Capitel XI.
Jagdausflug in die Steppe — Boshof.
Fata morgana; Aasgeier; Schwierigkeiten der Orientirung; Distanzen abschätzen;
die Termiten; zweite Fahrt nach Boshof; Familienleben der Boeren; Döppers;
Ausgrabungen.
Im Ochsenwagen, unserem beweglichen Hause, zogen wir hinaus in
das Feld und lagerten uns in der Nähe kleiner Wasserbecken, Pfannen
genannt, um welche sich das Wild zusammenzieht. Die Thiere waren
nicht so zahlreich als gewöhnlich und erwiesen sich ziemlich scheu, so
dass mein weittragendes Gewehr ztir vollen Geltung kam. Ich schoss
mein erstes Wilde Beest aus einem Trupp auf 700 Schritt, und selbst auf
diese Entfernung hatte die Kugel das ganze Becken oberhalb des Hüftgelenkes
zerschmettert und war erst auf der anderen Seite unter der Haut
ermattet; ein einzelnes Gnu erlegte ich auf 400 Schritt, einen Springbock
auf 300 Schritt.
Diese Art zu jagen ist aber weder die gewöhnlichste noch die
practisehste, Schüsse auf die oben angegebenen Entfernungen werden nur
ausnahmsweise gemacht, da man in der Regel dem Wilde mit Hülfe der
Pferde aufjagt. Auch wir hatten unsere Gäule mitgenommen, Ch — n 4,
ich 2, die meinigen waren aber bei dem eintretenden Mangel an Gras
und wegen der überstandenen Reise nicht in dem Zustande, um als Renner
Grosses zu leisten, während die anderen frische Pferde waren, die nun
in Ermangelung anderer Nahrung mit Kafferkorn gefüttert wurden.
So lange man die Thiere nicht nöthig hat, laufen sie gekniehaltert
im Felde, d. h. es wird der Riemen am Halfter um ein Vorderbein geschlungen,
wodurch man schnelles Laufen verhindert; die afrikanischen
Pferde sind so daran gewöhnt, dass sie sich durch dieses Hinderniss gar
nicht belästigt fühlen. In der Nacht werden sie gespannt, .indem man die
vorderen Fesseln durch einen Riemen eng zusammenbindet; sie können
dann die Vorderfüsse nur gleichzeitig bewegen und daher nur sehr
mühsam laufen. Gewöhnlich halten sich die Pferde ruhig beim Wagen,
in so fern sie nur Wasser und Futter in der Nähe haben und kein Platz
in der Umgegend ist, den sie genau kennen; ausnahmsweise laufen aber
selbst gespannte Pferde in der Nacht meilenweit zurück nach der Farm,
von der sie gekommen sind.
Am Morgen, wo der kalte Wind den Schläfer frühzeitig munter
macht, erhebt man sich, lugt heraus aus dem Wagen und die erste Frage
ist: Wo sind die Pferde? Die Farbigen mit den scharfen, an die Steppe
gewöhnten Augen haben die Thiere schnell selbst in grösserer Entfernung
entdeckt und werden nun ausgeschickt, sie zusammenzutreiben.
Unterdessen brodelt ein Kesselchen mit Café an dem spärlichen
Feuer von Reisern oder häufiger von trockenem Kuhdünger, und der zwar
etwas trübe, aber kräftige Trank verscheucht das leichte Frösteln des
Morgens. Die Toilette nimmt im -Felde nicht viel Zeit in Anspruch, die
Ausrüstung ebensowenig; der Schiessgürtel, an dem die schmale Kugeltasche
und das Pulverhorn hängt, wird umgeschnallt, das unterdessen
herbeigekommene Pferd gesattelt, und damit ist Alles zum Aufbruch vorbereitet.
Nachdem der Jäger ein Stück Brodkuchen, wie er von den
Schwarzen auf dem Rost gebacken wird, als Morgenimbiss genossen hat,
ergreift er seine Büchse, schwingt sich in den Sattel, und dahin geht es in
den herrlichen, frischen Morgen hinaus.
Was ist nun das Ziel, welches uns leitet? Wohin sollen wir uns wenden
in der unabsehbaren Fläche? Da ist kein Zaun, der uns einschränkt,
kein Gränzstein, der sein drohendes: Memento! dem Jäger zuruft. Frei
von allen beengenden Gränzen der Civilisation, frei von jeder Sorge des
alltäglichen Lebens, frei von aller Krankheit und Noth, — so fühlt man
sich in der winterlichen Steppe des inneren Afrika. Niemand, der nicht
selbst die Zauber dieser Gegenden gekostet hat, kann sich eine Vorstellung
machen von dem wonnigen Gefühl, mit dem man hier auf frischem Pferde
durch die Gefilde einherjagt.
Von bläulichem Duft überlagert, dehnt.sich die Fläche rings um uns
aus, nur der Horizont ist besetzt mit mannigfaltig gestalteten Bergformen,
bald wie riesige Häuser, bald wie Dome erscheinend, durch die Fatamorgana,
welche alle entfernten Gegenstände in wunderbarer Weise umgestaltet
.S
ieh! Die mächtigen Kuppeln, welche sich dort hinten in der Ferne
erheben, sie sind nichts als die Trauerweiden einer bereits unter dem Horizont
verschwundenen Farm, welche, durch die Luftspiegelung gehoben
und vergrössert, dem Wanderer wiedererscheinen. Was sind das für
Seen dort hinten, in denen sich die Sonne mit ihren glänzenden Strahlen
spiegelt? Jene ganze Bodensenkung scheint erfüllt zu sein mit köstlichem
Wasser! Alles eitel Trug und Blendwerk, geehrter Fremdling; die untersten
Luftschichten, durch die.Strahlung vom Boden erwärmt, reflectaren das
Sonnenlicht und spiegeln Seen vor, wo der Verschmachtende die düire