lange eiserne Nadeln, oben mit dem Halbmond verziert, an verschiedenen
Stellen durch die Haut gestossen, und mit diesen auf und abschwankenden
Eisen bewegte er sich durch die Menge in einem vorgehaltenen Tambourin
die Spenden der Gäste einsammelnd. Darauf begannen die eigentlichen
Spiele, zuerst ausgeführt von einem sehr dunkel gefärbten Malayen, der
aber, wenn auch vielleicht ein gutes Theil afrikanischen Blutes in seinen
Adern floss, sich doch viel von der Gewandtheit des ursprünglichen
Stammes bewahrt hatte. Er ergriff mit wilden Pantomimen die vor den
Priestern aufgestellten Dolche, deren runde Griffe oben mit Ketten verziert
sind als symbolisches Zeichen abgeschüttelter Knechtschaft, und
tanzte mit denselben vor dem Baldachin umher, bis er sich dieselben endlich
unter dem betäubenden Rauschen des Tambourins und den ermunternden
Gesängen der Zuschauer tief in die Brust zu bohren schien; doch
geschickt wurden die spitzen Klingen im letzten Augenblicke zur Seite
gelenkt, während das Auge den blitzschnellen Bewegungen kaum zu
folgen vermochte, und aufs neue begann das Spiel, sich mehrmals
wiederholend.
Dann brachte man Yatagans; die scharfen, gekrümmten Klingen
wurden feierlich erhoben und der Menge gezeigt, worauf der W affen tanz
sich unter noch wilderen, furchtbareren Stellungen erneuerte. Bald bewegte
sich die Klinge rund um den entblössten Hals in langen Zügen,, so
dass man jeden Augenblick den Kopf glaubte herunterfallen zu sehen,
bald um die nackte Brust, bald traf die Schärfe scheinbar mit voller Gewalt
den ausgestreckten Arm.
Als der Erste ermüdet war, trat ein Zweiter an seine Stelle, und so
folgten sich die Darsteller, indem sie sich an Wildheit und Schnelligkeit
der Bewegungen zu überbieten suchten, die ganze Nacht hindurch, nur
kurze Pausen einhaltend, welehe von den Priestern mit passenden
Sprüchen des Koran ausgeflillt wurden.
Das Spiel war kein so ganz harmloses, wie das zuweilen reichlich
fliessende Blut verrieth, doch der Gläubige erwartet, dass jede dabei zugefügte
Wunde unter Anwendung eines Spruches a u s . dem Koran sofort
wieder heilt; nur der* Ungläubige, welcher’ das Buch nicht achtet und
Böses im Sinne führt, erfährt Uebles dabei, was uns ein früher ebenfalls
bei diesen Spielen thätiger Malaye erklärte, dessen narbiger Arm allerdings
bewies, dass die Wunden nicht gerade gänzlich verschwanden.
Im festen Glauben an die Wunderkraft haben sich manche junge
Männer im wilden Taumel des Augenbliks schon schwere Verletzungen
dabei zugefügt; so schnitt sich einer die Zunge aus und liess sie in der
gläubigen Menge zur Erbauung herumgehen, sicher erwartend, sie würde
nachher wieder Zuwachsen. Das Blut steht meist sofort nach Beendigung
des Tanzes, doch scheint dies seinen Grund zu haben in der Anwendung
blutstillender Mittel in den Tüchern, welche zum Abwischen desselben
gereicht werden; die Tücher wurden in besonderer Weise aufgelegt und
nach einiger Zeit wieder entfernt, worauf die Wunden, wie die Menge
meinte, geheilt waren, da man dann wenig mehr davon sah.
Eine bestimmte Ansicht über den eigentlichen Sinn dieses Festes
scheint nur noch in wenigen der Malayen zu leben, wenigstens gelang es
uns nicht, etwas Sicheres darüber zu erfahren. Früher gewiss rein religiös,
ist es jetzt nur ein Schauspiel geworden, das von beliebigen Leuten, die
der Einrichtung und Ceremonien kundig sind, arrangirt wird und immer
reichen Zuspruch findet, da es für die Zuschauer ein grosses Vergnügen
und für die Darsteller eine Ehre ist, sich an diesen Kalifas zu betheiligen.
So bot sich in der Capstadt fast täglich etwas Neues, Interessantes
für den aufmerksamen Beobachter, und der gegen Erwarten lange Aufenthalt
daselbst wurde niemals drückend empfunden. Viel trug dazu
auch der Umstand bei, dass man sich wegen der bereits sehr vorgeschrittenen
Civilisation dieses Landes und des zahlreichen Verkehrs mit
Landsleuten in verhältnissmässig behaglicher Lage befand. Nur hie und
da guckte die ursprüngliche, afrikanische Wildheit verstohlen zwischen
den glänzenden Füttern hervor, mit denen man sie überkleidet hat. In
besonders origineller Weise zeigten sich diese Gegensätze bei einer Fahrt,
welche ich am 23. in Begleitung eines jungen Kaufmannes nach S om e rse t-
W e s t, einem Landstädtchen unfern der fa lsc h e n B ay gelegen, unternahm.
Die Harmlosigkeit der in Rede stehenden Landpartliie dürfte
vielen der geneigten Leser in einem Lande, welches europäische Phantasie
mit den wildesten Bildern auszuschmücken pflegt, unerwartet scheinen,
und ebendeshalb wurde es für geeignet erachtet näher darauf einzugehen,
zumal da sie zugleich ein gutes Beispiel für Leistungsfähigkeit afrikanischer
Pferde abgiebt.
Wir gedachten die Eisenbahn zu benutzen und begaben uns am
Nachmittag vollständig gerüstet und gepackt auf den Bahnhof, um dort
zu unserer freudigen Ueberraschung zu erfahren, dass der Zug bereits
abgegangen sei; entschlossen, uns durch dies Unglück nicht abhalten zu
lassen, kehrten wir der verrätherischen Eisenbahn den Rücken und machten
uns im eigenen Fuhrwerk meines Begleiters, nämlich im offenen Dog-
Cart mit einem Pferde trotz des heftig wehenden South-Eastem auf