Kafferbier zu gütlich gethan hatte, gerade sein Räuschchen ausschlief
und also nicht um Erlaubniss gefragt werden konnte. Ich hätte die Dame
sonst gern in mein Album aufgenommen, als gutes Beispiel einer
Bechuanensehönheit, die, wenn auch nicht mustergültig nach den Gesetzen
der Kunst, doch unstreitig viel Angenehmes hatte durch ihre
natürliche Naivetät.
Ich sehe sie noch vor mir, wie sie herankam Tind mit eifrigen Geberden
mich zu veranlassen suchte, ihr die Aufnahmen zu zeigen; als ich
ihrem Gesuch willfahrte, malte sich weibliche Neugier und Verwunderung
lebhaft in den Zügen und die üppigen, massig aufgeworfenen Lippen
öffneten sich schalkhaft, zwei stattliche Reihen von Perlenzähnen enthüllend.
Auch das Zelt musste die Schöne in Augenschein nehmen, und
als ihr aus dem unheimlichen, dunklen Kasten der starke Aetherdunst
entgegenwehte, trat sie ganz bestürzt zurück, das Stumpfnässchen mit den
feinen Fingern verschliessend, während sie mir möglichst deutlich zu
verstehen gab, dass der Parfüm durchaus nicht nach ihrem Geschmack sei.
Leider gehören Personen wie diese oder Motuane zu den selteneren
Ausnahmen unter der weiblichen Bevölkerung, und die Meisten verdienen
die geringe Achtung, in welcher sie gehalten werden, sowohl durch ihre
niedrige geistige und körperliche Entwickelung, als auch durch ihre
Sittenlosigkeit. Im Bechuanenlande werden die Frauen'nicht wie bei den
Basuto’s durch Kauf erworben, sondern nur durch freiwillige Geschenke
von Glasperlen, Tüchern u. dgl., welche Sachen der Bräutigam theils den
Aeltern, theils seiner Zukünftigen selbst Übermacht; die unverheiratheten
Mädchen sind daher auch unter geringerer Aufsicht, und selbst nachdem
sie verheirathet sind, wird ihr Lebenswandel wenig controlirt. Häufig
genug sieht der Herr Gemahl der Frau die Liederlichkeit nach, wenn sie
nur nicht ohne sein Wissen handelt und er gut bezahlt wird.
Die Missionäre schreiben diesen Zustand der Gesellschaft gewöhnlich
dem Einflüsse der weissen Händler zu, und es lässt sich nicht leugnen,
dass der materielle Vortheil, welchen diese zu gewähren im Stande sind,
die Betreffenden stark anzulocken vermag, sowie dass diese Herren, das
wenigste zu sagen, etwas frei sind in ihren Grundsätzen. Man sieht
indessen vielfältig unter dem männlichen Theil der schwarzen Bevölkerung
dieselbe laxe Moral, und zwar bei Stämmen fern von europäischem
Einfluss, so dass es sich kaum bestreiten lässt, die Sittenlosigkeit liegt
im afrikanischen Blut und ist nicht erst von Europa importirt. „ Wo ein
Aas ist, da sammeln sich die Adler!“ und wo etwas zu erschnappen
ist, sammeln sich die unschuldigen Kinder der Wildniss, von denen
wenigstens drei Viertel ihre Seele verkaufen würden, wenn ihnen Jemand
für diesen Artikel etwas bezahlen möchte; was Wunder, dass sie ihre
Frauen verkaufen und die Mädchen sich selbst feilbieten?
Das Volk trieb sich beständig beim Wagen herum, und es fehlte
somit nicht an Stoff, Gruppen von Eingeborenen aufzunehmen, wenn nur
das unaufhörliche, rastlose Hin- und Herrennen und die klimatischen
Einflüsse die Sache nicht zu einer yerhältnissmässig schwierigen gemacht
hätten. Um 10 Uhr Morgens schloss ich wegen der alsdann eintretenden,
austrocknenden Hitze gewöhnlich meine photographischen Arbeiten,
schulterte das Gewehr und ging aus, um mich nach meinem Mittagessen
umzusehen. Die häufigste Ausbeute bestand in Perlhühnern, bei welcher
Jagd man sich auch unfehlbar den nöthigen Appetit zum Essen verschafft,
indem die Vögel bekanntermassen ausserordentlich schnell zu laufen vermögen,
und man flink hinter ihnen an sein muss, um zum Schuss zu
kommen. Wenn man im schnellsten Trabe unter afrikanischer Sonne
einen felsigen Abhang hinauf geeilt ist und, oben angekommen, die Kette
Perlhühner, der es galt, in sicherer Entfernung aufstehen und einer
anderen Bergkuppe zufliegen sieht, empfindet man etwas von der Verachtung
gegen die Ausreisser, welche der Fuchs in der Fabel gegen die
saueren Weintrauben äusserte; doch wenn man sich erinnert, dass der
Topf beim Lagerfeuer mit etwas Geniessbarem gefüllt werden muss, im
Falle wir nicht ohne Mittagessen bleiben wollen, so setzt sich der
ermüdete Jäger seufzend aufs neue in Bewegung, um zu versuchen, ob
das Glück ihm beim nächsten Male günstiger sein möchte.
Sobald man wusste, dass die drückendsten Nahrungssorgen beseitigt
waren, änderte sich der Charakter der Jagd sehr wesentlich, und anstatt
dem täglichen Brode. nachzugehen, konnte der Jäger den Gentleman spielen,
seiner Laune folgend Vögel schiessen, Insekten sammeln, oder sich an
der landschaftlichen Scenerie erfreuen.
In Rücksicht auf die Letztere zog ich stets eine gewisse Kluft unfern
der Stadt allen anderen Plätzen vor und darf behaupten, dass die
Schönheit dieses Ortes wetteifern kann mit den romantischsten Parthien,
welche ich je in den Alpen zu sehen Gelegenheit hatte. Die steilen Felswände,
welche nur gerade so viel Raum freilassen, als der klare Bach im
Grunde ausfüllt, sind stark zerklüftet und stellenweise in wilde_Blöcke
zertrümmert, zwischen und auf denen sich die afrikanische Flora durch
die geschützte Lage in ihrer ganzen Ueppigkeit entwickelt. Während die
nächsten, schroffen Felsen nur niedrige Aloen, kriechende Euphorbiaceen,
Stapelien und ähnliche Gewächse zu tragen vermögen, die sich ängstlich