grundfarbe rostgelb, und die weissen
Querbinden sind zahlreicher (12r -l5). Die Hörner sind sehr
stark und ähnlich gebaut wie bei der Schirrantilope, so dass
beide zusammen ungefähr die Form einer Leier beschreiben.
Ein etwa handbreites Spitzenende der Hörner ist weiss. Die
weiss und rothe Rückenmähne ist namentlich bei unserem
jungen Exemplare — wir haben eigentümlicher Weise nur Männchen
Die Leierantilope (Euryceros euryceros, Ogilby). p/20 nat. Gr.).
in unsern Besitz bekommen §¡8stark entwickelt, bei den
alten aber sehr abgenutzt. Ich habe diese stolze Antilope, die
jedoch bei weitem nicht so gross wird wie der Kudu, am Mahfa-
und nachher am Du Queah River angetroffen, Stamp fli erhielt
dieselbe noch später auch am Farmington River. Ihre Lebensweise
gleicht derjenigen der .vorigen Art; auch sie nährt sich
zum grossen Theil von jungen Baumblättern und namentlich