welcher an den Seiten der Strasse in verschiedenen Stadien der Zersetzung
erschien. An einer Stelle, wo der Weg in mannigfachen Windungen einen
Höhenzug übersteigt, bieten sich auf allen Seiten schöne Aussichten in die
Berglandschaften Natals, deren Formen eine grössere Mannigfaltigkeit als
gewöhnlich zeigen} die ewig sich wiederholenden Tafelberge sind verschwunden,
statt dessen erscheinen die gerundeten Formen des Gneuss,
doch erinnern noch in den höchsten Erhebungen abgeflaehte Gipfel mit
schroffen Abhängen an die so verbreitete Form. Die Seiten sind indessen "
nicht so senkrecht und plötzlich aufsteigend, die Gipfelflächen nicht so
durchaus eben und horizontal; die Abstürze erscheinen häufig unterbrochen,
bald hoch, bald niedrig und geben dadurch der Gegend ein malerisches
Aussehen. Der Sandstein, der diese Gipfel bildet, ist nicht sehr hart,
grobkörnig, von röthlicher Farbe mit weissen Kalkpartikelchen gesprenkelt.
Auf einer der höchsten Stellen des Weges erheben sich prächtige Gneuss-
blöcke, an den Abhängen theihveise überwachsen und verdeckt von mannigfaltigen
Bäumen, welche auf dem ausgezeichneten - durch das zerfallende
Gestein gebildeten Boden prächtig gedeihen. Dennoch schliessen sich dieselben
auch hier nicht zu grösseren Wäldern, sondern bilden höchstens an
besonders günstigen Stellen Gehölze; dagegen ist die ganze Gegend wie
übersät mit einzeln stehenden Bäumen, welche dem Lande den Anblick
eines grossen Obstgartens geben. Mimosen und Acacien bilden auch hier
die grösste Anzahl, ausserdem aber eine Species der bereits aus dem
Freistaate erwähnten Cussonia und andere niedrigere Gesträuche.
Nach einem regnerischen Abend und eben solcher Nacht brach der
Morgen des 4. klar und still über der üppig grünenden Landschaft an,
welche ich mit Bewunderung betrachtete, während der Wagen in das eigentliche
Littorale von Natal herabkam. Bemerkenswerth erschien .mir hier
eine Solanee (Solanum mammosutn),. welche vollständig baumartig wird
und kleine Gehölze zur Seite der Strasse bildet, die dicht behängen sind
mit den Früchten der Pflanze, eine Beere von der Grösse einer mittleren
Apfelsine und von dunkler, in reifem Zustande fast schwarzer Farbe.
Dieses Gewächs scheint die Höhen zu lieben, es war auf ihnen wenigstens
am üppigsten entwickelt.
Eine so bewachsene Höhe erstieg der Wagen am Mittag, und als er
den Gipfel erreichte, stiess ich unwillktihrlich ein freudiges: Thalassa,
Thalassa! aus, wie die Griechen des Xenophon auf ihrem Rückzug aus
Kleinasien. Dort schimmerte die See in der Mittagsonne freundlich herüber
und die weisse Brandung, welche über die Hafenbarre von D’U rb a n
hinwegflitthet, war deutlich zwischen den vorspringenden Halbinseln zu
Bewachsung. Erster Anblick des Meeres. Pine-Town. Giftschlangen. 203
sehen. Vor mir lag das freundliche Thal von P in e -T o w n , in welches
ich jetzt auf dem geschlängelten Wege langsam hinabfuhr, micherfreuend
an den für das Littorale charakteristischen Palmen (Phoenix reclinata). Dieselben
kommen zwar nicht der grossartigen Entwickelung tropischer Arten
gleich, indem der gtamm selten über 2 0 'hoch wird, doch geben die langen,
gefiederten Blätter einen hübschen Schmuck der Landschaft ab.
Die Banane oder Pisang schaukelte ihre mächtigen, im Alter gefranz-
ten Blätter an den Seiten des Weges im frischen Seewinde, wo hier und da
auch Passifloren den Boden überwucherten. Die Früchte einer bestimmten
Species, welche man Grenadilla nennt, werden gern gegessen; man sieht
sie daher viel in Gärten, und sie verwildert auch in diesen Gegenden
leicht. ■
Das anmuthige P i n e - T o w n , dessen einzeln stehende, .reizende Häuser
über einen grossen Fleck Landes verbreitet sind, war bald erreicht und
ich machte daselbst noch einmal Ausspann. Der Ort ist erst sehr jung,
aber erhebt sich schnell, und wahrlich an Mitteln dazu fehlt es nicht. Die-
Lage und das Klima sind herrlich, der Boden ausgezeichnet fruchtbar,
wenn auch nicht sehr tief, wesshalb er für den Caföbau nicht passend
erachtet wird. Aber sonst dürfte das Land Alles gewähren, was nur verlangt
werden kann, Bananen, Ananas etc. gedeihen prächtig und werden
in der richtigen Zeit zu Spottpreisen verkauft (Ananas zuweilen zweifüi
einen Threepence).
Ich schleuderte gemüthlich zwischen den Gärten umher, nach Insekten
spähend, welche sich, wenn auch einzeln, aui den Blumen und Sträu-
chern zeigten, und überschritt gerade einen freien Grasplatz, als plötzlich
dicht neben mir ein scharfes Zisehen ertönte; seitwärts sehend erblickte
ich eine mächtige gelbe Cobra, welche sich bereit machte, auf mich loszu-
>springen, ich that aber mit vieler Geschwindigkeit einen Satz vorwärts,
worauf sich das Ungethüm in seine unterirdischen Gemächer zurückzog.
Ich hatte als unschädlicher Insektensammler nicht einmal einen
Stock bei mir, und mein gelinder Schrecken verdient daher wohl Entschuldigung.
Es ist unglaublich, wie leicht man auch bei ebenem Terrain selbst
grosse Schlangen (die erwähnte war mehr als 5 ' lang) übersieht, so lange
sie ruhig liegen. Wie ieh sie diesmal nicht bemerkte, so erging es mir mit
einer anderen, welche an v an S ta d e n s R iv ie r in der Colonie meinen
Pfad kreuzte ; dort hätte ich am hellen Tage auf ebener Strasse meinen
Fuss auf die gefürchtetste Schlange gesetzt, wenn sie nicht selbst ausgewichen
und zwischen meinen Füssen hervorgehuscht wäre. Es war dies