Bemerkenswerth war an diesem Platze noch ein kleines, drolliges
Intermezzo, veranlasst durch meinen Kutscher, welcher mich plötzlich mit
ängstlicher Stimme herbeirief zu einer kleinen Lache mit dem wissenschaftlich
nicht ganz correcten Ausruf: „ 0 , Master, Master come here,
there is a snakewith stripes and it has four legs on!“ *} Schnell eilte ich
zu Hülfe und sah, leider zu spät, -einen zierlich gezeichneten Skink im
Schilfe des Sumpfes verschwinden.
Bald schlossen sich bei der Weiterreise die drohenden Gewitterwolken,
trübe und schwer hingen die Nebel auf die hügelige Landschaft
herab, von Zeit zu Zeit einen feinen Regen ausschüttend, während in der
Ferne der Donner seine dröhnende Stimme hören liess.
Die feuchte Luft schien der Thierwelt behaglicher zu sein wie mir,
denn zahlreiche Lamprotörnis Hessen sich wieder am Wege sehen, eine
grosseLandkrabbe (Gaecarcinus) ging mit „Rechts schliesst Euch!“ quer
über den Weg:, die stieren Augen dabei wie ein echter Soldat seitwärts
gewendet, eine bunt gezeichnete Landschildkröte (Testudo pardalis Bell.)
lugte neugierig unter einem Spekboom **) (Portulacaria afra) hervor, und
am Abend traf ich einen Trupp Nashornvögel (Büceros abessynicus L.Gm.);
bedächtig schritten die mächtigen Thiere im Felde einher, bis ein wohlgezielter
Schuss einen von ihnen niederstreckte, worauf sie langsam die
Schwingen entfalteten und weiter zogen.
Noch bei guter Zeit kam ich die letzten Berge vor K in g -W illiam s -
T ow n herunter und sah das Städtchen vor mir liegen, dessen einladende
Häuser regelmässiger stehen, als es gewöhnlich im geräumigen Süd-Afrika
der Fall ist. Inwendig sieht es allerdings nicht so gut aus, und ebenso wie
an den. anderen Plätzen wird über Mangel an Leben und Verkehr geklagt.
In den Strassen war es wohl lebhaft genug, doch nur durch die sehr zahlreiche
farbige Bevölkerung, meist Kaffern, zu den Stämmen der sogenannten
R e d -K a f ir s gehörig, da sie sich vor ändern durch eine röthliche
Farbe auszeichnen, die nicht allein auf die Bemalung zurückzuführen ist.
Hier zum ersten Male erhieltich den Eindruck des Uebergewichtes der farbigen
Bevölkerung, dieWeissen verschwinden fast zwischen den markigen, dunklen
Gestalten mit den entschlossenen, wilden Gesichtern, welche die Strassen
*) Herr, komm’ hierher, hier ist eine Sehlange mit Streifen, die hat vier
Beine an.
**) Dieser Baum hat runde, fleischige Blätter, welche eine Lieblingsnahrung
der Elephanten bilden.
in ganzen Banden durchziehen zuFüss oder zu Pferde und zuweilen sogar
mit der Büchse in der Hand als Aufseher über Sträflinge fungiren.
Am 26. verliess ich King-Williams-Town unter heftigen Regengüssen,
welche den so schon schweren Weg mehr und mehr aufweichten und fast
unpassirbar machten. Fette Thon- und Mergelschichten bilden den Grund
und diese werden vom Regen so schlüpfrig, dass die Pferde kaum vorwärts
können. Zu Anfang führt der Weg durch wellenförmiges Land, bedeckt
mit langem Grase in so gleichmässiger Weise, dass die Gegend aussieht
wie ein Kornfeld, bevor die Aehren anfangen sich zu neigen. Hier und
da unterbricht eine dürftige Mimose oder ein Dornenbuseh die einförmige
Fläche, und für weite Strecken ragt kaum ein anderes Blatt oder Blume
zwischen den Halmen hervor als eine schöne, grossblühende Convolvulusart
nebst den feinen Blättern einer niedrigen, staudenartigen Leguminose, der
Elandsboonje *) (Elephantorrhiza?). Weiterhin in der Nähe eines Ortes,
F r an k fu r t genannt, führt der Weg über einen steilen Rücken, und hier zeigt
die Gegend wieder Baumwuchs, aber die Bäume, meist Yellow-Wood und
Keurboom, stehen nicht verbreitet über grössere Strecken, sondern dicht
in Flecken zusammengedrängt, sich so scharf gegen die reine Grasfläche
absetzend, wie es etwa in einem wohlgehaltenen Parke der Fall ist.
Während im Süden der Colonie der Mangel des Holzes wegen der
Bodenbeschaffenheit leicht begreiflich war, suchte ich hier vergeblich nach
einem hinreichenden Grunde, das spärliche Vorkommen der Bäume zu
erklären, da der Boden in ausgedehnten Districten gut genug ist, um
grösseren Waldungen hinreichende Nahrung zu geben, und es auch an
Feuchtigkeit nicht gebricht. Es bleibt nur übrig zu vermutlien, dass das
ungewöhnlich feuchte Jahr, welches ich gerade durchmachte, mich an vielen
Stellen Wasser antreffen liess,' wo häufig der Boden vielleicht für Jahre
trocken liegt,, und dass durch die anhaltende Trockenheit die jungen
Bäume zerstört werden. Dagegen spricht nur, dass sich die hier vorhandene
fleckweise Bewachsung scheinbar willkürlich vertheilt und durchaus
nicht auf die wasserreichsten Stellen beschränkt erscheint, wie es in
anderen Gegenden der Fall ist, wo sich grössere Bäume hauptsächlich nur
in den Schluchten finden. Dass sich die Gehölze so scharf gegen die Grasflächen
absetzen und sich so erhalten, hat zum Theil seinen Grund in den
Feldbränden, wodurch alle jungen Bäumchen von Zeit zu Zeit zerstört
werden. In diesen Gegenden würden Anpflanzungen eine bessere Aussicht
*) Der knollige bis 2 Fuss lange Wurzelstock dieser Pflanze wird in Späne
geschnitten und zürn Gerben der Häute benutzt.