sie. sich, mit unwiderstehlicher Gewalt Alles vor sich niederschmetternd,
auf eines der verlassenen Thore, öffnen dasselbe
von innen, hierauf das zweite, dritte und vierte und lassen die
draussen in der Stille harrenden Freunde eindringeh, worauf
dann gewöhnlich der Kampf bald zu Gunsten der Angreifer
entschieden ist. Scheitern aber, was gewöhnlich der Fall ist,
solche Versuche an der Wachsamkeit und guten Organisation
der Vertheidiger, so zieht sich der Feind zum Schein zurück
und vertheilt sich gruppenweise auf gewissen Abstand um die
Stadt, indem er sämmtliche Zugänge und besonders den Weg
zum Wasser stark besetzt. Da liegt er nun rund um die Stadt
zerstreut, wie die Schlangen im hohen Grase und dichten Gebüsch.
Nach und nach gehen dann die Einwohner, in der Meinung,
dass der Feind abgezogen sei, hinaus, um in den umliegenden
Farmen einige Lebensmittel oder am Flusse .Wasser zu holen.
Sie sind meist unrettbar verloren. Wie der Tiger auf seine
Beute springt, so wirft sich der feindliche Krieger auf den
armen Unglücklichen, und wer sich nur des leisesten Widerstandes
schuldig macht oder um Hülfe ruft ,. dem wird ohne
Umstände der Schädel gespalten oder die Kehle abgeschnitten.
Die Uebrigen, die sich ohne Sperren und Rufen in ihr unvermeidliches
Schicksalviergeben, werden hinter die Linie gebracht,
gefesselt und sofort als Sklaven weggeführt. In vielen Fällen
führt eine derartige Belagerung durch die systematische Verhinderung
aller Zufuhr von Lebensrnitteln und Wasser bald zur
Uebergabe, indem Einer der Belagerten nach dem ändern heimlich
aus der Stadt flüchtet, bis zuletzt die wenigen Uehrigge-
bliebenen, durch Hunger und Durst genöthigt, die Thore öffnen
oder einem erneuten feindlichen Angriffe unterliegen müssen.
Andere Städte aber, und gerade die grössten, wie die Residenz
des Fürsten, sorgen für genügende Verproviantirung und halten
sich während der oft monatelangen Belagerung ausgezeichnet,
da bei beständiger Wachsamkeit von Seiten der Vertheidiger die
vorhin beschriebenen Befestigungen wegen der schlechten Mittel
der Angreifer nahezu uneinnehmbar sind.
Hin und wieder geschieht es auch, dass ein derart' bedrängter,
schwacher Stamm oder dessen Fürst gegen hohe Versprechungen
einen ändern Stamm zum Bundesgenossen gewinnen oder ihn
bestimmen kann, seinen Feind im eigenen Lande anzugreifen.
Diese Art der Kriegführung nennen die Eingehomen „einen Krieg
kaufen.” Es ist dies das beste Mittel, um denFeind zum Verlassen des
verheerten Landes zu zwingen. Doch geschieht es mitunter, dass
es dem „gekauften” Bundesgenossen in dem durch ihn gesäuberten
Lande selbst so gut gefällt, dass er sich bleibend dann
niederlässt, wodurch freilich der kaum befreite Knegkäufer aus
dem Regen in die Traufe kommt. Auf diese Weise mag schon
mancher Stamm seinen ursprünglichen Wohnsitz weit im I™ern
mit einem näher der Küste gelegenen vertauscht haben. Schon
Dap per erzählt uns in einem hesondern. Capitel seines Buches
(p. 419 u. ff.) über die Eroberungszüge von östlicher wohnenden
Negerstämmen, denen der Vey-Stamm unterlag und welche sich
in dem schönen Lande Grand Cape Mount bleibend niederliessen.
Da nun der unterlegene Stamm oder vielmehr dessen König
die erlittene Schädigung und Beleidigung nicht vergisst, und selbst
nach seinem Tode der tödtliche Hass in der erblichen Dynastie
auf seine Nachfolger übergeht, so wird n u r der günstigste Moment
■ abgewartet — und wenn 20 Jahre darüber vergehen müssten —
um Rache zu üben, das heisst mit e i n em Schlage eine Masse
von Sklaven zu rauhen, denn dies ist schliesslich der Grund der
immerwährenden Kriege und Feindschaft, sowie der gänzlichen
Verarmung des Landes und der trotz der üppigen Vegetation
fast alljährlich wiederkehrenden Hungersnoth. Warum soll auch
ein Neger in solchen Gegenden sich grosse Mühe gehen, für
das ganze Jahr genügende Vorräthe anzulegen, wenn der stärkere
Feind nur auf die Reifezeit wartet, um die Ernte und ihn
selbst dazu holen zu können? Hier hätte die Republik Liberia
eine schöne Mission zu erfül lendoch ist sie z u .einem .entscheidenden
Eingreifen zu schwach und tritt sie daher in der Regel
nur dann handelnd auf, wenn eine ihrer eigenen Ansiedlungen
ernsthaft bedroht wird.
Wie bereits ändern Orts erwähnt, leben die Eingebornen m
Polygamie. Doch hat nur der Reiche eine grössere Zahl von
Frauen, während sich der Unbemittelte meist mit einer einzigen
begnügen muss. Je reicher und mächtiger ein Mann ist, desto