wollte, auf liberianisches Grundgebiet. Der Sohn des Sultans,
K a ip a , kam bald darauf nach Monrovia und forderte auf unverdie
der Sklavenhändler Kapitän Can o t giebt, der zu Ende der dreissiger
Jahre dessen Agent gewesen war. „Ungefähr 100 miles nordwestlich von
Monrovia ergiesst sich der träge Gal l inäs River ins Meer und bildet in
seinem Mündungsgebiet ein wahres Netzwerk Von sumpfigen Inseln. Wenn
man sich vom Meere aus diesen mit Mangrove bedeckten Inseln nähert, wähnt
man ein weites Feld mit riesigen Pilzen zu sehen, ein Feld, das Tod und
Sklaverei sich zu ihrem Sitze erwählt haben. Solch ein Platz hat wenig Anziehendes
für Handel und Landbau, aber gerade diese Wildheit, im Bunde mit
der gefährlichen Brandung, machen sie geeignet für Leute, die sich mit
dem verbotenen Handel beschäftigen und auf welche man wie auf Seeräuber
Jagd macht. Dies waren wahrscheinlich die Gründe, warum P ed ro B lanoo
gerade diesen Fluss zu seinem Sitz gewählt hatte. Derselbe war aus Malaga
gebürtig, wo er eine gute Erziehung genossen hatte. Er kommandirte ein
Sklavenschiff, das er von hier aus mit Sklaven beladen zurücksandte, während
er selbst blieb, um ein eigenes Geschäft zu gründen. Als ich in den Fluss
einlief und in vielen Krümmungen zwischen den zahlreichen Inseln dahinfuhr,
fiel mir ganz besonders die vortreffliche Sorge auf, mit der dieser Spanier
das Insellabyrinth mit Wachtposten bedeckt hatte, welche,. gegen Sonne und
Regen geschützt, auf 60—100 Fuss hohen Pfählen und alleinstehenden, grossen
Bäumen errichtet waren. Eine Menge Fernröhren spähten fortwährend
nach dem Horizonte, um die Annäherung von Kreuzern und Sklavenschiffen
zu entdecken, und die Männer, die P ed ro auf diesen Telegraphen-stationen
postirt hatte, waren erfahrene Leute, die nimmer einen Feind für einen
Freund ansahen. Beinahe jede der Flussinseln hatte ein Sklavendepöt unter
Leitung eines besondern Agenten. Auf einer solchen, nahe der Mündung,
hatte er sein Bureau, dem ein ganz besonders geriebener Agent Vorstand;
auf einer ändern, mehr flussaufwärts gelegen, befand sich seine Residenz,
woselbst eine zeitlang seine Schwester mit ihm die Herrschaft theilte. Dort
umgab sich P ed ro mit all dem Luxus, der in Europa und den beiden Indien
zu bekommen war und lebte in wahrhaft orientalischer, aber zugleich halb
barbarischer Pracht. Noch weiter flussaufwärts auf einer ändern insei befand
sich sein Serail, in welchem jede seiner Frauen nach inländischem Brauche ihre
eigene Wohnung hatte. Andere Inseln enthielten die Baracken, etwa 12 an
der Zahl, jede mit 100—500 Sklaven. Die Wände dieser Baracken waren von
dicht an einander stehenden, 5 Fuss tief in den Boden gerammten und mit einer
doppelten Reihe von Eisenstangen verbundenen Pfählen erbaut. Die Dächer
bestanden aus demselben Material und waren dicht mit Palmblättern bedeckt,
wodurch die Räume trocken und kühl blieben. Schilderhäuser neben dem Eingang
waren mit Wachen besetzt, die beständig mit geladenen Gewehren bewaffnet
waren. Jede der „baracoons” wurde von drei oder vier Spaniern oderPorschämte
und drohende Weise die Sklaven zurück. Natürlich
wurde die Auslieferung verweigert. Durch die Sklavenhändler aufgestachelt,
begann aber der Sultan mit seinen Verbündeten sofort
Feindseligkeiten gegen Liberia. Darauf zog aber E l i ja h J ohnson
an der Spitze von 170 Mann Truppen und einem Feldstück den
St. Paul hinauf, verwüstete einige Dörfer des Sultans und zwang
diesen endlich, Frieden zu schliessen.
Inzwischen war im nordamerikanischen Staate Maryland eine
neue Colonisationsgesellschaft gegründet worden, die sehr strenge
den Grundsätzen der Temperenz huldigte; sie nannte sieh die
Maryland State Colonisation Society und arbeitete mit grossen
tugiesen bewacht. Auf diese Weise sah es bei P ed ro B lanoo aus, als ich
1836 zu ihm kam und zum.ersten Male dem magern, sonnverbrannten
Manne gegenüber stand, der seit 15 Jahren die Brandung von Gaflinas nicht
mehr passirt hatte und mich dennoch mit echt europäischer Höflichkeit zu
empfangen wusste. Drei Jahre später verliess er für immer die Küste, mit
einem Vermögen von vielenjMillionen, um sich in Havanna niederzulassen.
Don P ed r o war ein strenger Herrscher, aber andererseits war auch seine
Grossmuth sprichwörtlich geworden. Die Macht, welche er über die Einge-
gebornen hatte, ist genugsam bekannt, und er hatte, verbunden mit einem
eisernen Willen, das grosse Talent, dieselbe unumschränkt zu seinem Vortheil
auszuüben. Der Handel war gewinnbringend und das Land volkreich,
aber die Tausende und Abertausende von Sklaven, die jährlich vom Gallinas
River ausgeführt wurden, mussten dasselbe schliesslich doch erschöpfen.
Die Razzias wurden tiefer landeinwärts ausgedehnt, und die in der Schule
B la n co ’s gut unterrichteten Negerhäupter wussten sich im Hinblick auf
den reichen Gewinn stets irgend eines alten Stammes- oder Familienzwistes
zu erinnern, der ihnen einen Vorwand zu irgend einem Raubzug lieferte.
Aber die Nachfrage wurde stets noch grösser. Don P ed ro und seine Trabanten
hatten eine Goldmine entdeckt, reicher als diejenigen der Goldküste. Der
Reichthum seiner gefüllten Baracken war in den spanischen und portugiesischen
Colonien zum Sprichwort geworden, und jeden Augenblick telegra-
phirten ihm seine Signalposten die Ankunft von Sklavenschiffen. Zahlreiche
Faktoreien nördlich und südlich von der Mutterfaktorei dienten dieser bald
als Hülfsquellen. Auf diese Weise entstanden nach und nach die Stationen
in Sherbro, Manna Rock, Sugaiy, Grand Cape Mount, Little Cape Mount,
ja sogar in Digby, in nächster Nähe von Monrovia, wurde eine solche Filiale
errichtet. Dies ist der schwache Versuch, ein Bild dieses R o t h s c h il d s der
Westküste von Afrika zu liefern, dessen Wechsel in England, Frankreich
und den Vereinigten Staaten mit Gold bezahlt wurden.” '