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 Landes,  welche  von  den  nächsten Bergen  umschlossen  wird,  ist  seine  
 Welt,  was  darüber  hinaus  liegt,  nennt  er  „die  andere  Welt“.  So  
 schickte  ein  Boer  seinen  erwachsenen  Sohn  nach  dem  3  Stunden  entfernten  
 Sw e lle n d am ,  „um  die Welt zu  sehen“.  Ein  anderer,  in  dessen  Gesellschaft  
 viel über England  gesprochen wurde,  äusserte  sich  dahin,  dass  
 er  nicht  übel Lust  hätte  auch  hinzugehen  und  es  sich  anzusehen,  „ei  
 wüsste  nur  nicht  die  Ausspannplätze  in  diesem  Lande“.  Diese  Plätze,  
 Uitspan  im  Holländischen,  sind  nämlich  Stellen,  wo  reichliches  Futter  
 und  frisches,  gesundes  Wasser  vorhanden  ist;  man  muss  diese  Orte  
 kennen,  um  den  Ochsen beim Reisen  zu  geeigneter Zeit Rast  zu geben. 
 Als gute Eigenschaften  treten  an  den  Colonisten  hervor:  Gutmüthig-  
 keit,  Frömmigkeit,  Gastfreundschaft  und  Beharrlichkeit,  durch  welche  
 letztere Eigenschaft  sie  ihre Langsamkeit  theilweise wieder  gut machen. 
 Von  der Paarl  fuhren wir im Wagen  nach W e llin g to n ,  ein  kleines,  
 unbedeutendes Dorf,  wo  wir übernachteten,  und  am  ändern  Morgen  im  
 offenen,  zweiräderigen  Cart  hinauf nach  den Bergen,  die  hier  von  einem  
 Pass  durchschnitten werden.  Dieser  ziemlich  hohe  Pass,  B a in   s K lo o f  
 genannt,  bildet  einen  der Uebergänge  nach  dem  Innern  und  bietet  von  
 dem  allmälig  in  Windungen  .aufsteigenden Wege  weite Aussichten  nach  
 dem Lande, während  dieScenerie  in  der Nähe  höchst wild und romantisch  
 ist  durch  steile,  mächtige  Bergkuppen,  rauschende  Bäclie,  Wasserfälle,  
 wilde Schluchten,  überhängende  und  durchbrochene Felsen.  Die Anlage  
 des Weges,  der  an manchen  Stellen  an  die Gotthardtstrasse  erinnert,  ist  
 für Süd-Afrika  ein  bedeutendes Werk  und  wird  auch  immer  gut  in Ordnung  
 gehalten,  obgleich  die  schweren Regen,  welche  zuweilen  fallen/  die  
 Strassen  zeitweise  fast  unbefahrbar  machen.  Sehr  unnützer Weise  hat  
 man  an  einer Stelle  einen Tunnel  gegraben,  um  einen  nicht  sehr  bedeutenden  
 Bergvorsprung zu  vermeiden;  als  er fertig war,  fanden  die Leute  
 es  unmöglich  ihn  zu  benutzen,  weil  die  Wagen  sich  nicht  ausweichen  
 konnten,  und  liessen  das  sehr kostbare Werk  daher wieder  verfallen. 
 In  einem  kleinen,  einsamen Wirthshaus am Wege machten wir Mittag  
 bei  sehr  guter  Naturalverpflegung  und  setzten  dann  unseren Weg  nach  
 W o r c e s te r  fort.  Schon  bevor wir  das Gasthaus  erreichten,  hatte  ich  auf  
 Anrathen  des Kutschers,  der  ein  eifriger  Jäger  war,  das  Gewehr  ausgepackt, 
   da  die  Gegend  reich  an Fasanen,  (Francolinus  clamator  Smith)*) 
 *)  Hier,  wie  in  vielen  ähnlichen  Fällen,  ist  die  ältere Nomenclatur  wegen  der  
 grösseren  Einfachheit  beibehalten,  indem  soweit  als  thunlich  die  von  Smith  in  
 „South  Africain  Zoologie“  angewendeten  Namen  zu  Grunde  gelegt  wurden. 
