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 Mittelchen kurire, während man  deutlich sah,  dass  die  ungesunde Lebensweise  
 den Hauptgrund  dafür  abgab. 
 Gewöhnlich  steht  die  Frau  zwischen  7  und  8 Uhr  auf,  wäscht  sich  
 vielleicht etwas und watschelt dann  bis zu ihrem Lieblingsplatz im Zimmer,  
 wo  sie  sich  möglichst  bequem  niederlässt.  Von  diesem  stellt  sie  nicht  
 leicht wieder  auf,  als um  die Mahlzeiten  zu geniesen und Café einzugiessen,  
 der  bei  wohlhabenden  Leuten  beständig  über  Feuer  gehalten  zu werden  
 pflegt.  Die  fette Kost  sowie  der  ab  und  zu zur Erfrischung  genommene  
 Genever tragen  auch  dazu  bei,  den  Umfang  der  Frauen  zu  vermehren,  
 und  führen mannigfache Krankheiten  herbei,  welche  die Trägheit bestärken, 
   bis  durch diesen  Zirkel von  Schädlichkeiten  ein  frühzeitiger Tod  herbeigeführt  
 wird. 
 Die  Stellung  der  Frauen  ist  stets  in  genauem  Zusammenhänge  mit  
 der Bildungsstufe der Nationen.  Während  sie bei  den  gebildeten Völkern  
 emancipirt  sind  und  den Männern  gleichstehen  an  Würde,  vertreten  sie  
 bei  den  wilden  Stämmen  nur  die Stelle  von  Arbeiterinnen,  welche  allen  
 Haushalt und  bei  einigen  auch  den Ackerbau  zu besorgen  haben,  so  dass  
 dem  Manne  nur  die  Jagd  und  der  Krieg  übrig  bleibt.  Bei  den Kaffern  
 findet  dies  z.  B.  statt,  und  die Frau treibt den Mann selbst dazu an, mehrere  
 zu nehmen, weil  sie  dadurch Theilnehmerinnen  in  der Arbeit bekommt,  die  
 einer  allein  zu  schwer  sein würde; Eifersucht kennen  sie nicht. 
 Die  Boeren,  ausgehend von  angesehenen  Familien  Europas,  welche  
 vielleicht  zu den gebildetsten ihres Landes zählten, sind unter afrikanischem  
 Himmel weit  in  der Geisteskultur  zurückgeschritten,  und  die Frauen  sind  
 gleichzeitig  wieder  eine  Stufe tiefer  gesunken,  wonach  sie  etwa  die Stellung  
 einnehmen,  die  sie  zu  den  Zeiten  der  biblischen  Patriarchen  inne  
 hatten.  Sie  gehören  zum  Hauswesen,  ohne jedoch  auf  die Leitung  desselben  
 einen  bestimmenden Einfluss  auszuüben,.oder aueh nur den Ehrgeiz  
 zu  haben,  darnach  zu  streben.  Wie  in  den  alten Zeiten  die Diener und  
 Dienerinnen  die  ausgedehnte  Wirthschaft  und  die  Heerden  unter  der  
 direkten  Aufsicht  des  Herrn  besorgten,  so  verrichten jetzt  in Afrika  die  
 Sehepsels*)  diese Arbeiten,  ohne  dass  die Frau des Hauses sich viel darum  
 bekümmert. 
 In  dem  ihnen  angewiesenen  engen  Kreise  vegetiren  sie,  bis  ein  
 frühes  Alter  sie  auch  für  diesen  untauglich  macht,  und  dann  wartet der  
 Mann  sehnsüchtig  auf den Tod  der Frau,  um  sich vielleicht 14 Tage später 
 *)  Der  gewöhnliche  Ausdruck  für  die  farbigen  Dienstboten. 
 mit  einer jungen  Frau  zu vermählen.  Da  dieses frühe Wiederverheirathen  
 allzu  anstössig wurde,  hat  der  Volksraad  in  neuester Zeit das Gesetz  gemacht, 
   dass  der  Mann  erst drei Monate nach  dem Tode  seiner Frau  eine  
 andere nehmen  kann,  und  dass  die Frau neun Monate warten muss.  Doch  
 kommt  es  nicht  sehr häufig vor,  dass  ein Weib mehrere Männer  hat, während  
 in  der Regel  ein Mann  zwei bis  drei Frauen verbraucht (!). 
