hier andere Eingeborene später zeitweise ihr Lager aufgeschlagen, und
ihre ungeschickten Hände versuchten mit den Kohlen des Lagerfeuers
die Schildereien der vergangenen Bewohner nachzubilden, während
andere wieder das Zerstörnngswerk übten. Immerhin waren viele
derselben noch deutlich genug, um erkannt und von den späteren
Kritzeleien unterschieden zu werden. Es traten unter den Thieren auf
die Gestalten des Stransses, Hundes, Pavianes, mehrerer Antilopen-Arten
(Euchore, Oryx), des Quaggas und anderer. Besonderer Erwähnung verdienen
zwei menschliche Figuren*), welche in schwarzer Farbe ausgeführt
waren, etwa 17,8 Centim. hoch; die Figuren waren nackt bis auf einen
Gürtel von Zackenstreifen um die Lenden, die ebenso wie eine bänderartige
Verzierung am Kopf roth gemalt war; die eine in gehender Stellung
hatte in der erhobenen Hand ein Instrument, welches seiner Gestalt und
Grösse nach sehr täuschend einem zugemachten Sonnenschirm gleich sah,
ebenfalls mit einem rothen Strich an der Seite verziert. Der Springbock
sowie eine andere Antilope waren weiss gemalt, so dass also, abgesehen
von dem Auskratzen vier Farben in Anwendung kamen: Schwarz, Weiss,
Ocker und Roth**), ein Farbenschatz, der, wenn auch zu arm für einen
Raphael, doch reich genug war für die Kunstwerke eines Buschmanns.
Ueber das Alter der Zeichnungen lässt sich schwer etwas bestimmen,
da Zufälligkeiten auf das Aussehen derselben jedenfalls mehr Einfluss aus-
geübt haben, wie ein Klima, welches wegen der in der Regel herrschenden
Trockenheit wenig zerstörend einwirken konnte, zumaL da die Figuren
meistens an geschützten Stellen angebracht sind. Viele scheinen verhält-
nissmässig neuen Datums, da man häufig unter denselben Soldaten
europäischer Bewaffnung und ähnliche Gegenstände sieht, welche anzeigen,
dass die betreffenden Schildereien erst nach dem Eindringen der Europäer
in das Land angefertigt wurden. Unter diesen kommen auch Pferde vor,
welche unter Zeichnungen grösseren Alters nicht vorhanden sind, da diese
Thiere unbekannt waren bis zu der Zeit, wo die Holländer das Cap in
Besitz nahmen.
Die Frage wegen der Pferde ist von grossem Interesse; denn angenommen
, dass die Eingeborenen des südlichen Afrika von dem Norden
her eingewandert sind, so ist es schwer einzusehen, woher es kommt, dass
sie keine Pferde mitbrachten, da dieselben doch so allgemeine Verbreitung
*) Die interessanten menschlichen Figuren versuchte ich durch Photographie
7.u copircn, doch der Versuch- misslang wegen der Dunkelheit des Ortes.
**) An anderen Orten soll auch Grün Vorkommen.
unter den Stämmen des nördlichen Afrika haben. Vermuthlich war das
Pferd zu zart, um die mühsame Reise durch die Tropen und die Steppe,
wo Mangel an Futter und Wasser noch heutzutage diese Thiere schnell
dahinrafft, zu überstehen; manche Forscher beschuldigen die Tsetse als
Urheberin dieser auffallenden Erscheinung. Die Tsetsefliege (Glossina
morsitans) bewohnt ausgedehnte Disfricte längs der Flüsse des subtropischen
Afrika, welche von den wandernden Horden passirt werden mussten
; der Stich gilt als tödtlich für das Vieh, zumal für die Pferde, während
Esel, Maulesel und Ziegen unempfänglich gegen das Gift sind, eine sonderbare
Thatsache, welche noch nicht aufgeklärt ist. Die Pferde könnten
allerdings diesem Insekt zum Opfer gefallen sein, doch ist zu bemerken,
dass die Fliege auf bestimmte, meist schmale Streifen bildende Localitäten
beschränkt erscheint. Bei gehöriger Ortskenntniss ist es also möglich, indem
man das Vieh während der Nacht, wo das Insekt still sitzt, in
scharfem Trabe hindurch treibt, der schädlichen Einwirkung zu entgehen.
Sb erhalten-die Reisenden in solchen Districten ihr Zugvieh noch heutigen
Tages, ündes ist nicht einzusehen, wesshalb dies in früherer Zeit nicht auch
hätte geschehen können. Warum sollte ausserdem das doch ebenso für
dies Gift empfängliche Rindvieh verschont geblieben sein ?
Viel wahrscheinlicher ist es, dass die Pferdekrankheit, welche in den
ungesunden Jahreszeiten im subtropischen Afrika ganz sicher den Tod
dieser Thiere veranlasst, während Ochsen nicht davon befallen werden,
die Ursache der auffallenden Erscheinung ist. Wie dem aüch sei, so
viel steht fest, dass die von den Holländern eingeführten Pferde in Süd-
Afrika eben solches Staunen unter den Eingeborenen erregten als in
Amerika, und es finden sich daher besonders in der Nähe des Cap unter
den Buschmann-Zeichnungen vielfach die Figuren dieser Thiere, welche
einen so- tiefen Eindruck auf ihre Phantasie gemacht hatten. In Key-
Pooxt, nie erwähnt, fehlten sie, und sie sind übei'haupt in den östlichen
Provinzen nicht so häufig, da hier das Zerstörungswei-k unter den bi-aunen
Kindein der Wüste durch Kaffei'n und Europäer zugleich betrieben wurde
und ihnen also nicht viel Müsse blieb, Eigenthümlichkeiten der letzteren
Nation aufzufassen und nachzubilden.
Nachdem die Gemäldegalleifie der Buschmänner gehörig in
Augenschein genommen worden war, wurde der Rückweg angetreten, und,
bei der Cart angelangt, setzte-ich meine Reise nach Queens-Town fort.
Noch waren wir nicht weit gefahren, als die tägliche Regentaufe wieder in
erquicklicher Stärke hereinbrach, und als ich an der Fuhrt des Key anlangte,
zeigte sich der Fluss so angeschwollen, dass er nicht passirt