palavers möglichst in die Länge zu ziehen, um ja recht lang
saugen zu können, und man kommt sich selbst schliesslich vor
wie ein Schwamm, an dem zu pressen der Neger nie müde wird.
Auf einen mit Negern abgeschlossenen Vertrag kann man
sejten mit Bestimmtheit rechnen, da das Worthalten nicht ihre
stafke Seite ist. Mit Versprechungen ist daher der Neger äusserst
freigebig, und man denkt oft Wunder, was solch ein Mann Alles
zu thun im Stande sei. Verlangt man aber die Ausführung derselben,
dann weiss er mit einem nie versiegenden Wortschwall
eine ganze Menge von Entschuldigungen anzubringen und sich
so lange zu winden und zu drehen, bis man endlich froh ist,
ihn gehen zu lassen.
Bei der ihnen angebornen Trägheit sind die Neger, so lange
sie vollauf zu leben haben, selbst gegen hohen Lohn schwer zu
bewegen, irgend eine Arbeit zu verrichten, während sie, in
Floth gerathen, dieselbe Arbeit um die Hälfte der früher gebotenen
Bezahlung übernehmen. Darum ist es oft schwierig, an Ort
und Stelle gute Diener zu bekommen, und noch viel schwerer,
dieselben zu behalten. Ohne hohen Lohn bekommt man Niemanden,
und hat Einer im Laufe einiger Monate — Bedürfnisse hat er ja
keine — seine 20 Dollars verdient, dann dünkt er sich ein reicher
Mann , fangt an störrisch zu werden oder Grobheiten zu begehen
und kündet endlich den Dienst in der Absicht, sich irgendwo
eine Farm anzulegen und eine Familie zu gründen. Hat rna.n
ihm aber erst sein Geld ausbezahlt, so vertändelt er dasselbe
gewöhnlich wie ein Kind in der ersten besten Faktorei und ist
bald von einem Heer von Schmarotzern umringt, die ihn, freigebig
wie er als Neger ist, in einigen Tagen leerplündern. So
gerne er dann vielleicht in die frühere Stellung zurückkehrte;
so verbieten ihm dies Stolz und Eigenliebe. Seine Dankbarkeit
reicht gewöhnlich nicht über den Moment hinaus, in dem er
eine Wohlthat empfängt. Dabei äussert er, selbst über Kleinigkeiten,
eine unbändige Freude; von einer spätem Erkenntlichkeit
aber findet man gewöhnlich keine Spur.
Einen angenehmen Eindruck macht auf den Weissen die
Höflichkeit bei Begegnungen, besonders auf schmalen Waldpfaden,
indem der Neger grüssend aus dem Wege tritt, um Platz zu
machen. Der gewöhnliche Gruss bei Begegnungen oder bei der
Ankunft ist bei den Vey: iah kuneh? = bist du erwacht? oder
üoh kuneh? = seid ihr erwacht?, worauf dem oder den Ankommenden
geantwortet wird: ehh (oder h) iah (üoh) kuneh? Ist
Jemand einen Augenblick fort gewesen, so sagt er bei der Rückkehr:
i benü? — bist du dort? oder uoh ienü?-— seid ihr dort?
worauf geantwortet wird: ehh (oder n) iah (uoh) nah? = ja ,
bist du (seid ihr) gekommen? Der Abschiedsgruss lautet den
Tag über: i sdrna oeh! — Morgen d ir! (oeh ist Interjection)
oder uoh sämah oeh! = Morgen euch! Am Abend sagt man
beim Weggehen: i dschema oeh! — [guten] Abend dir! oder
uoh dschema oeh! Hali guten! Abend euch! worauf als Gegen-
gruss folgt: ehh, dschema oeh!
Eigenthümlich ist auch der bei vertraulichen Begrüssungen
unter allen Stämmen vorkommende Händedruck, bei dem man
gegenseitig zum Zeichen friedlicher Absichten in rascher Folge
Gold-, Mittel- und Zeigefinger an einander abschnellen lässt, was
ein dreimaliges, lautes Schnalzen hervorbringt.
Die Eingebornen sind ungemein scharfsinnig im Beobachten
von allerlei Eigenthümlichkeiten Dritter, welche sie zum Erfinden
von mancherlei Beinamen (nick-names) veranlassen. So hiess ich
bei den Vey suie gbwüru kai (Thierabhäuter), auch wohl künde
fah kai (Vogeltödter). Ein deutscher Handelsagent erhielt den
Namen gbweki eh ke (Watschier), nach seinem watschelnden Gang,
und Mr. Steotheb, ein Liberianer mit gewaltigem Barte, wurde
boja bah (Grossbart) genannt.
Es ist sehr schwierig, eine allgemein gültige Charakteristik
der Neger zu geben. Sie sind Kinder des Augenblicks. Je nach
den Umständen sind sie gut oder schlecht, willig oder störrisch,
ehrlich oder diebisch, treu oder falsch, und das Beste sei schliesslich,
stets zu zeigen, dass man auf seiner Hut sei und sie
beständig unter scharfer Controle halte. Der Neger ist daher je
nach seiner Eigenartigkeit zu behandeln. Im Allgemeinen wirkt
milder Ernst und entschlossenes Auftreten, hie und da bei gutem
Verhalten auch ein Wort der Anerkennung und Aufmunterung
viel mehr als stetiges Schelten und Dreinschlagen, wie man es
leider nur gar zu oft beobachten kann. Vergehen, wie Lüge,