316 Cap. XXIV. Das Bakatlaland.
Ich lernte einen grossen Tlieil demselben kennen, als ich am 5. August
auf Veranlassung Gassisioe’s einen Ritt unternahm, um den eingeborenen,
von Moffat ihnen gesandten Prediger, der gefährlich erkrankt sein sollte,
auf einem dfei Stunden entfernten Dorf zu besuchen. Der Häuptling gab
mir einen Führer mit, welcher den Weg kannte, aber seine Kenntniss
wenig zu meinem Vortheil benutzte, indem er mich zu seinem Privatvergnügen
ohne Weg quer durch die Gebirgszüge führte. Fehlte es demge-
mäss auch nicht an Mühe und Anstrengung bei dem Ueberklettern der
felsigen Höhen, dem Passiren von Bächen, Durchwaten von morastigen
Thälern, so wurde ich doch auch wieder belohnt durch.die prächtige
Seenerie, welche ich zu sehen bekam. Wenn sich nach dem mühsamen
Aufsteigen über die wild durcheinander liegenden Felsen die Fernsicht in
die sanft in die Ebene auslaufenden Thäler zu öffnen begann mit ihrer
feenhaften Beleuchtung, war die überstandene Anstrengung schnell vergessen.
Fasste ich die Pracht der Lichteffekte ins Auge, so kam es mir
vor, als hätte ich früher noch nie wahren Sonnenschein zu sehen Gelegenheit
gehabt, und fühlte ich dann wohl auch seine kräftige Wirkung stärker
als angenehm auf meinem breiten Rücken, so liess mich ein lustiger
Galopp durch die Thalebene schnell genug das Brennen vergessen, besonders
da es hier beim Passiren der Gehölze nicht an zeitweiligem Schatten
fehlte.
Die Flora war zwar noch keineswegs in ihrem besten Stadium, indem
wir erst Frühlingsanfang hatten, und zahlreiche Spuren abgestorbener,
krautiger Vegetation zeigten, dass für die Regenzeit noch mehr zu erwarten
war; die Zahl der immergrünen Gewächse ist indessen gross genug,
um der Landschaft einen reichen Schmuck zu verleihen. Die Mimosen
und Akazien entfalteten bereits ihre zarten, jungen Blättchen und ein
Baum, die Erythrina caffra, prangte über und über mit den grossen, korall-
rothen Blüthen. Die Seiten der sumpfigen Thäler waren eingefasst von
einem mässig grossen Baum, dessen lederartige, graugrüne Blätter, abgesehen
von der geringeren Grösse, Aehnlichkeit haben mit denen des australischen
Gumbaumes und dem Gewächs auch ganz dieselbe öde Langweiligkeit
verleihen, so dass ich nicht im Stande bin, viel zum Lobe dieser
sehr häufigen Pflanze zu sagen.
Befriedigt durch das Vergnügen des Rittes, langte ich endlich bei der
Gruppe von Hütten an, wo ich meinen schwerkranken Patienten finden
sollte, musste aber zu meiner freudigen Ueberraschung hören, dass der
Herr spazieren gegangen sei. Die Gefahr war offenbar nicht sehr gross,
und ich wäre daher am liebsten bald wieder umgekehrt, wenn die Pferde
Aberglaube der Eingeborenen in Bezug auf menschliche Beste. 317
nicht etwas Ruhe nöthig gehabt hätten; die Leute aus dem Orte gingen
indessen aus, um den Schwerkranken zu suchen, und nach einer Stunde
etwa kam er .gemüthlich angeschlendert in einem so guten Gesundheitszustände,
als die ihn drückende Last der Jahre erlaubte. Natürlich wollte
der schwarze Herr dies nicht zugeben, und ich musste eine lange Consultation
mit ihm abhalten, um ihm zu beweisen, dass er ein alter Maim sei,
und dass ich ihm die Jahre nicht wieder von den Schultern nehmen
könnte.
Durch Verabfolgung einiger einfachen Mittel war mein Patient zufrieden
gestellt worden und gab mir endlich Erlaubniss zur Rückkehr,
die wir, indem der Führer wohl jetzt sein Müthchen glaubte hinlänglich
an mir gekühlt zu haben, auf einem bequemen Wege in verhältnissmässig
kurzer Zeit beendeten.
Einige Tage brachte ich noch in Khanije zu, die hauptsächlich zu
Ausflügen in die Umgegend verwandt wurden, in der Hoffnung, auf den
alten, im Bawanketsilande zahlreichen Schlachtfeldern Schädel aufzufinden,
ohne dass ich jedoch irgend welche Spuren von Gebeinen fand.
Offenbar halten sich die Knochen, wo sie dem Regen und der Sonne stark
ausgesetzt sind, nur eine verhältnissmässig geringe Anzahl von Jahren in
kenntlichem Zustande. Die fraglichen Orte in der Nähe von Khanije sind
Schluchten, welche zeitweise stark unter Wasser gesetzt sind, und die
Ueberreste können daher weggespült sein.
Der Aberglaube und ein instinctiver Widerwille der Eingeborenen
gegen dergleichen Dinge trägt ebenfalls viel zu ihrer Zerstörung bei, in
dem die Bechuanen meinen, dass Jemand durch den Besitz eines Schädels
im Stande ist, dem ganzen betreffenden Stamm aus der Ferne Krankheit
und Notli zu bereiten; aus diesem Aberglauben entspringt die in neuerer
Zeit angenommene Sitte, die Todten in den Hütten selbst unter dem
Fussboden zu begraben, eine gewiss sehr schädliche Einrichtung, zumal
da die Faulheit der Leute sie verhindert in eine gehörige Tiefe zu gehen.
In der Nähe eines Dorfes im Bakuenagebiete (spr. Bakuäna) fand ich
einst einen Schädel herumliegen, den die Hunde aus dem seichten Grabe
gezerrt haben mussten, und der von denselben herumgeschleift wuide,
ohne dass Jemand sich darum bekümmerte. Findet ein Mochuane einen
Schädel im Felde, so nimmt er sich meistens die Mühe, denselben durch
einen Steinwurf oder mit dem Kiri (der Wurfkeule) zu zertrümmern, um
zu verhindern, dass er einem Zauberer in unversehrtem Zustande in die
Hände falle, und es gehen so die meisten Exemplare zu Grunde. Indessen