Buschmannhöhlen — Lahoron.
■Vernichtung eines Busehmannstammes; der Missionar Moffat; Motito; Kameel-
dornbäume mit Vogelnestern; Mannigfaltigkeit des Flugwildes.
Beständig standen mir die Bequemlichkeiten des Wagens nicht zu
Gebote, indem ich Seitentouren machte, welche mich von meinem beweglichen
Hause entfernten und die Wildheit des uncivilisirten Lebens in
vollem Maasse kosten Hessen. So machte ich von Kuruman aus, sobald ich
mich etwas im Dorfe umgesehen und wieder einmal als gesitteter
Europäer im Hause eines gewissen Herrn Levy am Tische gegessen
hatte, zu Pferde einen Abstecher nach einer Buschmannshöhle in der
Nähe von D a n ie ls Kuil. Die Entfernung des Ortes von Kuruman
beträgt etwa 45 englische Meilen, von denen ich die Hälfte am Nachmittag
des 4. zurücklegte. Als einzige Begleitung hatte ich einen alten
Hottentotten bei mir, der ein Packpferd mit einigem Proviant beladen am
Zaume führte. Als ich mich auf das Rösslein schwang und es unter
meinem nicht ganz unbedeutenden Gewicht den Rücken einzog, konnte
ich nicht umhin leises Bedenken zu hegen, ob dasselbe die zugemuthete
starke Tour würde aushalten können, aber der Versuch musste gemacht
werden, und ich hatte bereits verschiedene derartige Kraftstücke von
afrikanischen Pferden gesehen, so dass ich nicht ganz am Erfolge verzweifelte.
Frisch von Europa kommend hätte ich sicher nicht für möglich
gehalten, dass ein erbärmlicher, magerer Pony unter schwerem Reiter
und ohne anderes Futter als das dürre Gras am Wege und etwas
trockenen Mais am Abend in 2 mal 24 Stunden 90 englische Meilen
znrücklegen könnte, und doch erwies sich die Zumuthung nicht zu gross
für diese Pferderace, welche ebenso bewunderungswürdig ist durch ihre
Ausdauer, als abscheulich in Bezug auf die Gangarten. In kurzem, häufig
in Dreischlag übergehendem Galopp wird der grösste Theil des Weges
zurückgelegt, als Erholung gehen die Pferde dann einen sehr kurzen
Trab, der zwar dem Thiere Zeit gewährt zu verschnaufen, aber für den
Reiter sehr unangenehm ist. Schritt wurde nur ausnahmsweise geritten,
welche Erholungspausen mir mein braungelber Begleiter verkürzte durch
Notizen und Berichte über die Gegenden am Zambesi, am Ngamisee etc.
Waren seine Bemerkungen auch einfach und schmucklos, so trugen sie
doch den Stempel der Wahrheit und erschienen aus eigener Beobachtung
geschöpft.
Lebhaftes Interesse erweckte in mir seine Beschreibung des Eintretens
der Sumpffieber, welche Epoche zusammenfällt mit den frühen
Regen, Ende August und Anfang September. Es stellen sich in dieser
Zeit Dünste über dem Flusse ein, die wie ein dichter, weisser Dampf auf
dem Wasser lagern und anfänglich nur des Morgens, später aber einen
grossen Theil des Tages über stehen bleiben. Das Erscheinen des Nebels
ist das Warnungszeichen für alle nicht in der Gegend Einheimische zum
Aufbruch, indem dies Phänomen das Eintreten der Sumpffieber anzeigt.
Er bezeichnete in Uebereinstimmung mit vielen Reisenden die Mitte der
Regenzeit als die gesündesten Monate in den Fieberdistricten, eine
interessante Thatsache, welche zeigt, dass die ausgedehnten Ueber-
sehwemmungen der Regenzeit als solche nicht das Fieber erzeugen,
sondern die Fäulniss der frisch inundirten organischen Substanzen,
ebenso wie die Blosslegung derselben beim’ Aufhören der Regen neue
Fieberepidemien entstehen lässt. Die beste Zeit zum Aufbruch von
Kuruman ist im Anfang May, wonach man im Juli am Zambesi eintreffen,
gegen zwei Monate verweilen, im Anfang December aber wieder in
Kuruman sein kann. Dabei ist indessen an die leichten Wagen der Eingeborenen
gedacht, während man mit schwerem Wagen wohl besser
schon im April aufbriqht.
Ein solcher Zug gehörte für mich leider unter die frommen Wünsche,
welche traurige Thatsache ich übrigens zur Zeit weniger schmerzlich
empfinde als damals, wo ich von einer solchen Unternehmung noch mehr
Resultate erwartete. Von den gehegten Erwartungen wäre fast nur die
Jagd übriggeblieben, welche nach allen Berichten weiter im Lande noch
heutigen Tages sehr gut sein soll. Um sich aber an der Jagd zu erfreuen
und die ermüdenden Schwierigkeiten des Vorwärtskommens mit guter
Laune zu ertragen, sind Gefährten erforderlich; ohne diese kommt einem
der reichste Jagdgrund vor wie ein grosses Feld voll Schlachtvieh, und
man scheut sich zuweilen die Stille der Natur durch den Knall der Büchse
zu stören, wenn nicht der ermahnende Schuss eines Jagdgenossen lustig
aus der Ferne zu uns herübertönt. Die Eingeborenen waren mir als
Gefährten von sehr zweifelhaftem Werthe, denn meine Meinung von den
schwarzen Racen ist durch eine längere Bekanntschaft durchaus nicht
gestiegen, und ich fühlte mich stets wohler, wenn ich fern von den
Dörfern im Felde lag mit meinen drei Bechuanen, die mich wenigstens
kannten und nicht durch unverschämte Neugier und Betteleien um jeden
ruhigen Augenblick brachten, wie es in der Nähe einer Niederlassung
stets der Fall war.