
 
        
         
		wenn  das  afrikanische  Phlegma  den  Boer  vom  Kriege  zurückgehalten  
 hätte,  so  würde  der Kaffer  doch  sicher  so  lange  sich Uebergriffe  erlaubt  
 haben,  bis  der  Selbsterhaltungstrieb  dem Ersteren  die Waffen  in  die Hand  
 drückte. 
 So  zogen  sich  die  Wolken  drohend  am  politischen  Horizonte  
 zusammen,  und  die  Lage  der  Gränzdistrikte  war  eine  verzweifelte  zu  
 nennen,  aber  in Bloemfontein  merkte man wenig  davon.  Der Volksraad  
 ging  auseinander,  harmlos wie  er gekommen war,  ohne  auch nur  Schutz-  
 massregeln  von  irgend  welchem Belang  für  die bedrohten Distrikte  veranlasst  
 zu haben. 
 Die Stadt wurde  darauf wieder  sehr  still,  und man  hatte  volle Müsse  
 zu  einem beschaulichen,  arbeitsamen Leben,  zumal  da  ausserhalb  der vorgeschrittenen  
 Jahreszeit wegen wenig zu unternehmen war. 
 Ich  verbrachte  den  grössten Theil  des Maimonates  mit  Zusammenstellung  
 meines Tagebuches  bis  zu  diesem Datum  in  der Voraussetzung,  
 dass  ich später wenig Zeit  dafür haben würde. 
 -  Es  ist der Mai  als  der  erste Wintermonat  schon  ziemlich kalt,  aber  
 gerade  in  dieser  Jahreszeit zeigt  sich  die Pracht  des hiesigen Klima’s  am  
 günstigsten.  Ein  frischer,  angenehmer Wind  weht  über  die  dann  fahle  
 Grassteppe  und  erhält  die Luft, selbst unter Mittag kühl;  die Nächte  sind  
 allerdings  kalt  und  häufig  zeigt  sich  am  Morgen  der  Boden  mit  Reif  
 bedeckt,  aber  die  trockene,  regelmässige Witterung bewahrt  den Körper  
 vor Erkrankung. 
 Die  Freistaaten  sind  die  Landstriche,  welche  man  preisen  muss,  
 wenn  man  südafrikanisches  Klima  empfehlen  will,  die Uebelstände  der  
 Kolonie  und  des  Cap  treten  hier  nicht  hefvor.  Auch  wenn  sich  die  
 Wolken im Winter  sehr dicht aufthiirmen,  erfolgt doch selten ein Ausbruch,  
 und nie  ist  der Regen  von  langer Dauer.  Der Süd-Ost,  welcher  sich hier  
 allerdings  auch bemerkbar macht,  ist nicht  in dem Grade lästig, wie weiter  
 südlich, so dass trüber, umzogener Himmel bei frischer, zuweilen empfindlich  
 kalter  Luft  die  einzigen  Unannehmlichkeiten  in  seinem  Gefolge  sind.  
 Während  der Zeit,  welche  ich  im Freistaate verweilt  habe,  ist  der Wind  
 niemals so ungestüm geworden,  dass man seine Stärke unbequem empfunden  
 hätte,  und  auch  der Staub  war  dem  zu Folge nur mässig.  Im Frühjahr  
 dagegen  sollen  heftige  Stürme  häufig  sein,  wo  sich  dann  der  Staub  
 massenhaft  erhebt, wie  ein  dichter Nebel über  die Gegend  gezogen  kommt  
 und Alles mit  einer wahren Kruste überzieht. 
 Die  Gesundheit  des Klima’s  tritt  klar  zu Tage,  wenn  man  die  in  
 diesen Landstrichen  herrschenden Krankheiten  ins Auge  fasst;  Schwindsucht  
 ist  an Einheimischen  unbekannt,  ich  selbst habe nur Ausländer,  die  
 schon  sehr krank hierher kamen,  daran starben sehen;  andere,  bei welchen  
 das Uebel  noch  nicht  so  weit  vorgeschritten war,  befanden  sich  ausge-  .  
 zeichnet. 
 Die  hauptsächlichsten  Krankheiten,  veranlasst  durch  heftigen  
 Temperaturwechsel  und  andere  klimatische  Einflüsse,  sind  Hals-  und  
 Lungenentzündungen,  von  welchen  die  ersteren unter  der  diphtheritischen  
 Form  sich häufig  epidemisch verbreiten  und viele Kinder  dahinraffen. 
 Aber  trotz  des  vortrefflichen  Klima’s  ist  doch  der  Boer  selten  
 gesund,  was  wohl  in  der  unverständigen Lebensweise  und  dem Fehlen  
 jeder  geistigen  Anregung  seinen  Grund  hat.  Ausser  der  „V e rk o u d -  
 h e id * ) “ ,  welche  hier  wie  in  der  ganzen Welt  eine  grosse Rolle  spielt,  
 sind  es  gewisse  Symptomen complexe,  über  die  gewöhnlich  geklagt wird  
 und  die mit bestimmten Namen belegt werden. 
 Obenan  steht  in Folge der  trägen Lebensweise und  reizlosen Kost die  
 „A a n b e ije n “ ,  Hämorrhoidalleiden,  deren Verbreitung  eine  sehr  grosse  
 ist,  und  die vom  Boer  aber  auch  im  Kopfe,  in  der Brust  u.  s.  w.  gesucht  
 werden;  ferner  die  „B e n a a uw d h e id “ ,  worunter  bei Männern Asthma,  
 Schwindel,  bei  Frauen hysterische Leiden  verstanden werden;  endlich  die  
 „ Z in k in g s  “ , jedes  beliebige  rheumatische Leiden,  obgleich ursprünglich  
 für Kopfrheumatismen  gemeint.  Ist  der Boer  frei von  diesen Leiden,  so  
 hat  er  gewiss  irgend  wo  „ S t e e k e “ ,  was  eine  sehr  häufige Klage  ist;  
 beliebige  andere  Affectionen,  welche  mit  fieberhaftem Allgemeinbefinden  
 einhergehen,  werden  als  „Koorts-Ziekte“  bezeichnet;  Krampfanfälle,  besonders  
 bei  Kindern  hier  zu  Lande  zahlreich  vorkommend,  fasst  man  
 ebenfalls  als  eine besondere Krankheit  auf und belegt sie mit  dem Namen  
 „ S tu ip e 'S 
 Diese  etwas  populäre  Anschauung  wäre  an  und  für  sich  nicht  so  
 schlimm,  der Fehler  ist nur  der,  dass  sämmtliche Affectionen,  in  ein  derartiges  
 Schema  gebracht,  auch  demgemäss  von  den Leuten  selbst  nach  
 den  Regeln  der  „opregten  Halleschen  Medicijn“  kurirt  werden.  Bevor  
 der  Doctor  gerufen  wird,  sind  meistens  schon  sämmtliche  Mittel  der  
 Hausapotheke nach  einander,  oder, was  auch häufig genug  ist,  zu gleicher  
 Zeit probirt worden. 
 Wohl  in  keinem Lande  ist  der Unfug  der Patent-Medicinen  so  arg,  
 wie  in  Süd-Afrika;  nicht  nur  in  den  Apotheken,  sondern  in  jedem  
 beliebigen  Laden  im  Lande  werden  für  theueres  Geld  unter  den  hoch*) 
   Erkältung. 
 Dr.  0. Fritsch, Drei Jahre in Süd-Afrika.