In Kuruma« hatte ich mich durch das Vergnügen europäischer Gesellschaft
aufs neue gekräftigt für das Zusammensein mit Leuten, die
ihrer Natur nach schon in einem zu schlechten Gerüche stehen, als dass
selbst eine duldsame europäische Nase sich nicht darüber rümpfen sollte.
Ich konnte diese mehr pikanten wie angenehmen Eigenthümlichkeiten der
aethiopischen Race in vollen Zügen geniessen, als ich am Abend zu
K o n in g in meinem beabsichtigten Nachtquartier eintraf, d. h. in der
Hütte eines Mochuanen*), welcher mir als ein glänzendes Muster unter
seinen Stammgenossen bezeichnet war.
Die Hütten der Bechuanen sind im Unterschiede von denen der
Kaffern und Hottentotten mit einem überhängenden nach oben zugespitztem
Dache versehen, das häufig in seinem überragenden Theile sich auf
Pfosten stützt, wodurch eine Art Veranda um die runde Hütte gebildet
wird. Um diese wieder zieht sich im Abstand von 5—10 Schritten etwa
ein von Reisern geflochtener, über 6' hohen Schirm, welcher einen kleinen
Hofraum abgränzt, so dass das Ganze sich in stets weiteren Kreisen um das
Centrum, den runden Feuerplatz im Innern, gruppirf. Es hat diese Anordnung
eine auffallende Aehnlichkeit mit dem Bau einer Pflanzenzelle,
deren Zeichnung direkt für den Grundriss einer Beckuanenhiitte gelten
kann. Bezeichnet das meist etwas excentrisch gestellte Kernkörperchen
den Feuerplatz, so giebt die Umgränzung des Zellkernes- die Hüttenwand,
während die Zellwandung den Schirm darstellt. Wie bei der Pflanzenzelle
alles Leben im Zusammenhänge zu stehen scheint mit dem Kernkörperchen,
so gruppirt sich alles Leben der Hütte um den Feuerplatz,
den virtuellen Mittelpunkt des Ganzen, welchem sich die Theile möglichst
nahe zu halten streben und daher im Kreise darum anordnen. Eine Abweichung
von der runden Form findet bei Beiden in der Regel nur da statt,
wo durch Aneinanderlagerung eine Abplattung eintritt.
In neuerer Zeit haben die Eingeborenen, geleitet durch europäischen
Einfluss, wohl angefangen hier und da viereckige Hütten zu bauen, doch
es fehlt das Auge für eine gerade Linie, und unwillkührlich kehren die
Begränzungen mehr oder weniger zu der ursprünglichen Form zurück.
Selbst der Eingang der Hütte ist meist zu einem Oval abgerundet, welche
Oeffnung bei Nacht durch einen von Ruthen geflochtenen Deckel verschlossen
wird. Das Innere ist öfters durch ein oder mehrere Scheidewände
in Gemächer getheilt, was sich indessen nur in den Hütten der
*) Sing. von „Bechuana“, durch das Praefix „Mo“ oder „Le“ gebildet; z.B.
Matebele — Letebele.
Wohlhabenderen findet und nicht als Regel angesehen werden kann. Der
Feuerplatz ist bezeichnet durch eine ringförmige Erhebung auf der Lehmtenne,
welche den Boden bildet, und enthält im Winter fast beständig
die belebende Flamme; im Sommer wird das Feuer häufiger innerhalb
des Schirmes unter freiem Himmel unterhalten, damit die Hütte möglichst
kühl-bleibt. Ein solches wird in der Regel auch für dieZwecke
des Kochens verwendet, während das in der Hütte den Versammlungsort
der Gesellschaft abgiebt, und die Eingeborenen kennen nichts Angenehmeres
, als um den Platz zu hocken, in die Flamme zu starren und
unter dem Schmauchen eines Pfeifchens sich Neuigkeiten erzählen zu
lassen.
In dieser angenehmen Beschäftigung fand ich die zahlreichen Bewohner
begriffen, als ich in die Hütte eintrat, deren so schon schwüle Atmosphäre
durch den dichten Rauch dss Feuers eben nicht verbessert
wurde. Ausgänge für denselben waren nicht vorhanden, und die Thüre
hielt man der kühlen Nachtluft wegen dicht verschlossen. War ich auch
an etwas mehr frische Luft gewöhnt, so musste ich mich in Ermangelung
eines besseren Obdaches darein finden und nahm geduldig meinen Platz
am Feuer ein.
Das Woher und Wohin war bald abgemacht, und auch das anfängliche
Erstaunen darüber, dass Jemand weite Reisen machen könnte, nur
„om al die kodagegoed van die land te zien“ *) legte sich allmälig. Die
Einzelheiten meines Anzuges u. s. w. wurden wie- gewöhnlich einer eingehenden
Besprechung unterworfen und meistens belacht; allgemeinen
Jubel aber erregte es, als ich auf der Ochsenhaut am Boden meinen mitgebrachten
Schlafsack entfaltete und mich wie eine Schnecke in ihr Haus
behaglich in denselben verkroch. An Schlaf war indessen wenig zu
denken, denn während der dichte Qualm des verglimmenden Feuers den
Schlafenden zu ersticken drohte, schien die ganze' Hütte lebendig zu werden
und sich zu verwandeln in Schaaren von Wanzen, Flöhen und echt
afrikanischem Ungeziefer, den T am p a n s , einer in den Häusern lebenden
Zeckenart, welehe sehr unangenehme und schmerzhafte Wunden durch
ihren Biss verursacht. Zum Glück schmeckte den letzteren mein europäisches
Blut nicht recht, und ich hatte nur von den Ersteren zu leiden,
doch diese allein waren schon ausreichend, mich das Frühroth freudig
begrüssen zu lassen. Sobald als es thunlich war, sassen wir wieder im
Sattel, und dahin ging es über die fast gänzlich kahlen Flächen einem
*) Um alle Eigenthümlichkeiten des Landes zu sehen. (Cap’sches Holländisch.)