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 bei  einem  zufällig  gerade  gestorbenen  Pferde  Gewehre.  Dies  geschieht  
 so,  dass man  den Kadaver  in  geringer Entfernung mit  einem Dor-  
 nenkraal umgiebt und  nur  eineOeffnung  übrig  lässt,  gegen die in angemessener  
 Höhe  ein Gewehr gerichtet wird, welches  durch  die Berührung eines  
 dünnen,  quer  über  den Eingang gespannten  Strickes  losgeht. 
 Beide  Gewehre  entluden  sich,  und  es  fanden  sich  am  anderen Tage  
 starke Blutspuren  bei  denselben,  das  eine war  aber in mehrere Stücke zerbrochen, 
  welche  deutlich  Spuren  der Zähne und Klauen des Löwen trugen.  
 Zu ihrem  Schrecken  sah indessen  die Gesellschaft  das  eine  der Raubthiere  
 am  hellen  Tage  in  der  Nähe  des  Wagens  wieder  auftauchen,  und  die  
 Herren  hatten  einen  solchen Respect vor  den ungebetenen Gästen bekommen, 
   dass  sie nicht wagten,  einen  Ausfall  gegen  den Belagerer  zu  unternehmen. 
   Zeigte  dieser  sich  auf der  linken  Seite  des Wagens,  so  liessen  
 sie  ihre  übrigen  6  Ochsen  rechts  weiden,  worauf  der  Löwe in  grossem  
 Bogen  derselben Gegend zuzukriechen pflegte und  die Belagerten nöthigte,  
 zeitweise  den Weideplatz  zu wechseln. 
 Es  ist  schwer festzustellen,  wie  lange die Reisenden  in  dieser wenig  
 behaglichen  Situation  geblieben wären, wenn nicht  zufälliger Weise  einer  
 der  kühnsten  Händler  und  Jäger  des  Landes,  Chapman,*)  mit  seinem  
 Achterrijder zu Pferde  den Wagen  vorausreitend, bei  der Gesellschaft  eingetroffen  
 wäre.  Die  unerhörte Kühnheit  des Löwen  veranlasste  den  erfahrenen  
 Jäger,  die Richtigkeit  der ganzen Erzählung  in  Frage  zu ziehen,  
 und  die  Versicherung  der Zulu’s,  das3  das Thier unter  einem  bestimmten  
 Busch  in  der  Nähe  verborgen  läge,  wurde  mit  einem:  Bah,  nonsense!  
 abgewiesen. 
 Zur  thatkräftigen  Widerlegung  der  unglaublichen  Angabe  machte  
 sich  Chapman  mit  seinem  Achterrijder  sofort  auf,  um  den Ort zu untersuchen, 
   und  er  hatte  sich  dem bezeichneten Busche  kaum  genähert,  als  
 auch  der Löwe  aufsprang,  seine Flanken mit  dem Schweife  schlagend  und  
 ein  drohendes,  tiefes Gebrüll  ausstossend. 
 Es  folgte  nun  einer  der  interessantesten Kämpfe, welche wohl jemals  
 die menschliche Verwegenheit gegenüber  bestialischer Wildheit und Kraft  
 durchgeführt hat,  und  dessen Wahrheit ich  zu  bezweifeln  geneigt gewesen  
 wäre, wenn  nicht  die  einfache  und  schlichte Erzählung  des  kühnen Jägers  
 mir  durch  so  zahlreiche Augenzeugen bestätigt wurde. 
 *)  Nicht  zu  verwechseln  mit  dem  Reisenden  der  Westküste  gleichen  Namens.  
 Der  hier  erwähnte  war  zur  Zeit  in  Kuruman  ansässig. 
 Chapman’s  Waffe  war  eine  kurze  Doppelflinte,  gegen  10  Pfund  
 schwer mit  glatten Läufen,  welche  gehärtete Kugeln  8 = 1   Pfund  schoss  
 und  auf geringe Entfernungen  vollständig  genau  trug.  Der  erste  Schuss,  
 vom  Sattel  gefeuert,  fehlte den Löwen,  und  auch  die Kugel des Achter-  
 rijders  schlug  seitwärts.  Der Löwe  sprang  auf die Angreifer  ein, welche  
 gewandt  umkehrten  und  fortsprengten, um Zeit  zum Laden  zu  gewinnen.  
 Als  das Raubthier  stehen blieb,  machten  sie  ebenfalls  Front,  die  Jäger  
 sprangen  aus  den  Sätteln  und  Chapman’s  Kugel,  etwas  tief gesetzt,  brach  
 die  eine  Vorderpranke,  während  die  seines  Begleiters  quer  durch  die  
 Flanken  schlug.  Der  verwundete Löwe  wendete  sich  zum Angriff,  doch  
 schnell waren  die verwegenen  Schützen wieder  im  Sattel  und  die willigen  
 Pferde hielten  sie  ausser Bereich  der Gefahr,  bis  der Feind von  der Verfolgung  
 abliess.  Dies  war  das Signal  ebenfalls  zu  halten  und  schleunig  
 zu  laden,  aber  vergeblich  durchsuchte  Chapman  seine  Taschen  nach  
 Kupferhütchen:  bei  der  so  aus  dem  Stegreif  unternommenen  Jagd  hatte  
 der Herr  sich  nicht  gehörig  versorgt,  und  es blieb  daher Nichts übrig,  
 als  den Achterrijder  zum  nahen  Lager  zu  schicken,  um  das  Fehlende  
 holen  zu  lassen.  In  der  Zwischenzeit  setzte  er  indessen  die  Nachforschungen  
 fort und der Zufall wollte,  dass  sich  endlich noch  zwei Hütchen  
 vorfanden, worauf Chapman,  ohne  die Rückkehr  des Anderen  abzuwarten,  
 sofort  den Kampf erneuerte. 
 Bis  auf  30  Schritt  herangeritten  sprang  er  aus  dem  Sattel  und  
 schickte  dem  spitz  stehenden Löwen  eine  wohlgezielte Kugel  zu,  welche  
 gerade  in  den  drohend  geöffneten Rachen  schlug,  die Zähne zerschmetternd  
 ,  aber  ohne  eine  tödtliche Verletzung  zu  verursachen.  Dies  ist  der  
 gefährlichste  Schuss,  welchen  man  machen  kann,  da  der  unsinnige  
 Schmerz  das Raubthier zur  höchsten Wuth  steigert, und ich  glaubte  dem  
 Erzählenden  gern,  als  er  den Erfolg mit  den  Worten  beschrieb:  „Maar,  
 allermagtig, word die  oü kerel  da quaai!“ *) Doch obgleich  die Entfernung  
 nur  30  Schritt  betrug,  hatte  der  behende  Reiter  bereits  seinen  Sitz  
 wiedergewonnen und  sich  zur Flucht  gewendet,  bevor  das  rasende Thier  
 ihn  erreichen konnte. 
 Als  der Löwe,  nachdem  seine Wuth  sich  gelegt hatte,  Stillstand, war  
 er  ihm  sogleich wieder  auf dem Pelz  und  die  nächste Kugel  fasste  direkt  
 hinter  der  Schulter,  ohne  indessen  dem Leben  dieses  unglaublich  zähen  
 Thieres  ein  Ende  zu  machen;  es  waren  im  Gegentlieil  noch  4  Kugeln 
 *)  „Aber,  alle  Welt,  wird  der  alte  Kerl  da  böse!“  
 Dr. G. Fritsch, Drei Jahre in Süd-Afrika.