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 Cap  Palmas  hinunter,  stand  unter  dem  Eindrücke  der  letzten,  
 aufregenden  Ereignisse..  In  Monrovia  hielt  Dr. H.  R. W.  J ohnson,  
 Professor  am  Liberia  College,  die  Festrede.  In  schwungvoller  
 Sprache  gab  er  eine Uebersicht  der Geschichte. Liberia’s  von  der  
 Gründung  der  Colonie  bis  auf  die  Gegenwart,  beleuchtete  mit  
 scharfen  Worten  die  Mängel  in  der  Administration,  warnte  vor  
 Gleichgültigkeit  gegenüber  den  Verpflichtungen,  welche  die  Republik  
 nach  aussen  hin auf sich  geladen,  und wies  auf Mittel  und  
 Wege  hin,  um  diesen  Verpflichtungen,  namentlich  den  finanziellen  
 gegenüber  England,  nachzukommen.  Die momentane Wirkung  
 dieser  Rede  war  ausserordentlich  begeisternd,  und  man  
 hatte  alle  Ursache  zu  glauben,  dass  landauf  und  -ab  ein  edles  
 Streben  sich  geltend  machen  werde,  um  die  Tilgung  der  finanziellen  
 Verpflichtungen  ernstlich  in  die  Hand  zu  nehmen.  Es  
 machten  sich  allseitig  Stimmen  geltend,  um  die Besoldungen  der  
 Senatoren  und  Deputirten,  und  soviel  wie  möglich  auch  der  
 übrigen  Staatsbeamten,  zu  reduciren  und  auf  diese  Weise  die  
 Opferfreudigkeit  des Volkes  anzufachen.  Leider aber waren Erstere  
 nicht  gesonnen,  sich  zu  Gunsten  der  Landesfinanzen  einzu-.  
 schränken *),  und  vorläufig  unterblieben auch andere Maassregeln,  
 welche  den  Staatsfinanzen  zu  Gute  gekommen  wären.  Es  gieng  
 wie  gewöhnlich.  Erst  jubelnde  Begeisterung,  die  aber  ebenso  
 rasch  in  die  alte  Gleichgültigkeit  und  Sorglosigkeit  umschlug,  
 wie  sie  entfacht  worden war. 
 Ich  bedaure  sehr,  mich  in  dieser  Weise  aussprechen  zu  müssen; 
   denn  ich  liebe  Liberia mit  all  seinen  guten  Elementen,  die  
 es  unstreitig  besitzt  und  die  bei  etwas  mehr  Energie,  Arbeitslust  
 und  gutem  Willen  jedes  Einzelnen  nicht  verfehlen  könnten,  
 dem  Lande  zu  grösserem  Wohlstand  und  zur  Selbständigkeit  
 nach  aussen  zu  verhelfen.  Indessen  möchte  ich  die  Worte  
 Camekon’s  in  seinem  „d  travers  l’Afrique”,  die, W auweemans  
 am  Schlüsse  seines  Buches  c itirt,  auch  zu  den meinigen machen  
 und  meinen  liberianischen  Freunden  zurufen:  „Ge  n’est pas par 
 *)  Wie  wir  später  sehen  werd en ,  sind  diese  Besoldungen  für  liberianische  
 Verhältnisse  schon  ohnehin  ausserordentlich  gering. 
 des  discours,  ni  par  des  écrits  que  l’Afrique peut  être  régénérée, 
 mais par  des  actes.” 
 In ihrer jährlichen Sitzung (6. December 1882) erklärte die gesetzgebende  
 Versammlung,  dass  sie  das  Memorandum  vom  24.  März  
 nicht  unterzeichnen  könne,  und  formulirte  ihre  Ansicht  ungefähr  
 wie  folgt :  •  . 
 Der  Senat  ist  von  dem  Ernste  dieser  Frage  tief durchdrungen 
 und  würde  nichts  sehnlicher  wünschen,  als  dass  dieselbe  erne  
 Lösung  finden  möchte,  welche  die  Regierung  Ihrer  Majestät  der  
 Königin  und  diejenige  von  Liberia  zugleich  zu  befriedigen  im  
 Stande  wäre.  Er  kann  jedoch  zu  dem  vorliegenden Memorandum  
 seine  Zustimmung  nicht  verleihen,  weil  dessen  Bestimmungen  
 unannehmlich  sind.  Der  Senat  ist  überzeugt,  dass  die  Rechte  
 Liberia’s  auf  sämmtliche  fraglichen  Territorien  durchaus  legitim  
 sind.  Er  ist  jedoch  bereit,  dieselben  der  schiedsrichterlichen  
 Beurtheilung  der  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika  oder  der  
 anderen  Grossmächte  zu  unterwerfen.  Eine  Zustimmung  zu  der  
 Verlegung  der  Nordwestgrenze  an  den  Mahfa  River  hiesse  nicht  
 nur  an  der Gültigkeit  unserer  Ansprüche  zweifeln,  sondern wäre  
 gleichbedeutend  mit  einer  Verläugnung  derselben.” 
 Am  28.  März  1883  erhielt  die  liberianische  Regierung  vom  
 Gouverneur  H avelock  als  Antwort  auf  ihre  Erklärung  vom 
 6.  December  des vorigen Jahres  die  Mittheilung, dass die Regierung  
 ihrer  Majestät  der  Königin  das  ganze Küstengebiet bis  an  den  
 Manna  River  hinunter  in  Besitz  genommen  habe.  Einige  em-  
 geborne  Häuptlinge  der  Gallinasländer,  die  nicht  gutwillig  die  
 Abtretungsakte  unterzeichnen wollten, wurden  im  Juni  1883  zur  
 Unterwerfung  gezwungen,  und  am  7.  August  wurde  die  liberianische  
 Regierung  auch  von  diesem  Akte  in  Kenntniss  gesetzt. 
 Eigenthümlich  klingt  nach  all  dem  Gesagten  eine  Erklärung  
 des  Unterstaatssekretärs  des  Colonialministeriums  infolge  einer  
 im  englischen  Parlamente  gestellten  Interpellation.  Laut  dieser  
 Erklärung  nämlich  hat  die  englische  Regierung  die  Annectirung  
 gutgeheissen,  „um  die  Grenzregelungsfrage  zwischen Sierra Leone  
 und  Libella  zum  Abschluss  zu  bringen”.  Wirklich  eine  äusserst  
 bequeme  Weise,  politische  -Fragen  dadurch  zu  lösen,  dass  man  
 einfach  das Recht  des  Stärkern  zur Geltung bringt ! Wäre dadurch