Decke, die Reisetasche diente als Kopfkissen, und so lag ich ziemlich
schlaflos bis zum kommenden Morgen, an welchem der weisse Reif in
dicker Kruste mein Lager bedeckte. Wohl darf ich sagen, dass ich angenehmere
Nächte verbracht habe als diese, aber der Wagen bot auch nur
einen sehr schwachen Comfort, da die Halbirung der Lagerstätte grosse
Schwierigkeiten zu machen pflegte, und ausserdem durch die regelmässigen
Marodeure sich trotz zeitweiser Reinigungen der Mist darin in bedenklicher
Weise anzuhäufen begann. „Pfui“, sagt der Leser unwillkürlich,
indem ihm als gesitteten Europäer ein gelinder Schauder über den Leib
läuft; es muss aber von afrikanischem Standpunkte erwidert werden:
„Du hast wohl Recht gesittet „Pfui“ zu sagen“, doch für Afrika sind die
Anschauungen des civilisirten Europa nicht massgebend, der Mist kein
so verachtetes Material wie bei uns, und man vermeidet nicht so ängstlich
seine Berührung. Abgesehen, dass damit, wie oben erwähnt, die Stuben
gestrichen werden, findet er eine sehr ausgebreitete Anwendung als Brennmaterial
, welches in Ermangelung von besserem selbst in den Haushaltungen
gebraucht wird. Wenn man durch Gegenden reist, wo auf Stunden
im Umkreise nicht so viel Holz zu finden ist, um ein Kesselchen warm
Wasser zu machen, und daher das Wildfleisch roh, der Cüfé als Gemüse
gegessen werden müsste, da überwindet man bald den anerzogenen Widerwillen
gegen diesen Stoif und segnet die lieben Ochsen, welche früher an
dem Platze lagernd das Brennmaterial für die später kommenden Reisenden
zurückgelassen haben. Das Mistfeuer kocht unseren Gafé, macht
unser Fleisch gar, und der Eingeborene bratet sich seine Kost in der
Asche desselben, ohne dass der Gedanke an die Herkunft der Feuerung
seinen Appetit beeinträchtigt. Durch die Brennbarkeit dieses Stoffes wird
einem empfindlichen Mangel des Landes, welcher es unbewohnbar machen
würde, in auslänglicher Weise abgeholfen; und erscheint der Gebrauch
auch nicht sehr delicat, so beseitigt die zwingende Nothwendigkeit doch
schneller wie alle Vorstellungen die entgegenstehenden Skrupel.
Am Sonntag pausirten wir wieder, wie üblich, und ich suchte mir
daher einige Unterhaltung zu verschaffen durch die Jagd nach einer
schönen, grossen Art wilder Tauben mit rother Zügel- und Augengegend
und gefleckten Fitigeldeckfedern (Columba guinea Lath.), Boschduive
genannt, ein Lucus a non lucendo, da dieselben an diesem Orte sowohl
wie überall, wo ich sie antraf, in Felsen nisteten. Ich muss zu meiner
Schande bekennen, dass ich diesen Thieren viel weniger aus wissenschaftlichem
Interesse nachjagte, als um doch einige Abwechselung in unseren
verzweifelt eintönigen Speisezettel zu bringen, welche Aufgabe sie zu allge-
Unbehagl. Nachtlager. Mist, Brennmaterial. Boschduiven, Wasserrisse. Hiskok. 181
meiner Zufriedenheit erfüllten, da sie sich sehr wohlschmeckend er-
WieS6Am Montag und Dienstag zogen wir weiter zwischen den kahlen
Bergen, an deren Abhängen sich viele der in Süd-Afrika so häufigen Ra-
vinen zeigten. Diese Wasserrisse haben keine bedeutende Tmfe selten
-übersteigt sie 30' bei wechselnder Breite, aber der senkrechte Abfall der
Seiten macht solche Bildungen, welche wahrhaftig nicht den Eindruck von
Abgründen machen, wie sie so vielfach in Büchern beschrieben werden,
doch zu bedeutenden Terrainschwierigkeiten; sie sind meistens gerad
breit genug, um das Darüberspringen zu verhindern, und zu steil, um m-
durch zu reiten oder wohl gar zu fahren. Sie bilden sich, indem
Wasser von den Abhängen her auf undurchdringlichen Mergelschichten
nach den tiefsten Stellen hinzieht und dabei den auflagernden Thon mehr
und mehr durchweicht und hinwegspült, bis das unterwühlte Erdreich zu-
Bammenstürzt und so diese steilen Böschungen bildet. Das Wasser kan
ursprünglich völlig unterirdisch verlaufen, wie man recht deutlich an emei
anderen Bildung sieht, welche ich in dieser Gegend zum ersten Mae
bemerkte, nämlich brunnenförmige Vertiefungen, entstanden dureh E
stürzen des Bodens, wobei in vielen Fällen die horizontale Lage und der
Zusammenhang dei’ früher an der
gestört wurde; es finden sich dem zu Folge auf dem flachen Grunde die
Pflanzen und Gräser, welche früher oben wuchsen, noch unversehrt und
unverschüttet vor, ein Zeichen, wie gleichmässig die Senkung stattgefunden
hat. am Mittwoch wieder einiges Leben, als wir die
Häusergruppe, Hi sk o k genannt, erreichten, welche den Namen eines
Dorfes wohl nicht verdient, obgleich d e r „Shopkeeper“ *) daselbst zugleich
als Hotelwirth fungirt und seine „good accommodation for men and
beast“ **) dringend empfiehlt. Uns verlockte diese Anpreisung nicht, und
I setztL u n sren Fuss weiter zu einem
wir erst spät in der Nacht erreichten, da die Seiten des Weges kein Gias rar xsstsxsäfr * läg zer I nur durch ihre Bergformen interessante Gegend, und am Sonntag,
warm und klar war, lagen wir wieder still. -necken
, , , ___ • i . ___ niViif unter dem Wagen in meine Decken
*) Shopkeeper = Krämer. u
**) „Gute Bequemlichkeit für Menschen und Vieh.