
 
        
         
		unterwegs musste nun  aber stetig vorgedrungen werden,  weil  die Gegend  
 in  diesem  Jahre  sehr  an  Trockenheit  litt  und  das  fast  gänzlich  ausgegangene  
 Gras  dem Zugvieh keinen  hinlänglichen Unterhalt gewährte. 
 Am Abend  erreichte  der Wagen H e ll-P o o rt,  eine enge  Schlucht mit  
 dichtem Gestrüpp  bewachsen, welche  in Afrika für  eine-besondere Naturschönheit  
 gilt,  obgleich  ich  sie nicht vergleichen möchte mit  so manchem  
 trauten Waldthal im lieben Heimathlande. 
 ,  Als  der Mond hell  und  klar  am Himmel  stand,  es war gegen  4 Uhr  
 Nachts, wurde wieder  eingespannt,  und munter  trabten  die noch frischen  
 Zugthiere  auf dem  sanft  abfallenden Wege  die wilde  Thalschlucht entlang,  
 bis  beim Anbruch  des Morgens  das Thal  sich  in  die  vom  kleinen  F iS h -  
 R iv e r   durchströmte  Ebene  öfinete.  Auf  der  ändern  Seite  des  Flusses  
 wurde Mittag  gemacht  und  dann  alsbald, weiter gefahren,  um  noch  am  
 Abend  die  Höhe  des  F i s h -R iv e r   R a n d e s   zu  erreichen,  wo  die  Beschaffenheit  
 des  Feldes  eine  bessere sein  sollte. 
 Die  Absicht war  gut,  aber  leider  blieb  die  Ausführung  sehr hinter  
 derselben zurück,  indem  die  Ochsen  den  Weg  für  ihre Vorstellungen  zu  
 steil  fanden  und  den  Wagen  schon  bei  der  ersten  Ansteigung  stehen  
 liessen.  Dies war, wie  sich  später herausstellte, noch  ein Glück  bei allem  
 Unglück;  denn  wenn  ich  auch  mitten  im  Wege  halten  bleiben und  aus-  
 spannen  musste,  so  fand  sich doch  gerade  dort  in  der Nachbarschaft  ein  
 „vatzoenlijke Boer“ *),  der mir nach einigen höflichen, ,Praatjes“**)  bereitwilligst  
 die Hinterochsen  seines Gespannes  für  den  nächsten Morgen  zur  
 Unterstützung versprach. 
 Mit  vieler  Gemächlichkeit  zogen  die  beiden  mächtigen Thiere  fast  
 allein  den Wagen  den Berg hinauf und brachten mich  auTdas Plateau  des  
 Fish-River Randes,  auf  welchem  ziemlich  reichlicher Graswuchs vorhanden  
 war.  Hier zeigten  sich,  offenbar durch  den Futtermangel der übrigen  
 Gegend  geführt,  auch  die  ersten Springböcke,  doch hielten  sie  sich wegen  
 deT belebten Gegend  in  scheuer  Entfernung.  Die Herrlichkeit in Betreff  
 des Feldes  dauerte nicht lange;  denn schon am zweiten Tage darauf kamen  
 wir  wieder  in  Gebirgszüge,  wo  die  Sonne  zwischen  den  Rollsteinen  am  
 Boden jedes Hälmchen Gras ausgebrannt hatte und nur Mesembryanthemen  
 und  die  kleinen Büsche mit kugeligen,  gelben Blüthen, gewöhnlich Karroo-  
 bosjes  (Dais) genannt,  den Grund  bedeckten.  Spekboom,  Cussonien und  
 Mimosen,  einzeln über die Gegend verstreut,  oder  sich zu dichteren Gehölzen 
 *)  Vatzoenlijk,  eigentlich  anständig,  aber  auch  für  umgänglich,  höflich. 
 **)  Praatjes,  Redensarten. 
 sehliessend,  vollendeten  den  Vegetationscharakter  dieser  Uebergangs-  
 distrikte  zwischen  den  dichtbewachsenen Küstenstrichen und  den  Steppen  
 des  Innern.  Auf  den  Mimosen  fand  sich  hier  sehr  häufig  eine  anomale  
 Bildung, welche  bemerkenswerth  erscheint.  Es wächst nämlich  auf denselben  
 schmarotzend nach Art  der Misteln eine Pflanze (Loranthus), welche  
 zuweilen  das  eigentliche Laubwerk  des Baumes durch ihren üppigen Wuchs  
 vollständig  erstickt  und  die  durch  ihre  orange  und  roth  gefärbten zahlreichen  
 Blüthen  den  in  dieser Jahreszeit graugrünen Mimosen  einen eigen-  
 thümlichen Schmuck verleiht.  Die  Stelle,  wo die eine Pflanze in die andere  
 übergeht,  ist  an beiden  knotig verdickt  und  bildet  eine  Anschwellung bis  
 zur Grösse  eines mässigen Apfels. 
 In  dieser Gegend zeigt sich wieder  sehr  auffallend  das  Anschliessen  
 der Vegetation  an  bestimmte  geognostische Formationen,  indem  zuweilen  
 wirkliche grüne Gürtel um  die Berge gebildet werden durch  das  üppigere  
 Gedeihen  der  Büsche  im  Bereich  gewisser  Schichten,  während  darüber  
 oder  darunter  sich nur  eine  sehr  dürftige  Flora vorfindet. 
 Ich. hatte wenig Müsse,  die Gegend  in  gehörigen Augenschein zu nehmen, 
   da  die Schwierigkeiten,  in  den  gebirgigen Wegen  vorwärts  zu kommen, 
  meine Aufmerksamkeit  sehr  in Anspruch  nahmen  und  ich  genöthigt  
 war,  um  die  Ochsen  zu  schonen, den  grössten Theil  der Nacht zur Reise  
 zu verwenden,  damit  sie unter Mittag  ruhen konnten.  So  ging  die Fahrt  
 langsam  vorwärts, bis  der  Wagen  am  19. Abends  endlich  vor C ra d o c k   
 «  anlangte.  Mit  vielem  Vergnügen  erblickte  ich  die  Lichter  des  Dorfes  
 unter  mir  im  Thale ,  welche  mir  als  ebenso  viele  Hoffnungssterne einer  
 fröhlichen  und  schnellen  Fortsetzung  meiner  Reise  erschienen,  nachdem  
 ich  die  erste Station  glücklich  erreicht hatte;  doch  sollte ich  am nächsten  
 Morgen  anders  denken. 
 Wir  spannten  in  bester Laune unfern  des Dorfes  aus,  ich beschenkte  
 meine Leute und  versprach ihnen Weiteres bei  unserer glücklichen Ankunft  
 in Colesberg.  Im Laufe  der  Fahrt hatte ich mich an ihre Galgengesichter  
 etwas  gewöhnt,  und  da  sie mir  soweit ordentlich gedient hatten, hoffte ich  
 auch für  die Zukunft mit ihnen  auszukommen. 
 Eitle Hoffnung!  Die  aufgehende  Sonne  schien  in  das  leere Nest;  sie  
 hatten mich  schnöde  verlassen, nachdem  sie so  viel aus mir herausgezogen  
 hatten,  als  zu  erhalten  ihnen  etwa wahrscheinlich  erschien. 
 Der  Eine  allerdings  äusserte  eine  gewisse  Anhänglichkeit dadurch,  
 dass  er  die Absicht  erkennen  liess,  sich  einige Andenken mitzunehmen,  
 deren Auswahl  er mir billiger Weise glaubte  sparen zu können. 
 Ich  erwachte in  der Nacht von  einem eigenthümlichen Geräusch,  und