von dem Recht des Stärkern Gebrauch machend, die ganze Gegend
in Besitz nahm.
An der grossen Bucht von Grand Cape Mount wurde, um die
in der Nähe angesiedelten Sklavenhändler schärfer beobachten zu
können, eine liberianische Niederlassung gegründet, die den
Namen Ro b e r t s p o r t erhielt. Dies war eine glückliche Idee,
denn wenn dieser äusserst schöne und günstig gelegene Platz,
der als der Schlüssel zu dem reichen und ausgedehnten Lande
der Vey betrachtet werden kann, bei den späteren Grenzstreitigkeiten
nicht bereits durch eine liberianische Ansiedlercolonie
besetzt gewesen wäre, so würde England jedenfalls keinen Anstand
genommen haben, denselben in Besitz zu nehmen. Hätte Liberia
bei Zeiten dafür gesorgt, auch in den Gallinasländern dergleichen
Ansiedlungen zu gründen, so würde es dieselben später wohl
nicht wieder verloren haben.
Schon im Jahre 1849, am Schlüsse der ersten Amtsperiode
des Präsidenten R oberts , entstand unter den Wählern eine
Spaltung, die sich leider bis auf den heutigen Tag erhalten und
bei jeder Präsidentenwahl heftige Kämpfe hervorgerufen hat.
Es bildete sich nämlich eine Partei, welche durch liberalere
Gesetze den fremden Kaufleuten mehr Rechte zuerkennen wollte
und dadurch den Handel und mit diesem auch den Wohlstand des
Landes zu fordern gedachte. Zu dieser Partei gehörte auch Präsident
R o b erts. Andere aber glaubten dadurch ihre eigenen Interessen
gefährdet, und da sie diese mit denjenigen des Landes iden-
tifizirten, so waren sie eher geneigt, die Rechte der Fremden
einzuschränken, statt dieselben noch mehr zu erweitern. Diese
conservative Partei erhielt den namen Whigs, die andere, freisinnige
Partei nannte sich erst the true Liberian Party und später Bepubli-
cans. Beide Parteien standen sich fortan bei jeder Präsidentenwahl
schroff gegenüber. Bald siegte die eine, bald wieder die andere Partei.
Bei der ersten Neuwahl waren die Whigs noch nicht genügend
organisirt, und R oberts wurde mit grösser Stimmenmehrheit
wiedergewählt. Bei der zweiten Wahl, in 1851, bei welcher die
Whigs gut organisirt waren, siegte dagegen die liberale Partei und
drang mit der Wiederwahl von R oberts durch, ebenso in 1858.
In 1855, nach Ablauf der vierten Amtsperiode von R o b e r t s ,
siegten wieder die Bepublicans und wählten ihren Candidaten
S t e ph en A l l en B e n so n , einen sehr begabten Neger, der eine
rühmliche Laufbahn hinter sich hatte und wie geschaffen schien,
als Nachfolger des abtretenden Präsidenten die Zügel des Staates
in die Hand zu nehmen.
B enson war im Jahre 1816 in Maryland geboren und kam in
einem Alter von 16 Jahren nach Liberia, wo er nach allerlei
Erlebnissen (er wurde unter anderm lange von den Eingebornen
des Innern gefangen gehalten) als Kaufmann ein bedeutendes
Vermögen erwarb. Später erhielt er Sitzung im Senat, nachher
im Gerichtshöfe, und wurde schliesslich unter R oberts Vice-Präsident
und General. Er war erst 89 Jahre a l t , als ihm das Volk
die höchste Stellung im Staate anvertraute. Der Rücktritt R o ber ts ’
und der Regierungsantritt B enson’s wurde in Monrovia auf würdige
Weise gefeiert, wobei der Erstere nicht vergass, im Hinblick
auf die bisherigen Errungenschaften des jungen Staates
seine Mitbürger zur Vaterlandsliebe und zur Unterordnung aller
Privatinteressen unter diejenigen des Vaterlandes anzumahnen.
Wie R o b e r t s , so bekleidete auch B enson während der Dauer von
vier Perioden die Präsidentenwürde. Er neigte sich jedoch bald
sehr stark dem Lager der Whigs zu ; doch wurde er dessenungeachtet
in 1857 noch durch die Bepublicans, in 1859 und 1861
aber durch die Whigs gewählt.
In 1856 bewies Napoleon HI. sein Wohlwollen gegenüber der
liberianischen Republik, indem er ihr 1000 Ausrüstungen für
ihre Truppen, sowohl Waffen als Uniformen, zur Verfügung
stellte und ihr überdies noch ein schönes Kriegsfahrzeug „l’Hiron-
delle” zum Geschenke gab.
Dieses Schiff sollte sehr bald eine nützliche Verwendung finden.
Schon vorhin wurde gesagt, dass die Colonie Maryland ebenfalls
eine freisinnige Verfassung angenommen und sich unter der
Leitung eines Superintendenten als freie Republik constituirt hatte.
Obschon nicht öffentlich anerkannt, blieb diese Republik doch
unter stillschweigendem Gutfinden der Mächte bestehen; indessen
hatte sie von Seiten der kriegerischen, dem Grebostamme angehörenden
Eingebornen, welche sich gegen die neue Verfassung
auflehnten, viel zu leiden. Gern hätte man sich der Schwester