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 Reise  durch  die  Colonie  —  Lange  Kloof. 
 Palmiot-Rivier;  Houw-Hoek;  Hotels  der  Colonie;  Leoparden  und  Paviane;  
 spärlicher  Baumwuchs;  Caledon;  Gastfreundschaft  der  Boercn;  Swellendam;  
 Hottcntottcnmischlinge;  Gauritz-Rivier;  Mosselbay;  George;  Montagu-Pass;  
 Abstecher  nach  der  Knysna;  Witte-Eis-Rivier;  der  neue Weg  nach  Lang-  
 Kloof. 
 In  mancher  Hinsicht  hatte  mein  Fuhrwerk  sicher  Aehnlichkeit  mit  
 einem Schiff,  nämlich  in  der gleichmässigen Bewegung,  dem  sogenannten  
 Boertrab,  mit  dem  es  über  die  Ebene  dahinzog,  wo  der  Weg  zuweilen  
 eben  war  und  glatt  wie  eine  Tenne,  während  es  gleich  darauf  wieder  
 stiess  und  schwankte  wie  ein  Fahrzeug  im  Sturme,  wenn  die  Bodengestaltung  
 wechselte.  Wie  in  der  Cabine  musste  man  dann  alles  Bewegliche  
 und  sich  selbst vor Anker  legen,  um  einigermassen  seinen Platz  
 zu  halten,  ohne  jedoch  im  Stande  zu  sein,  den  gewünschten  Erfolg  zu  
 einiger Zufriedenheit zu  erreichen. 
 Froh  und  munter  gestimmt,  dass  wir  die  im  Sommer  unerträgliche  
 Capstadt  hinter  uns  hatten,  erreichten  wir  den  S ir L ow ry ’s P a s s ,  von  
 dem wir noch  einmal  zurüeksahen  aufFalseBay und  die Tafelberggruppe,  
 und  fuhren  dann  durch  die wilden  Sandsteinfelsen  hinab  in  das jenseitige  
 Thal.  Die  zwischen  dem  Gestein  liegenden  Flächen  waren  üppig  geschmückt  
 mit  H e lic h ry s e n ,  welche  hier  eine  grosse  Mannigfaltigkeit  
 entwickeln.  In  blendend  weisser  Farbe  überziehen  sie  Schneefeldern  
 gleich  die Abhänge,  an  anderen Stellen  strahlen  sie purpurn  oder goldig  
 mit seidenartigem Glanze. 
 Im  Allgemeinen  macht  die  Gegend  einen  öden  Eindruck,  nur  hier  
 und  da  ist  sie  durch  Schaaf-  und  Ziegenheerden  belebt;  doch  plötzlich  
 senkt  sich  der Weg,  und  einer Oase  gleich  lacht  das  freundliche P a lm ie t  
 R iv ie r   dem  Reisenden  entgegen.  Fruchtbarer  Boden  und  reichliches  
 Wasser  begünstigen  hier  das  Emporwachsen  herrlicher  Eichbäume  und  
 europäischer Gartenpflanzen, welche  in üppigem Grün  das kleine, niedrige  
 Haus  umringen:  dies  war  der  erste  Uit-Span,  den  ich  auf meiner  Reise  
 machte. 
 Bald  brachen wir wieder  auf,  um  das  nicht mehr  ferne Houw Hoek  
 zu  erreichen, während  der Abend  schon  über  der Landschaft hereinbrach.  
 Die  schroffen  Berge  zur Seite  waren  mehrfach  in weisse Wolken  gehüllt, 
 herrührend von Feldbränden, welche  langsam  in  stetiger Linie gegen  den  
 schwachen  Wind  die  Abhänge  hinaufliefen,  bald  nach  eingebrochener  
 Dunkelheit die  Gipfel wie  feurige Bänder umgürtend. 
 Diese  Brände  werden  absichtlich  erzeugt,  um  die  niedrigen Büsche  
 stellenweise  einzuäschern,  weil  auf  solchen  Plätzen  dann  ein  besserer  
 Graswuchs  statffindet;  doch  glaube ich nicht,  dass  die Methode praktisch  
 ist,  da  auf  diese Weise  das  Land  immer  kahler  wird  und  zuletzt  auch  
 das  Gras  von  dem gänzlich  ausgedörrten Boden  verschwindet. 
 In Houw-Hoek  stiegen wir in  dem Hotel des Ortes ab.  Diese Hotels  
 der Colonie,  bei  uns Dorfkneipen  genannt,  sind  von  mehr  oder weniger  
 traurigen Beschaffenheit,  aber  fast  alle  suchen  einen  gewissen Glanz und  
 Luxus  zu  zeigen,  was  sie  von  unseren  Kneipen  unterscheidet.  Da  ist  
 immer  ein  oder  die  andere  Stube,  welche  durch  einige Luxusmöbel  von  
 europäischer Arbeit,  die  irgend  ein  unglücklicher Zufall  nach Süd-Afrika  
 verschlagen  hat,  durch  einige  schlechte  Kupferstiche,  Bilder  aus  Hode-  
 jonrnalen,  oder,  wenn  diese  Erzeugnisse  europäischer  Cultur  nicht  zu  
 beschaffen  sind,  durch  Gewinde  von  Strohblumen  und  anderen  Artikeln  
 der  Colonie  zu  einem  Prunkgemache  gestempelt  wird.  Zu  den  wirklich  
 hübschen  Zierden  eines  Zimmers  gehören  die  Decken  von  Springböcken  
 (Gazella  Eucliore  Gray),  von  verschiedenen  ändern  Antilopen  und  die  
 Tigerfelle,  welche  bei  dem  wohlhabenden  Farmer  häufig  die  Sitze  bekleiden  
 und  eine  sehr  angenehme Ruhestätte abgeben,  ünter  dem Tiger  
 ist  übrigens  nicht  der  wirkliche  Felis  tigris  zu verstehen,  sondern Felis  
 leopardus, welche Art von  denBoeren  allgemein als Tiger bezeichnet wird. 
 Dieses  TLler  ist  ^   ^ r   ganzen  Colonie,  wo  felsige  oder  bewaldete  
 Schluchten  vorhanden  sind,  noch  sehr  häufig  und  wird  wohl  nie  ausgerottet  
 werden,  da  es  schwer  aufzufinden  ist.  Den  meisten  Schaden  
 fugt  der  Leopard  den  Schaafheerden  zu,  welche  in  manchen Gegenden  
 stark  von  ihm  decimirt  werden,  doch  zieht  er Ziegen  vor.  Der Farmer  
 welcher seine Schaafheerden  von  Schwarzen  beaufsichtigen  lässt,  sieht  es’  
 daher nicht ungern, dass sein Hirt sieh einige Ziegen hält, weil er weiss, dass,  
 wenn  die  Ziegen  mit  seinen  Schafen  weiden,  das  Raubthier  sicher  die  
 ei steren  holen  und  sein  Vieh  verschonen  wird.  Ein  besonderer  Lieb- 
 . 3,  61  18  . f ’  auch  von  Pavianen  (Cynocephalus  ursinus  Licht),  doch  
 bekommt  ihm  dies  zuweilen  schlecht;  denn  wird  er  von  der  ganzen 
 zu  tT i  br nr  MOi'd Grwischt’  80  verfoI8t   iLu  ¿er zu Schlucht und  steinigt ihn. Haufe von Schlucht  
 •  ,  DieSe  Affen>  welche  eine  bedeutende  Grösse  und  Stärke  erreichen, 
 in  grösserer  Anzahl  gefährliche  Gegner,  und mancher  Jäger hat  es