H. R. W. J o h n so n , dem gegenwärtigen Präsidenten, auf einer
Reise über Amerika nach England gekommen, um mit dem
britischen Cabinet einige Grenzfragen zu besprechen. Infolge von
Meinungsverschiedenheiten mit dem Präsidenten kehrte' J ohnson
nach Liberia zurück, und bald nach ihm auch R oye selbst. In
Monrovia angekommen, sanktionirte er den Anleihecontrakt,
ohne denselben den Kammern vorzulegen und erhöhte dadurch
bei seinen Mitbürgern noch den Verdacht, dass er an den schmählichen
Manipulationen von Ch in e s y nicht unbetheiligt sei. Für
seine persönliche Sicherheit besorgt geworden, liess er über Monrovia
den Belagerungszustand verhängen, vertheilte Waffen unter
seine Anhänger, trachtete die Verlängerung seiner Amtsdauer
auf 4 Jahre zu proklamiren und erlaubte sich verschiedene andere
gesetzwidrige Handlungen. Trotz des Schutzes seiner Anhänger
wurde er schliesslich bei einem Volksauflauf, bei dem es blutig
hergieng, mit seinem Sohne gefangen gesetzt und sein Haus
geplündert.
Der in der Eile zusammenberufene Congress ernannte nun eine
provisorische Regierung, welche in einem an das Volk gerichteten
Manifest die Absetzung des Präsidenten erklärte. Dieses in etwas
aufgebauschtem Kanzleistyle verfasste Dokument lautet ungefähr
wie folgt:
„Das unabhängige liberianische Volk, von dem Prinzip ausgehend,
dass eine Regierung zum Wohle der Bürger geschaffen sei, dass
alle Vollmachten vom Volke ausgehen, und dass Letzteres, wenn das
Betragen seiner Bevollmächtigten die Auflösung und den Ruin
des Volkes herbeiführen, das Recht habe, diesen Würdenträgern
ihre Vollmachten zu entziehen, erklärt: Der Präsident hat im
Auslande gesetzwidriger Weise eine Anleihe geschlossen und ohne
Genehmigung der gesetzgebenden Versammlung dieselbe in Empfang
genommen. Er hat eine Bestimmung der Verfassung unbeachtet
gelassen, welche die vollziehende, gesetzgebende und richterliche
Gewalt von einander trennt und scheidet. Er ist in die
Gerichtshöfe eingedrungen, hat sich angemasst zu befehlen, wer
als Geschworner fungiren solle, und alle Bemühungen, ihn von
seinem verfassungswidrigen Benehmen abzubringen, sind fruchtlos
geblieben. Er hat erklärt, das Volk sei im Zustande der Rebellion,
und dann versucht, mit seinen Beamten ins Ausland zu
flüchten, um von dort aus eine Gewalt gegen uns geltend zu
machen, die er im Inlande vergeblich aufbot, um die Freiheiten
des Volkes zu vernichten. Darum hat am 26. October im Jahre
unseres Herrn i871, dem vierundzwanzigsten der Unabhängigkeit
der Republik, das souveräne Volk von Liberia durch einen in
Monrovia mit, Zustimmung der ändern Provinzen genommenen
Beschluss für gut gefunden, den Präsidenten E. J. R oye abzusetzen
und ein Executivcomite zu ernennen, bestehend aus drei
Mitgliedern, unterstützt durch die Chefs der verschiedenen Depar-
temente, und dies für so lange, bis durch eine gesetzliche Wahl
ein Anderer an die Spitze der obersten Staatsgewalt berufen
sein wird.
Das souveräne Volk Liberia’s, obwohl es die einzelnen Mord-
thaten und Verwüstungen von Eigenthum beklagt, tröstet sich
mit dem Gedanken, dass, die Jedermann bekannten Fälle ausgenommen,
diese Ereignisse weder Blutvergiessen verursachten,
noch Thränen von Wittwen und Waisen kosteten. Es dankt
daher von Herzen Gott, der über die Schicksale der Völker verfügt
und sie regiert, dass er dem Lande Calamitäten erspart
hat, wie sie unter ähnlichen Umständen bei ändern Völkern
vorgekommen sind.
Gegeben in Monrovia, mit unserer Hand, unter dem Staatssiegel
der Republik, am 27. October des Jahres unseres Herrn
1871, dem vierundzwanzigsten der Republik.
Der Vorstand des Executivcomite’s:
Ch . B. D u n b a r .
R. A. S h e rm a n .
A mos H e r r in g .
L. S.
Im Aufträge des Executivcomite’s:
Der Sekretär:
H. R. W. J ohnson.
Vom hohen Gerichtshöfe in Monrovia wegen Pflichtverletzung
verurtheilt, wusste R oye zur Nachtzeit aus dem Gefängniss zu
entfliehen und suchte schwimmend die ausserhalb der Brandung
auf ihn wartende Jolle eines auf der Rhede hegenden, englischen