nachdem ich einige Zeit gelauscht hatte, war es mir nicht mehr zweifelhaft,
dass Jemand versuchte, die aussen am Wagen befindliche Kiste zu
öffnen. Leise kroch ich heraus und gewahrte meinen geliebten Voorlooper
eifrig beschäftigt, das Schloss zu erbrechen. Durch mein plötzliches Erscheinen
erschreckt, hielt er ein, unschlüssig, was zu thun, obgleich er
mein Reitpferd losgebunden an der Hand führte und sich mit Hülfe desselben
schnell in Sicherheit bringen konnte. Hier galt kein Zögern: mein
Ruf brachte.alsbald den Diener, der unter dem Wagen schlief, an seine
andere Seite, und so zwischen zwei Feuer genommen, wagte er nicht zu
fliehen, wozu wohl auch die Furcht vor dem mir stets zur Hand liegenden
Gewehr das Ihrige beitragen möchte. Der Schurke wurde darauf von
meinem Diener in Gewahrsam genommen, er benutzte indessen einen unbewachten
Augenblick und eilte seinem Kumpan nach, der schon vorher
das Weite gesucht hatte. Wenn er auch die Richtung sollte verfehlt
haben, so bin ich doch überzeugt, dass er früher oder später mit ihm wieder
Zusammentreffen wird, denn Beider Weg führte zu demselben Ziele:
dem Galgen.
Ich sandte ihnen meine besten Segenswünsche nach, froh, dass ich
das Gesindel auf so bequeme Art losgeworden war und nicht die Mühe
hatte, sie wieder zurückzuschicken, was ich unter allen Umständen von
Colesberg aus gethan hätte.
Sorgen machte mir nur eine andere Angelegenheit, die mir stündlich
klarer vor Augen trat und noch viel Kummer zu bereiten versprach: Ich
musste einsehen lernen, dass ich meine Reise mit einem ganz falschen
Schritt begonnen hatte. Wie oft ist schon auf dieser Welt von Weisen
und Unweisen die Wahrheit des alten Spruches erkannt worden, dass der
Mensch nur durch Schaden klug wird, und dennoch muss sich dieselbe
noch täglich neu bewähren. Ich habe das Bedenkliche und Gefährliche,
sich in aussereuropäischen Ländern weisser Dienstboten zu bedienen,
bald von Anfang an eingesehen und öfters selbst ausgesprochen; trotzdem
musste ich gegen mein besseres Wissen in diese Falle gehen.
In Colonien mit eingeborener, farbiger Bevölkerung ist der Europäer
als solcher schon Herr, und so wird denn auch in Süd-Afrika jedem
Weissen der Titel „Baas“ beigelegt; ist er in untergeordneter Stellung
so bezeichnet man ihn wohl als „kleen Baas“, gleichviel wie gross oder
alt er ist, im Gegensatz zu seinem Herrn dem „oü Baas“, aber „Baas“
ist er unter allen Umständen. Es entspricht dies dem Ausdruck
„U’Mhlungo“ der Kaffernsprache, womit der Kaffer den Weissen anredet;
der Plural davon ist Amahlungi, Menschen europäischer Abstammung,
während Personen zu den eingeborenen Stämmen gehörig als A-Bantu
bezeichnet werden. Indem der Eingeborene alle Amahlungi als Wesen
betrachtet, welche den armen A-Bantu gegenüber von der Natur sehr
bevorzugt sind, wird es ihm schwer sich den richtigen Begriff von Herr
und Diener unter den Weissen zu bilden.
Entweder versteht er nicht den Unterschied zu machen und befolgt
den Befehl des weissen Untergebenen ebenso wie den des Herrn, oder er
erkennt die verschiedene Stellung Beider und behandelt dann den Diener
aus Bosheit wie seines Gleichen. Der Letztere findet in diesem Falle
meist die grösste Widerspänstigkeit bei seinen Axbeitsgenossen, er wird
verlacht und verspottet, so dass der Herr es fast unmöglich finden wird,
etwas durch ihn auszurichten, und ihn jedenfalls nicht als sein „alter ego
hinstellen kann. Unter allen Umständen wird der weisse Diener vereinzelt
bleiben, es fehlt ihm an Umgang mit seines Gleichen, und er spielt so
auf höchst natürliche Weise die Rolle der Fledermaus in der Fabel, welcher
weder Maus noch Vogel Spielgefährten sein wollten. Ganz so wie die
Fledermaus hocken diese Unglücklichen in ihren Schmollwinkeln und verfallen
der Hypochondrie und dem Heimweh, so dass die Herrschaft alle
mögliche .Mühe hat, um sie etwas aufzuheitern und zu zerstreuen.
Es ist hierbei vorausgesetzt, dass man es mit einem zuverlässigen
und anhänglichen Individuum zu thun hat, was an sich als eine Ausnahme
zu betrachten ist, da inEuropa vielleicht ganz zuverlässige Leute schwach
werden, wenn ihnen die Versuchung so nahe tritt, und sie es blos von
ihrem Willen abhängig glauben, selbst den Herrn zu spielen.
Die Unbehülflichkeit, welche die Europäer gewöhnlich den Anforderungen
des fremden Landes gegenüber zeigen, macht auch einen sonst
ganz geschickten Menschen in einem ändern Welttheil eher zu einem
Hinderniss wie zu einer Hülfe. Schwierigkeiten, über welche der im Lande
Erwachsene spielend hinweggeht, bringen den unkundigen Weissen zuweilen
sofort an das Ende seines Witzes. Ein einzelner Mann, oder zwei
gleichberechtigte, welche dieselben Interessen verfolgen, mögen wohl gut
vorwärts kommen, aber ein Herr spinnt mit seinem weissen Diener sicher
keine Seide in Afrika.
Wenn ich nun, obgleich mir dies Alles bekannt war, doch den Entschluss
fasste, einen Europäer für meine bevorstehendeReise zuengagiren,
so hatte ich besondere Gründe dafür: Es wurde mir ein zuverlässiger
Mann empfohlen, welcher wegen eines ziemlichen Grades von Bildung, den
er sich angeeignet h a tte , die Möglichkeit zu bieten schien, Einiges von
dem mechanischen Theil meiner Arbeiten auf ihn zu übertragen. Schlug