Capitel Y.
Reise durch die Colonie — Lange Kloof.
Palmiot-Rivier; Houw-Hoek; Hotels der Colonie; Leoparden und Paviane;
spärlicher Baumwuchs; Caledon; Gastfreundschaft der Boercn; Swellendam;
Hottcntottcnmischlinge; Gauritz-Rivier; Mosselbay; George; Montagu-Pass;
Abstecher nach der Knysna; Witte-Eis-Rivier; der neue Weg nach Lang-
Kloof.
In mancher Hinsicht hatte mein Fuhrwerk sicher Aehnlichkeit mit
einem Schiff, nämlich in der gleichmässigen Bewegung, dem sogenannten
Boertrab, mit dem es über die Ebene dahinzog, wo der Weg zuweilen
eben war und glatt wie eine Tenne, während es gleich darauf wieder
stiess und schwankte wie ein Fahrzeug im Sturme, wenn die Bodengestaltung
wechselte. Wie in der Cabine musste man dann alles Bewegliche
und sich selbst vor Anker legen, um einigermassen seinen Platz
zu halten, ohne jedoch im Stande zu sein, den gewünschten Erfolg zu
einiger Zufriedenheit zu erreichen.
Froh und munter gestimmt, dass wir die im Sommer unerträgliche
Capstadt hinter uns hatten, erreichten wir den S ir L ow ry ’s P a s s , von
dem wir noch einmal zurüeksahen aufFalseBay und die Tafelberggruppe,
und fuhren dann durch die wilden Sandsteinfelsen hinab in das jenseitige
Thal. Die zwischen dem Gestein liegenden Flächen waren üppig geschmückt
mit H e lic h ry s e n , welche hier eine grosse Mannigfaltigkeit
entwickeln. In blendend weisser Farbe überziehen sie Schneefeldern
gleich die Abhänge, an anderen Stellen strahlen sie purpurn oder goldig
mit seidenartigem Glanze.
Im Allgemeinen macht die Gegend einen öden Eindruck, nur hier
und da ist sie durch Schaaf- und Ziegenheerden belebt; doch plötzlich
senkt sich der Weg, und einer Oase gleich lacht das freundliche P a lm ie t
R iv ie r dem Reisenden entgegen. Fruchtbarer Boden und reichliches
Wasser begünstigen hier das Emporwachsen herrlicher Eichbäume und
europäischer Gartenpflanzen, welche in üppigem Grün das kleine, niedrige
Haus umringen: dies war der erste Uit-Span, den ich auf meiner Reise
machte.
Bald brachen wir wieder auf, um das nicht mehr ferne Houw Hoek
zu erreichen, während der Abend schon über der Landschaft hereinbrach.
Die schroffen Berge zur Seite waren mehrfach in weisse Wolken gehüllt,
herrührend von Feldbränden, welche langsam in stetiger Linie gegen den
schwachen Wind die Abhänge hinaufliefen, bald nach eingebrochener
Dunkelheit die Gipfel wie feurige Bänder umgürtend.
Diese Brände werden absichtlich erzeugt, um die niedrigen Büsche
stellenweise einzuäschern, weil auf solchen Plätzen dann ein besserer
Graswuchs statffindet; doch glaube ich nicht, dass die Methode praktisch
ist, da auf diese Weise das Land immer kahler wird und zuletzt auch
das Gras von dem gänzlich ausgedörrten Boden verschwindet.
In Houw-Hoek stiegen wir in dem Hotel des Ortes ab. Diese Hotels
der Colonie, bei uns Dorfkneipen genannt, sind von mehr oder weniger
traurigen Beschaffenheit, aber fast alle suchen einen gewissen Glanz und
Luxus zu zeigen, was sie von unseren Kneipen unterscheidet. Da ist
immer ein oder die andere Stube, welche durch einige Luxusmöbel von
europäischer Arbeit, die irgend ein unglücklicher Zufall nach Süd-Afrika
verschlagen hat, durch einige schlechte Kupferstiche, Bilder aus Hode-
jonrnalen, oder, wenn diese Erzeugnisse europäischer Cultur nicht zu
beschaffen sind, durch Gewinde von Strohblumen und anderen Artikeln
der Colonie zu einem Prunkgemache gestempelt wird. Zu den wirklich
hübschen Zierden eines Zimmers gehören die Decken von Springböcken
(Gazella Eucliore Gray), von verschiedenen ändern Antilopen und die
Tigerfelle, welche bei dem wohlhabenden Farmer häufig die Sitze bekleiden
und eine sehr angenehme Ruhestätte abgeben, ünter dem Tiger
ist übrigens nicht der wirkliche Felis tigris zu verstehen, sondern Felis
leopardus, welche Art von denBoeren allgemein als Tiger bezeichnet wird.
Dieses TLler ist ^ ^ r ganzen Colonie, wo felsige oder bewaldete
Schluchten vorhanden sind, noch sehr häufig und wird wohl nie ausgerottet
werden, da es schwer aufzufinden ist. Den meisten Schaden
fugt der Leopard den Schaafheerden zu, welche in manchen Gegenden
stark von ihm decimirt werden, doch zieht er Ziegen vor. Der Farmer
welcher seine Schaafheerden von Schwarzen beaufsichtigen lässt, sieht es’
daher nicht ungern, dass sein Hirt sieh einige Ziegen hält, weil er weiss, dass,
wenn die Ziegen mit seinen Schafen weiden, das Raubthier sicher die
ei steren holen und sein Vieh verschonen wird. Ein besonderer Lieb-
. 3, 61 18 . f ’ auch von Pavianen (Cynocephalus ursinus Licht), doch
bekommt ihm dies zuweilen schlecht; denn wird er von der ganzen
zu tT i br nr MOi'd Grwischt’ 80 verfoI8t iLu ¿er zu Schlucht und steinigt ihn. Haufe von Schlucht
• , DieSe Affen> welche eine bedeutende Grösse und Stärke erreichen,
in grösserer Anzahl gefährliche Gegner, und mancher Jäger hat es