allein die früher vorhandenen kleinen, aber dichten Blätter und hingen
Tranergewinden gleich von den verdorrten Zweigen herab. Dies war der
erste Ort, wo wir auf dieser Parthie ein reicheres, animalisches Leben an-
trafeu. Die Ebenen, sowie das wellenförmige Land, durch welches wir
bisher geritten waren, hatten wenig oder Nichts dargeboten: Einzelne
Falken schwebten hier und da über den kahlen, felsigen Höhen, von denen
das heisere Gebell des Pavians heruntertönte, die Capsche Krähe mit dem
weissen Halsband (Corvus seapnlatus Daud.) flog krächzend an den Seiten
des Weges auf; auf diesem selbst huschte zeitweilig eine muntere Eidechse
entlang, oder eine träge Landschildkröte schleppte mühsam ihren schwerfälligen
Körper durch den tiefen Saud, vor den einhergaloppirenden
Pferden sich schnell in ihren Panzer zurückziehend. Mit diesen spärlichen
Repräsentanten hatte es aber sein Bewenden gehabt, so dass ich mich um
so mehr an der plötzlich auftauchenden Mannigfaltigkeit der befiederten
Waldbewohner erfreute.
In B e lv e d e re angelangt, fühlte sich die Gesellschaft, nachdem wir
von Früh um 7 bis Abends um 6 Uhr mit einer Stunde Unterbrechung im
Sattel gewesen waren, zu mürbe, und das Städtchen Knysna schimmerte
zu nahe und einladend über das Wasser herüber, als dass wir, einmal abgestiegen,
uns dazu verstehen mochten, wieder aufzusitzen und die ermüdeten
Gäule weitere zwei Stunden um die breite Bucht herum, nach dem
Ziele unseres heutigen Marsches zu treiben. Es wurde beschlossen, im
Boote behaglich hinüberzurudern und unseren Schwarzen mit den leeren
Pferden nachkommen zu lassen.
Die Wasserfläche der K n y sn a , mit der See in naher Verbindung
und daher brakisch, umschliesst verschiedene flache, wegen der Untiefen
schwer zugängliche Eilande, welche Tausenden von Wasservögelu einen
Zufluchtsort gewähren. Wolken gleich erheben sich dieselben bei Annäherung
eines Feindes mit eigenthiimlichem Geräusch von dem Ufer und
ziehen in trägem Fluge nach der nächsten Insel hinüber, sich wohl hütend,
in Schussnähe zu kommen. Unsere stets bereit gehaltenen Gewehre wurden
daher wieder in Ruhe versetzt, ohne dass es auch nur einmal aus den
drohenden Mündungen gesprochen hatte, als wir mit Dunkelwerden an
dem kleinen Bollwerk in Knysna ausstiegen. Ein vei'hältnissmässig gutes
Gasthaus, nach englischem Styl eingerichtet, nahm uns auf, und bequeme
Betten gewährten Erholung von den iiberstandenen Mühsalen. Spät in der
Nacht langten auch unsere Pferde an, da der Führer sich in unserer Abwesenheit
weidlich gepflegt hatte.
Der nächste Tag war dazu bestimmt, einen Wasserfall in der UmDie
Knysna. Witte-Eis Rivior. Wasserfall, üeppige Farrenkräuter. ß l
gegend zu besichtigen; wir bedienten uns aber in Rücksicht auf unsere
müden Beine und die noch bevorstehenden Strapazen einer leichten Cart
ohne Bedeckung, das sicherste Fuhrwerk in diesen Wegen. Trotzdem
äusserte unser Kutscher, ein kleiner, schmächtiger, aber gewandter
Bursche, er würde sich wundern, wenn wir nieht umwtirfen, und noch
heute begreife ich es nicht, wie es möglich gewesen ist, ohne Umwerfen
durchzukommen, oder wie selbst die standhaftesten Räder eine solche
Fahrt aushalten können.
Mit wunderbarer Gewandtheit und Sicherheit lenkte der sehnige
Bursche die krachende Cart über die den Namen eines Weges sicher nicht
verdienenden Abhänge, oft nur durch Balanciren das Umwerfen vermeidend,
und ein lakonisches: „Een mooi Pad, Mynheer!“ *) war die einzige
Antwort auf einen Schmerzensschrei oder ein kräftiges Wort der zusammengeschüttelten
Passagiere. Glücklich langten wir an dem Platze
an, von dem unsere eigenen Beine das Werk vollenden mussten; ein
kurzes Stück ging es über eine kahle Höhe, und die wilde, bewaldete
Schlucht des W itte -E is R iv ie r ’s lag vor uns. Mühsam kletterten wir
über die glatten Binsen dem Abgrunde zu, in welchem unsere überraschten
Augen den Fluss sich hinabstürzen und in der dunkeln Tiefe verschwinden
sahen.
Fig. 11. Farrenkräuter in der Schlucht des Witte-Eis Rivier.
*) Ein schöner Weg, mein Herr!