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 hatten und  nun,  da  der Führer,  nüchtern  geworden,  das Packpferd  besser  
 führte,  stetig,  wenn  auch  langsam  vorrückten.  Bald  passirten  wir  den  
 ersten  Fluss,  der  durch  eine  reizend  bewaldete  Schlucht  fliesst,  und  
 klimmten  den  entgegengesetzten Abhang  hinauf,  wo  sich  der Weg  durch  
 die  offene Gegend weiter zieht bis  zur nächsten Schlucht,  K aym an ’s Gat  
 genannt.  Dort führt  der wilde,  vom Wasser zerrissene Weg unglaublich  
 steil  in  die Tiefe hinab,  um  auf  der  anderen  Seite  ebenso wieder  emporzusteigen. 
   Dies  war  die  erste  charakteristische  Probe  der  berühmten  
 Knysna-Wege,  welche,  so  arg sie  auch  sind,  von Afrikanern  doch im  Cart  
 oder Ochsenwagen überwunden werden, während  ich überzeugt bin,  dass  
 nicht  leicht  ein  europäischer Kutscher  es wagen würde,  derartige Strassen  
 zu befahren. 
 Malerisch  wendet  sich  die  Schlucht,  bewaldet  bis  hinunter  zu  dem  
 blauen Wasserspiegel  im  Grunde,  der  nahe  rauschenden  See  zu,  welche  
 das  Flüsschen  und  mehrere Bäche,  die  in  zierlichen  Fällen  aus  den  verborgenen  
 Seitenthälern  hervorbrechen,  hier  in  sich  aufnimmt.  An  dieser  
 Stelle ward mir  erst klar,  in was  für Gefahren  ich  eigentlich meine Apparate  
 gestürzt hatte,  als  das  Packpferd,  auf dem wegeii  der Lähmung  die  
 schweren  Säcke  wie  im  Sturme  hin  und  her  flogen,  beim  Ersteigen  der  
 Höhe  durch  den Druck des Gepäckes  gegen  seine Flanken belästigt,  auszuschlagen  
 begann  und  das  vom Passireu  des Flusses  noch feuchte  Zeug  
 auf den  steinigen,  staubigen Weg  abwarf. 
 Endlich war Alles wieder befestigt, und weiter ging  es  auf der Ebene,  
 welche  die Nähe  der See  durch  die  eigenthümlicke  Bewachsung  deutlich  
 verrieth,  bis wir,  als  der Abend  schon  nahe war,  wiederum  in  eine vom  
 Wasser  durchflossene  Schlucht  hinabstiegen;  majestätische Bäume,  von  
 oben  bis  unten  mit  grünlichen Flechten  behängen,  spiegelten  sich  in  der  
 ruhigen Oberfläche,  und einzelne Mimosenbäumchen mit dem feinzertheilten  
 Laub,  sowie mannigfaches Unterholz  bildeten  den Vordergrund  der Waldlandschaft, 
   über  welche  die.  von  grauen  Nebeln  theilweise  verhüllten,  
 nächsten Berge  ernst hinabschauten. Wir  rasteten hier für  einige Zeit und  
 bestiegen  dann,  nachdem wir  uns  durch  ein  frugales Mahl  gestärkt hatten,  
 unsere Araber  aufs .neue,  auf denen wir noch  eine  gute Strecke Weges  bis  
 zu  der  nächsten  Farm  zurücklegten,  wo  uns  die  völlige  Dunkelheit  
 überfiel. 
 Es  war unmöglich,  weiter zu  kommen,  und wir mussten  daher,  weil  
 der Farmer nach George  zur Kirche war, mit  der Hütte  eines Hottentotten  
 vorlieb  nehmen, welcher  in  seinen Diensten  stand.  Auf dem Boden  dieser 
 düstern  Behausung'verbrachten  wir  den  Abend  des  ersten Weihnachtsfeiertages  
 ohne Licht,  ohne  andere Nahrung  als  etwas B ilto n g * )  und  
 Eier,  ohne  andere Betten  als  unsere Reisedecken;  doch  seit Mossel-Bay  
 konnte mich Nichts mehr  schrecken, und während  sich  die hoffnungsvollen  
 Sprösslinge  des Wirthes,  ungeachtet des  feinen Regens,  der  Flöhe wegen  
 auf  dem Rasen  ausserhalb  betteten,  schlief  ich  ziemlich  sanft  bis  zum  
 Morgen.  Zeitig  sassen  wir  wieder  auf und  ritten  flott, durch  das wellenförmige  
 Land,  indem  sich nun  auch  das Packpferd  in  das Unvermeidliche  
 gefunden  hatte  und  nur  durch  zeitweises Ausschlagen  gegen  die  ungewohnte  
 Last reinonstrirte.  Mehrere Bäche wurden passirt, über  ein tieferes  
 Flüsschen  brachten  wir  das  Gepäck  in  einem Boot  und  nahmen  dann  in  
 dem  nahen Orte  ein kräftiges  Frühstück  ein,  das  uns  von  der Gastfreundschaft  
 des  Farmers  gespendet ward. 
 Weiter ging  es  dann  unter  der  drückenden  Sonne über kahle Hügel, 
 und  bald  kreuzte  aufs  neue  ein Fluss unseren Weg;  Herr G   y hatte 
 ihn  bereits  passirt,  ohne  sonderlich  tief  hineinzugei’athen,  und  getrost  
 folgten  wir  ihm  durch  die  vermeintlich  seichte  Furth,  als  der  Führer  
 plötzlich  den  richtigen Weg  verlor  und  alsbald  das Wasser hoch  an  den  
 Seiten  der Pferde  und  dem Gepäck  hinaufschlug.  Das Unglück  war  geschehen, 
   und  als  die Pferde  endlich die Sachen  ans Land geschleppt hatten,  
 packte  ich,  tief betrübt im  lieben Gemüthe,  meine  durchnässten Apparate _  
 aus  und  sang,  ein  Jeremias  auf den Trümmern  Jerusalems,  meine Klagelieder  
 über  die Vergänglichkeit des  Schönen, während die Geräthsehaften  
 auf  dem  Rasen  in  malerischer  Unordnung  zum  Trocknen  ausgebreitet  
 lagen.  Als  nach  einer Stunde  etwa  dieser Zweck  zu  einiger Zufriedenheit  
 erreicht  war,  rief  uns  die  unerbittliche  Nothwendigkeit  wieder  in  die  
 Sättel,  und  nach  einem  mehrstündigen Ritte  glänzte uns  das  freundliche  
 Knysna  am Ufer  des  gleichnamigen,  hier fiordähnlichen Flusses  entgegen. 
 Ehe  wir  den  letzten Höhenzug,  welcher  die Knysna begränzt,  überstiegen, 
   führte  uns  der Weg  eine  Strecke  weit  durch  das  Gehölz,  das  
 mehrere prachtvolle Waldlandschaften  darbot, wohl werth  einer  eingehenderen  
 Betrachtung,  als  die Kürze  der Zeit sie gestattete. 
 Zahlreiche,  blau  schillernde  Vögel  (Lamprotornis),  der  prächtige  
 grün  und  rothe Loory  (Corythaix Persa 111.),  wilde Tauben,  Spechte  etc.  
 vergnügten  sich  in  dem  dichten,  flechtenbeliangenen Gewirr  von Zweigen  
 und  liefen  an  den  rauhen  Stämmen  auf und  ab. 
 Zuweilen  ersetzten  die Flechten  an vor Alter  abgestorbenen Bäumen 
 *)  Rohes,  an  der  Sonne  getrocknetes  Fleisch.