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 lieferungen  angestellt,  doch  nur  einmal  ist  es  ihm  gelungen  einen Eingeborenen, 
   Fingoe  seines  Stammes,  aufzufinden,  welcher  behauptete,  dass  
 Aufzeichnungen  früher vorhanden waren,  dass  diese  aber in  den Kriegen  
 zerstört oder verloren gegangen sind.  In die Intelligenz und Zuverlässigkeit  
 dieses  Fingoe  setzte  er  ein grosses Vertrauen. 
 Man  kann  sich  indessen  schwer  eine  Vorstellung  bilden  über  die  
 Beschaffenheit  der fraglichen Aufzeichnungen,  da  sich  zur Zeit  etwas  dem  
 Schreiben  irgend wie Verwandtes nicht  bei  ihnen  nachweisen  lässt  und  es  
 doch  wiederum  unwahrscheinlich  ist,  dass  eine  derartige Kunst,  einmal  
 erlernt,  vollständig  von  dem  Stamme  vergessen  werden  könnte.  Es  ist  
 erstaunlich,  dass  so wenig Denkmäler und  Spuren  der  früheren Zeit vorhanden  
 sind  in  einem Lande, welches  zuverlässig  zu  den  ältesten der Erde  
 gehört.  Ob  das Menschengeschlecht in  diesen Gegenden wirklich  so  ver-  
 hältnissmässig  jungen Datums  ist,  oder  ob  es  in  demselben Zustand  für  
 Hunderte  von Jahren  verharrt  hat,  ohne durch irgend etwas die Erinnerung  
 an  frühere  Perioden  den  Nachkommen  zu  hinterlassen,  ist  schwer  zu  
 entscheiden.  Nur  soviel  steht  mit Sicherheit  fest,  dass  ein verachteter,  
 von  allen  Partheien  gemisshandelter  Volkstamm,  die  B u sc hm ä n n e r,  
 die  ältesten Einwohner  dieses Theiles  des Continentes waren,  und  dass  sie  
 also  als  die  ursprünglichen  Besitzer  des  Landes  zu  betrachten  sind,  
 welches  jetzt  durch  die  Europäer  den  Kaffern  mit  bewaffneter  Hand  
 abgerungen wird. 
 Alle  diese  östlichen Gebirgsgegenden waren  vor  dem Eindringen  der  
 Kaffern  von  den  Buschmännern  bewohnt,  die  Berge  und  Flüsse  tragen  
 vielfach  noch  heute  ihrer  (oder  der  Hottentotten-)  Sprache  angehörige  
 Namen,  und  in  den Höhlen  und Felsklüften  finden  sich die  Spuren  ihrer  
 einstigen Anwesenheit. Dieser interessante Volksstamm, welcher durch seine  
 niedrige und  unschöne  körperliche Entwickelung  allerdings  stark  an  das  
 Affengeschlecht  erinnert und  daher vielfach  von Naturphilosophen  herbeigezogen  
 worden  ist mit Hinweis  auf eine mögliche Veredlung des Menschengeschlechtes  
 aus  niedrigen,  den  Quadrumanen  zugehörigen  Stufen,  war  
 wenigstens  nicht  in  jeder  Beziehung  auf  dem  niedrigsten  Standpunkte  
 stehen  geblieben.  Der schwächliche Körperbau des Buschmannes, welcher  
 ihn wenig  geeignet  machte,  durch  die  Stärke  des  Armes  den Feind  zu  
 bezwingen  oder  das Wild  zu  erlegen,  welches  er  zu  seinem Lebensunterhalte  
 brauchte,  wies  ihn  darauf  hin,  das  Fehlende  auf  andere Weise  zu  
 ersetzen,  und  so  fand  er  die  geheimen Kräfte  der Natur  aus,  um-seine  
 Pfeile  zu  vergiften.  Von  diesem  Volke  allein  werden  in  Süd-Afrika 
 vergiftete Waffen geführt, und zwar ist das Gift der Pfeile eins der stärksten,  
 welche bekannt  sind;  es  tödtet  selbst  grössere Thiere in wenigen Stunden.  