 Die Liebe,  diese  allmächtige Triebfeder in  der  Seele  des  denkenden  
 Menschen,  spielt keine  sehr  grosse  Rolle  im  Herzen  des  phlegmatischen  
 Boer.  Der Mann  überlegt  sich,  dass  er  eine Frau  für  seinen  Haushalt  
 nöthig  hat,  er trifft  seine Wahl und  säumt nicht lange mit der Ausführung.  
 Er  sattelt  seinRösslein mit  einem  neuen  „Zadelkleedje“ *),  verziert seinen  
 Hut  mit  schönen  Straussenfedern  oder  einem  bunten  Bande  und  reitet,  
 nachdem  er  seinen  äusseren Menschen  so herausstaffirt hat,  zu  der Farm,  
 wo  er  seine  Freierei  anzubringen  gedenkt.  Irgend  ein  Vorwand,  etwa  
 eine  Frage  nach  weggelaufenem  Vieh  oder  Aehnliehes  leitet  meist  die  
 Unterhaltung  ein;  man nöthigt  ihn  herein,  er setzt  sich mit  zum Abendessen, 
   und  im Laufe  der  Unterhaltung nähert  er  sich  mehr  seinem  Ziele.  
 Nach  dem Abendessen  begeben  sich  die Aeltern  bald  zur Ruhe,  der Gast  
 bittet  aber um  die Erlaubniss  aufbleiben  zu  dürfen,  wobei  ihm  seine  Zukünftige  
 Gesellschaft  leistet.  Nun, wo  sie ohne Zeugen sind,  geht er offener  
 mit  seiner  Absicht  heraus,  fragt,  ob  sie  ihn  leiden  möge,  und,  was  die  
 Hauptsache  ist,  erkundigt  sich  nach  ihrem  Besitzthum.  In  der  Regel  
 erhalten  die  Kinder  bei  ihrer Geburt  einige  Stück  Vieh  zum  Geschenk,  
 welche,  bis  sie herangewachsen  sind,  sich  zu  einer mehr  oder weniger  ansehnlichen  
 Heerde  vermehren.  Hat das Kind  auch keine freie Verfügung  
 darüber,  so  kennt  es  doch  sein Eigenthum  ganz  genau  und weiss  darüber  
 Rechenschaft zu  geben.  Wenn  nun Alles  gehörig  ermittelt und  verglichen  
 ist,  leitet  der Freier dann wohl  die Entscheidung  ein  durch  die Frage,  ob  
 sie  nicht  ihre  Schaafe  zusammenjagen  sollten,  die  andere  Parthei  giebt  
 ihre  Zustimmung  und die  Verhandlung  schliest  mit  der  Bemerkung  des  
 Mädchens:  Ik  denk,  ik  zal Ü maar vat,  neef! **)  So  entwickelt und  entscheidet  
 sich  der Liebesroman  des  afrikanischen Bauers  in wenigen Stunden  
 ohne  alle unnöthige Aufregung und Kummer, wie  sie  in  anderen Ländern  
 so  vielfach  das  thörichte Menschenherz  bewegen.  Ein  Schriftsteller,  
 welcher  Stoff  für  seine  dickleibigen  Liebesgeschichten  suchte,  würde in  
 Afrika  schlechte  Geschäfte  machen.  Schreckliche Zweikämpfe,  Gift  und 
 *)  Satteldecke. 
 **)  Ich  denke,  ich  nehme  Sic,  Vetter!  
 Dr.  0.  Fritsch,  Drei  Jahre  in  Süd-Afrika.