Auge (eins ist erblindet und halb geschlossen) auf eine Person richtet
und mit satanischem Lachen einen stark vorragenden Eberzahn des
Unterkiefers fletscht. Auch das passende Beiwerk fehlte dem Bilde nicht,
indem die Räthe, welche neben dem Häuptling an der Erde hockten,
nicht weniger schmutzig waren, als dieser selbst, und einer der Höflinge
war eifrig damit beschäftigt, seiner Majestät die Läuse aus dem Pelz zu lesen,
was eine sehr lohnende Arbeit zu sein schien. Dieser letztere Umstand
ist ein auffallender Unterschied von den Sitten mancher europäischen
Höfe, wo so häufig die nächste Umgebung des Monarchen eifrig bemüht
ist, ihm über gewisse Dinge einen Floh ins Ohr oder Läuse in den Pelz
zu setzen. .
Die Hofgesellschaft Sekomi’s war sehr gemischt, auch wörtlich
genommen, da. sich mehrfach zwischen den weichlichen, schmierigen
Bechuanengesichtern, die finstern aber männlichen Züge der Matebele’s
einschoben, mit den breiten Stirnen, den flachen aber kräftig entwickelten
Nasen und den stolz aufgeworfenen, bärtigen Lippen. Es waren dies
Flüchtlinge, welche vor der mörderischen Hand Moselekatse’s ihr Heimath-
land verlassen und bei den benachbarten Bamangwato’s Schutz gesucht
hatten; ein häufiges Vorkommniss, welches diesem Stamm Bestandtheile
zuführt, deren allmälige Vermehrung endlich zu einer gänzlichen Vermischung
führen könnte, weil nur ein kleiner Theil der Geflohenen wieder
zurückkehrt.
Eine Parthei des Hofstaates fehlte in der Khotla und verkehrt überhaupt
nicht so beständig daselbst, das waren die ältesten Söhne Sekomi’s:
Kama und Gamanyani. Sie hätten die Harmonie des Bildes auch nur
gestört, denn wohl selten ist das Sprichwort: der Apfel fällt nicht weit
vom Stamm! so sehr Lügen gestraft worden, als in diesem Fall. Während
der Vater trotz aller Bemühungen der MisBionäre, die angeborene Wildheit
zu mässigen, unverändert in seinem wenig über das Thier erhabenen
Zustande verharrt, sind seine ältesten Söhne glänzende Ausnahmen von
dem Durchschnittscharakter der Bechuanen und gereichen der Thätigkeit
der frommen Herren zur grössten Ehre. Es freut mich, dass mir durch
die Bekanntschaft mit Kama Gelegenheit gegeben worden ist, einen
Schwarzen namhaft zu machen, den ich mich unter keinen Umständen
schämen würde meinen Freund zu nennen. Das einfach bescheidene
und dabei doch edle Benehmen dieses Häuptlingssohnes erweckte ein
wohlthuendes Gefühl, wie ich es bisher noch niemals in der Gesellschaft
von Schwarzen empfunden hatte; konnte ich mich doch dadurch überzeugen,
dass es wirklich* nicht die Farbe war, was mich gegen die
aethiopische Raee einnahm. Der andere Bruder, Gamanyani, soü sich im
Unterricht noch mehr durch Intelligenz hervorthun, aber er hat die Zudringlichkeit
der Bechuanen nicht abgelegt, wenn er auch sonst vortheil-
haft von seinen Stammesgenossen absticht.
Was für ein trauriges Geschick ist es nicht für einen Mann wie
Kama, in einen dem Untergang geweihten Stamm geworfen zu sein, welchen
der beste Führer schwerlich davon
erretten dürfte, und der Sohn zu
sein eines Mannes wie Sekomi, der
mit Neid und Missgunst auf die höhere
Bildung desselben herabsieht.
Leute, welche den Charakter des
Häuptlings genau kennen, sind sehr
besorgt um das Leben des Sohnes, da
grosse Gefahr vorhanden ist, dass Sekomi,
geleitet durch das Misstrauen
gegen die Weissen, Kama, den Freund
derselben, auf die Seite schafft. Was
ihn zunächst davon zurückhält, ist
nicht die Liebe zu seinem Sohne, sondern
die Furcht vor der starken Par-
F 74 thei desselben unter demStamme selbst,
Kama, Thronfolger der Bamangwato’s. welche leieht den Donnerkeil auf ihn
zurücksenden könnte.
Einer der Führer dieser Oppositionsparthei lag bei meiner Ankunft
im Orte auf dem Tode, und ich besuchte den Mann auf Kama’s Bitte hin
an einem der nächsten Tage, zum grössten Aerger Sekomi’s, der den
Todesfall bereits als Thatsache angenommen hatte. Mit tiefem Ingrimm
äusserte er darüber zu seiner Umgebung: man hätte die Weissen kommen
lassen, welche den Mann wieder von denTodten aufwecken sollten,
er wüsste wohl, sie verständen solche Sachen.
Ich hätte dem Bösewicht gern den Schabernack gespielt, aber leider
fand ich den Patienten in einem hoffnungslosen Zustand. Er litt an den
Folgen einer alten Lungenentzündung, welche tuberculisirte, und der
Collapsus hatte bereits einen sehr hohen Grad erreicht. Vielleicht hätte
er sich durch die angewandten Mittel noch einige Zeit gehalten, aber es
wurden ihm von den pflegenden Weibern in der Nacht Kaffermedizinen
gegeben, welche seinen Zustand so verschümmerten, dass er am nächsten
Tage soporös wurde und in meinem Beisein starb. Obgleich das trau