 Die Bereitung  desselben wird geheim gehalten,  doch  stimmen  die Autoren  
 darin  überein,  dass  der  Hauptbestandtheil  desselben  Schlangengift  sei;  
 dies wird in bestimmter Weise augemacht mit dem Safte von Euphorbiaceen  
 und  einer Zwiebel,  der Giftamavyllis (Ilaemanthus  toxicarius), welche mehr  
 klebrige  wie  giftige  Eigenschaften  besitzt  und  daher  nicht  den  wesentlichen  
 Stoff  ausmachen  kann.  Die Ungefährlichkeit  der letzten  Substanz  
 geht  schon  daraus hervor,  dass  die Buschleute  denselben  Saft zum Kitten  
 ihrer  Geschirre  benutzen.  Die  Pfeile  werden  in  kleinen  Köchern  aus  
 Aloerinde  getragen,  oder  sie  stecken  in  gekreuzter  Richtung  in  der  
 Kopfbinde und bilden  so,  die Spitzen nach oben gekehrt,  einen furchtbaren  
 Kranz,  aus  dem  der  Jäger  mit  grösser  Schnelligkeit-  seine  tödtlichen  
 Geschosse  versenden  kann.  Doch  nur  gegen  die  Thiere  des  Feldes  
 bedienten  sich  die  Buschmänner  dieser  schrecklichen  Waffen;  es  sind  
 wenig  Fälle  bekannt,  dringende  Nothwehr  abgerechnet,  dass  Europäer  
 durch  dieselben  gefallen  sind,  viel häufiger  aber Hottentotten-Hirten  und  
 andere Farbige,  die  sie  tödteten,  um  sich  in  den Besitz  der Heerden  zu  
 setzen.  Was  die Pfeile nicht.erreichen,  fangen  sie in  geschickt angelegten  
 Fallen  und  Schlingen,  wodurch  es  ihnen  gelingt  mehr  Strausse  in  ihre  
 Gewalt  zu  bekommen,  als  der Weisse  jemals  durch  die Büchse oder  auf  
 schnellem Pferde zu- erlangen vermocht hat. 
 Mit  dem  stärkeren Vordringen  der Farmer wurde  das Wild  sparsam  
 und  wollte  nicht  mehr  ausreichen  für  den  Unterhalt  des  Stammes,  
 wesshalb  die Buschmänner  sich vielfach mit  dem Viehdiebstahl  abgaben,  
 ohne  dass  man  ihnen  begreiflich  machen  konnte,  dass  sie  dabei irgend  
 welches Unrecht begingen. 
 Ermüdet  durch  die  ewigen Diebstähle,  welche  sie  nicht  zu hindern  
 vermochten,  und  gereizt  durch  einige  vereinzelte  Unthaten,  deren  
 übertriebene Berichte wie ein Lauffeuer das Land durchflogen,  betrachteten  
 endlich  die Boeren  dies  schwache Volk,  dessen  einzige  Stärke  in  seiner  
 List  bestand,  als  vogelfrei.  Die Landdroste  schickten Commandos  aus,  
 mit  den Befehlen  beauftragt,  die Unglücklichen  in  ihren  Schlupfwinkeln  
 aufzusuchen  und  vollständig  zu  vertilgen.  Solche Befehle  wurden  nicht  
 nur  gegeben,  sondern,  es  ist  schmachvoll genug,  es fanden  sich  auch  die  
 Leute  sie  auszuführen.  Die  Berichte  dieser  Commandos  sind  ganz  
 ähnlich  den Schusslisten  der  europäischen Treibjagden,  und  der Landdrost  
 notirte  seine  hundert  Buschmänner  mit  derselben Befriedigung,  wie  ein  
 Jagdgeber bei  uns  ebensoviel Füchse verzeichnet hätte. 
 Dr.  G.  Fritsch,  Drei Jalire  rn  Süd-Afrika.  -  7