 Bain’s  Kloof.  Worcester. 17 
 sein  sollte;  es  gelang  uns  aber  nur  einen  zu Gesicht zu bekommen,  der,  
 während  ich mich vorsichtig  anzuschleichen  suchte,  sich  sofort  empfahl,  
 als Dr.  Ch....i im  grössten  Jagdeifer  aus  dem Wagen  sprang  und  auf ihn  
 zulief.  Es  blieb  also  diesmal bei  der Bedrohung, und wir  setzten unseren  
 Weg weiter  thalabwärts  fort,  wo  wir  in  eine  wellige  Ebene  kamen,  die  
 mit  niedrigen  Büschen  besetzt  und  von  zeitweise  fliessenden,  kleinen 
 Bächen  durchzogen war. 
 Ein  grösser  Theil  der  Pflanzen  zeigt  hier  dieses  eigenthümliche  
 Wachsthum  (Bosjes  der  Holländer),  welches  die  Mitte  hält  zwischen  
 dem  krautartigen  und buschigen;  die Büsche  sind  gewöhnlich nicht über  
 2—5  Fuss, was  aber doch  hoch  genug  ist,  um  es  den kleinen Antilopen  
 möglich  zu  machen,  sich  darin  zu  verbergen.  Auch  Hasen  und Rebhühner  
 lieben  dieses  Gestrüpp  sehr  und  sind  schwer  genug  herauszubringen, 
   da  es  sich  sehr unangenehm  darin  geht. 
 Die beste Manier  zu jagen und  auch-die beliebteste  ist  in Afrika  die  
 vom  Sattel;  die  Pferde  werden  so  abgerichtet,  dass  sie  ruhig  stehen  
 bleiben, wenn  der Reiter  abspringt,  um  zu schiessen,  oder das geschossene  
 Wild  zu  holen,  sobald  nur  der Zügel  ihnen  über  den  Kopf heruntergenommen  
 ist.  Sie  gehen  sicher und  ruhig durch die. dichten Büsche, welche  
 auch  den  rüstigsten  Jäger  zu  Fusse  bei  der  stechenden  Sonne  ei müden  
 und  die  auch  durch  die besonders  im Sommer  zahlreichen Schlangen nicht  
 eben  einladend  sind  für Fussparthien.  Die  Gegend  war  durch  mannigfaltige  
 Vögel  belebt,  unter  denen  viele  einen  reichen  Farbenschmuck  
 zeigten,  so  vor Allen  die  Eisvögel,  Goldkuckucke  und  die  Kafferfinken,  
 deren  zahlreiche  Schwärme  die  Gesträuche  in  der  Nähe  des  Wassers  
 bedeckten. *) 
 W o rc e ste r,'w o se lb st  wir  am  Abend  glücklich  anlangten,  ist  ein  
 sehr  ausgedehnter  Platz  mit  regelmässigen  Strassen  und  gilt  für  einen  
 der  schönsten  in  Süd-Afrika;  die  Häuser,  welche  sehr  einzeln  an  den  
 langen  Strassen  stehen,  sind  auch  wirklich  recht  nett,  obgleich  das  
 Ganze nicht  den  lieblichen Eindruck macht wie  die Paarl. 
 Den  nächsten  Morgen  machte  ich  mit  Herrn  Sch. . . .  ff,  da  Dr. 
 Ch  i,  wie  er  sagte,  noch  den Platz  sehen,  eigentlich  aber nur  seine 
 Geläufigkeit  im Holländischen  an  beliebigen,  unglücklichen  Einwohnern  
 des  Ortes  probiren  wollte,  eine  Excursion  auf  die  benachbarten Hügel  
 der Stadt,  die  sich  recht  gut  belohnte.  Die Gegend war für Afrika unge- 
 *)  Qorythornis  cristata  Rebb.,  Alcedo  semitorquata,  Lamprococcyx  aureatus  
 L.  Gm.,  Chrysococcyx  cupreus  Lath.,  Euplectes  oryx  Sw.,  Eupl.  capensis  Sw.  
 Dr.  0. Fritsch,  Drei  Jahre  in  Süd-Afrika.  2