harter Dörfer organisirt, wobei die Zöglinge unter Anwendung
von List und Gewalt alles Brauchbare, wie Reis, Bananen,
Hühner und andere Lebensmittel, stehlen und nach ihren Wohn-
stätten im Walde schleppen. Uebrigens haben sie auch ihre
eigenen Pflanzungen, welche ihnen die nöthigen Lebensmittel
liefern. Während ihres Aufenthalts in dieser eigenthümlichen
Pension, der von einigen Monaten bis zu mehreren Jahren dauern
kann, gehen die Zöglinge vollständig nackt. Alle sind beschnitten.
Die Circumcision wird bei Knaben gewöhnlich sehr früh, oft schon
im ersten Lebensjahre, mittelst einer Glasscherbe ausgeführt,
und zwar in diesem Falle durch alte Frauen. Knaben, bei denen
dies- bisher nicht der Fall war, haben sich der Operation bei
dem Eintritt in den belly zu unterziehen. Sofort nach ihrem
Eintritt erhalten die Zöglinge einen ändern Namen, den sie auch
nach ihrem späteren Austritt behalten, und es wird ihnen der
Glaube beigebracht , dass sie durch den Waldgeist mit dem Eintritt
in den Wald getödtet und darauf zu neuem Leben erweckt werden.
Es darf daher nicht befremden, dass sich die Kinder
sehr vor dem Zauberwalde fürchten und oft nicht anders als
mit Gewalt oder List hineingebracht werden können, zumal mit
dem Eintritt auch die schon früher beschriebene, schmerzhafte
Operation des Tätowirens verbunden ist. Es geschieht oft, dass
ein Knabe, der nicht gutwillig in den Zauberwald geht, durch
einen sogenannten Teufel — in der Veysprache soh-bah]) genannt —
aufgegriffen und nach dem belly gebracht wird, ohne dass .Tp.ma.nd
etwas davon weiss, obschon man es allgemein vermuthet. Fragt
man die Mutter eines verschwundenen Knaben, wo derselbe geblieben
sei, so erhält man gewöhnlich zur Antwort: „n’jana a
ta ala” (der Geist hat ihn weggeführt), oder : „n’jana a bih” (der
Geist hat ihn genommen). Ob die Zöglinge (Vey: duamba) durch
ihre soh-bah (Erzieher) beim Eintritt in das Institut auf irgend
eine Weise hypnotisirt werden und nachher wirklich an eine'
Tödtung und Wiedererweckung glauben, oder aber einem abgelegten,
strengen Gelübde zufolge nur thun, als ob sie wirklich
■) Soh — Teufel, Waldteufel; bah = gross. Soh-bah heisst somit Grossteufel,
zum Unterschiede von soh, wie die weiblichen Teufel genannt werden.
getödtet und wieder erweckt worden wären, lasse ich dahingestellt,
da Keiner, der selbst diese Schule durchgemacht, die
nöthige Aufklärung geben wird, selbst dann nicht, wenn er geschlagen
oder sogar mit den Tode bedroht würde. Sicher ist
aber, dass Knaben und auch Mädchen nach der sogenannter!
Wiedergeburt thun, als ob sie alle Erinnerung an ihr Leben
verloren- hätten, ihre frühem Bekannten nicht mehr erkennten
und Alles, was ihnen früher gut bekannt war, ganz aufs Neue
wieder lernen müssten L. Alle Jahre einmal, gegen Ende der
Regenzeit, wenn der Reis eingeerntet und Ueberfluss an Lebensmitteln
vorhanden ist, findet das Austrittsfest sta tt, das bis
14 Tage dauert und zu welchem die Leute von Nah und Fern
zusammenströmen, wie bei u n s an einem ländlichen Kirchweihfest.
Die Knaben, welche nun aus dem Walde wieder ins Leben
hinaustreten, werden mit Zeugen von Bastgeflecht gekleidet und
mit, Federn und allerlei Zierat an Armen und Beinen geschmückt.
Sie dürfen an diesem Tage nichts tragen, was von Baumwolle
verfertigt ist. Es werden nun an diesen Festtagen die im Zauberwalde
gelernten Tänze aufgeführt und die — nicht sehr decent-en —
Zauberwaldlieder, {belly-dong) gesungen, zum grossen Vergnügen
der Menge, die von Fern und Nah zum Feste herbeigeströmt
ist. Die soh-bah welche nicht erkannt sein wollen, obschon
Jedermann sie kennt, aber ihren Namen nicht zu nennen wagt,
machen sich durch einen bis auf den Boden hängenden Blättermantel
und eine über den Kopf passende, hölzerne Maske unkenntlich
und zeigen sich so dem Publikum, vor dem sie auch allerlei
Tänze aufführen. Man hat überhaupt vor den soh-bah sehr viel
Respekt, da man überzeugt ist, dass sie mit den Geistern
der Verstorbenen in Verbindung stehen und Einem allerlei Schaden
verursachen könnten, wenn man sie nicht zum Freunde hielte.
Am Schlüsse der Tänze werden die Kinder ihren Eltern vorgestellt,
wobei Erstere thun, als ob sie dieselben wieder neu kennen
|) „Herauskommend, geberden sie sich, als ob sie erst auf die Welt gekommen
wären und nicht wüssten, wo ihre Eltern und Freunde wohnten,
wie diese heissen, und wer sie seien, wie sie sich waschen müssen und
mit Palmöl salben, welches Alles ihnen durch ihre Erzieher aufs Neue
gelehrt werden muss.” (Uebersetzt nach Da p p e r , p. 415).