Die Gegend öffnete sich, während ich auf Co le s b e rg zu fuhr, mehr,
und es trat eine B e rg form auf, welche ich die nächsten Tage öfter zu
beobachten Gelegenheit hatte; sie zeigt viel Aehnlichkeit_mit den Kuppen
der Sächsichen Schweiz, doch giebt der Wechsel der Schichten, welche
den Gipfel ausmachen, der Form mehr Mannigfaltigkeit und einen eigen-
thiimlichen Charakter. Wie Kronen stehen diese gebänderten Felskuppen
auf der kegelförmigen, sanft ansteigenden Hauptmasse des Berges, indem
die steil abfallenden Seiten zuweilen sogar überhängend werden. Senkrechte
Klüfte zerspalten das Gestein und verwandeln die Schichten in
Zinnen, deren Zwischenräume einen willkommenen Horst für Raubvögel
abgeben. So traf ich am nächsten Tage (nachdem ich eine wüste Nacht
in einem armseligen Farmhause auf einer Art Sopha zugebracht hatte)
einen ausgedehnten Geierhorst in einer solchen Felswand an. Die ganze
mächtige Wand war weiss übertüncht durch die regelmässige Thätigkeit
der reinlichen Bewohner, und mit unablässigem, eintönigem Kreischen
umschwebten die gewaltigen Vögel ihre gemeinschaftliche Wohnstätte,
von welcher sie sehaarenweise ausziehen, wenn es irgendwo etwas im
Felde aufzuräumen giebt.
Weite, theils mit Gras, theils mit kleinen Büschen bewachsene Thä-
ler durchfuhr ich nun, wo zwischen den Tafelbergen spitze sehr regelmässige
Klippen dioritischer Gesteine auftraten, welche sichzuweilen in
Reihen, Querthäler bildend, durch die Längsthäler hindurchziehen; Die
Flächen zeigten sich vielfach belebt von Korhaans (Otis afra L. Gm.),
Paauws (Otis Kori Bureh., und Otis caffra Licht.), Kaffer - Kranichen
(Grus caffer s. Ardea paradisea Licht) und schwarzen Ibis (Geronticus
calvus Lath.), wilde Kalkoen genannt; meine Schrote erwiesen sich aber
oft zu schwach, um bei der ziemlichen Entfernung, welche sie einhielten,
ihnen Schaden zu thun. Von vierfüssigen Thieren trat nur ein zu den
Eichhörnchen gehöriges Thier zahlreich auf, Mierkat (Sciurus setosus L.),
welches öfters behende über den Weg schlüpfte und, bei seinem Erdloehe
angelangt, sich neugierig äufrichtete, um nach der Cart hinüberzublicken.
Nach einem guten Nachtquartier bei einem holländischen Farmer,
Namens S — n, machte ich mich auf, um das letzte Stück des Weges
zurückzulegen. Die Scenerie zeigte ' mehr und mehr den Charakter des
innern Afrika, und die zierlichen Bewohner der Steppe, die Antilopen,
Hessen sich nun zu meiner Freude im Felde blicken. Bald am Morgen
dieses Tages traf ich einen Trupp Springböcke (Gazella Euchore Gray),
auf die ich mich anzuschleichen suchte. Obgleich ich nicht näher wie
350 Schritt herankam, konnte ich mich doch nicht enthalten ihnen eine
begrüssende Kugel zuzusenden, welche mir wenigstens das Vergnügen
verschaffte zu sehen, wie die von dem Schuss erschreckten Thiere in
weiten,^ graziösen Sprüngen dahineilten, indem sie die in der Ruhe gefalteten,
langen, weissen Haare des Rückens fächerförmig ausbreiteten.
Auch geflügelte Steppenbewohner zeigten sich an diesem Morgen,
welche ich früher nicht bemerkt hatte, nämlich die Flughühner (Ptero-
cles tachypetes Tem.), hier zu Lande Namaqua-Partrys, genannt, wovon
ich die ersten am Wege nach C o le sb e rg schoss.
Gegen Mittag erblickte ich den Coleskop in der Ferne, und einige
Stunden später durchfuhr der Wagen die Dioritkuppen, welche zahlreichen,
riesigen Maulwurfshaufen vergleichbar, rings um Colesberg
stehen und der Umgegend einen rauhen, gebirgigen Charakter verleihen.
Der Diorit ist von blaugrauer, granitähnlicher Färbung und variirt sehr
stark von grobkörnigen Formen bis zu den feinsten herunter. Höchst
auffallend ist die quaderförmige Absonderung desselben, welche zuweilen
täuschend das Aussehen der geschichteten Gesteine annimmt. Mächtige
Grünsteinadern durchziehen den Diorit in verschiedenen Richtungen,
deren zu Tage tretende Theile sich schon in der Ferne bemerkbar machen,
indem die Blöcke beim Zerfall des einschliessenden Gesteines stehen
geblieben sind und nun durch die regelmässige Stellung gewaltigen, von
Cyclopen errichteten Mauern gleichen.
Inmitten der Kuppen liegt Colesberg, wo ich alte Bekannte vom
„ Saxon“ her vorfand, Mr. G e und I . . . . m, die mich freundlich empfingen,
wenn auch die Beschränktheit des Raumes mich nöthigte, meine
Karre zu meinem Hause zu machen.
Das Hotel des Ortes zeigte sich so zahlreich besetzt mit seclisbeini-
gen Gästen, dass mir inErinnerung an die nächtlichen Schrecken in Mossel-
Bay ein Schauder über den Leib lief, und ich diese Höhle des Grauens
eiligst floh. Ich hatte mich jetzt schon an das Schlafen in der Cart gewöhnt
, und wenn die täglich fallenden, schweren Regen auch hier und da
ihren Weg ins Innere fanden, so war es dafür wieder angenehm frisch und
kühl.
Zwei Tage gedachte ich hier meinen ermüdeten Pferden Rast zu gewähren
und dann sofort nach B lo em fo n te in aufzubrechen, aber es zeigte
sich, dass ich wieder einmal die Rechnung ohne den Wirth gemacht hatte,
da ich bald am nächsten Tage die angenehme Nachricht erhielt, der
Orange-Fluss oder Groote-Rivier, wie die Afrikaner ihn nennen, sei so
angeschwollen, dass mau an ein Passiren desselben nicht denken könne.
Zwar war es mir nicht lieb, aufs neue einen Aufenthalt zu erfahren; da