hinter dem Hügel, auf dessen Verlängerung ich wanderte, und warf meinen
Schatten weit hinein in die Fläche unter mir; da bemerkte ich zu meiner
Ueberraschung, dass rings um denselben und weiter hinaus in seiner Verlängerung
sich ein lebhafter heller Schein hinzog, welcher den Schatten
in gleicher Weise beim Fortschreiten begleitete. Dies Phaenomen, welches
jedenfalls auf Irradiation der Sonnenstrahlen beruhte, verdankte die Lebhaftigkeit
seiner Erscheinung wohl der schweren, schwülen Luft, in welcher
die schräg hindurchgefallenen Strahlen stark gebrochen wurden. Ich habe
dieselbe Erscheinung in schwächerem Grade auch in den nächsten Tagen
bemerkt und auch von ändern Leuten gehört, dass sie dieselbe Beobachtung
gemacht hatten, während keiner derselben sieh erinnerte etwas
Aehnliches in Europa gesehen zu haben.
Langsam zogen wir nun unserem Ziele näher, noch aufgehalten durch
zeitweises Steckenbleiben im Moraste, welches ein Abpacken des Wagens
nothwendig machte. Ehe dann das Fuhrwerk wieder flott und alle die
Siebensachen aufs neue weggestaut waren, neigte sich der Tag zum Ende,
und die scheidende Sonne gebot dem ungeduldigen Reisenden ein unwiderrufliches
Halt. So kam es denn, dass wir erst am 24. August, also nach
einer Reise von mehr als einem Monat in Harrismith eintrafen, wo noch
im letzten Augenblicke die Deichsel brach, als wollte mir das Schicksal
einen Wink geben, dass ich unter Umständen noch viel länger das Vergnügen
des Campirens im Felde hätte gemessen können.
Zur Zeit meines Aufenthaltes in H a r r i sm i th zeigte sich dieser Ort
in seinem schönsten Gewände, welches er aber nur für wenige Tage im
Jahre anlegt. Die warm und klar herabscheinende Sonne brachte die
zahlreichen Pfirsichbäume in den Gärten mit einmal zur vollen Blüthe, und
prächtig hoben sich dieselben durch ihre zarte rosa Färbung zwischen
dem hellen jungen Grün .der Trauerweiden hervor. Die Häuser allerdings
trugen nicht viel dazu bei den heiteren Eindruck des Bildes zu erhöhen,
indem dieselben ärmlicher und unwohnlicher aussahen, als in den
meisten anderen afrikanischen Dörfern. Harrismith zeichnet sich aus durch
Aermlichkeit, wesshalb die Leute selbst es wohl spottweise Harriscarce
benennen. Die Bewohner wissen zuweilen nicht, wovon sie leben sollen,
indem es vorkommt, dass für mehrere Tage hintereinander kein frisches
Fleisch zu haben ist. Was würde eine deutsche Hausfrau wohl sagen,
wenn man ihr die Anforderung stellte, die Wirthschaft zu besorgen für
eine vielleicht grosse Familie, ohne Fleisch, ohne Milch und Butter, welche
letzteren Artikel ebenfalls zu Zeiten gänzlich fehlen, gewöhnlich wenigstens
spärlich sind. Ich glaube, die meisten meiner geehrten Landsmänninen
würden unter diesen Umständen Verzicht leisten und in Verzweiflung ein
Scepter niederlegen, welches sie glauben müssten nicht länger mit Ehren
führen zu können.
Aber in Afrika gewöhnt man sich an Vieles, was anderwärts unmöglich
erscheint, und die Leute helfen sich durch, auch wenn ihnen von den
Annehmlichkeiten eines europäischen Dorfes nicht mehr übrig bleibt, als
die frische Landluft, welche.man auch hier in vollem Maasse gemessen
kann. Blühen dem bescheidenen Einwohner dafür doch wieder andere
Freuden, welche für den blasirten Europäer nicht vorhanden sind, z. B.
das freudige Gefühl, welches sich im Magen zu regen beginnt, wenn er
hört, dass irgendwo ein Ochs geschlachtet worden ist, oder ein auf der
Jagd glücklicher Farmer Wild in das Dorf gebracht hat, Ereignisse, welche
die allgemeine Theilnahme des Ortes in Anspruch nehmen.
Die Leute haben selbst nur wenig Vieh und bleiben daher von den
Farmern der Umgegend abhängig, die in den Zeiten, wo dieThiere mager
sind, nicht gern schlachten und also auch kein Fleisch in das Dorf bringen.
Die Kühe aber geben in den trockenen Monaten so wenig Milch, dass selbst
auf viehreichen Farmen die Milch zuweilen knapp ist und unter allen Umständen
als etwas ganz Besonderes betrachtet und wohl dem Fremden vorgesetzt
wird, der dieselbe nicht zurückweisen darf, ohne Gefahr zu beleidigen.
Ich hatte in dem Hause eines Holländers, Herrn C s, wo ich ein
Unterkommen fand, allen Grund die Kunst zu bewundern, mit welcher die
Hausfrau unter solchen erschwerenden Umständen es verstand, die Tafel
so zu besetzen, dass man die Verpflegung nur loben konnte, obgleich ich
mir für Harrismith’sche Verhältnisse einen viel zu gesegneten Appetitvon
der Reise mitgebracht hatte. Indessen wäre auch bei der besten Verpflegung
Harrismith nicht der Ort, den sich e i n u n r u h i g e r Geist zum bleibenden
Wohnsitz erwählen möchte, und ich suchte so bald als möglich weiter zu
kommen.
Zu diesem Zwecke wurde von meinem Wirthe ein Ochsenwagen ge-
miethet, der aber erst von einer anderen Reise zurückkommen sollte, was
mich nöthigte, über 14 Tage zu verweilen. Den dadurch gegebenen Aufenthalt
benutzte ich zu einigen photographischen Arbeiten, indem ich hier
zum ersten Male Gelegenheit hatte, Farbige abzunehmen, welche sich selbst
als „Griqua“ bezeichneten, ohne dass ich jedoch die betreffenden Individuen
als besonders charakteristisch für diesen Stamm bezeichnen kann,
da sich in ihnen eine Beimischung von weissemBlut nicht verkennen liess,
wenn auch das Haar noch ganz kurz und wollig geblieben war. Auch