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 Zeit  in  einem  eisernen  Zellengefängniss  zu  stecken,  wo  man  noch  nicht  
 so  viel  Raum  hat,  wie  in  derartigen  Oertlichkeiten  am  Lande  gewährt  
 wird,  und  dabei  abhängig  zu  sein  von  allen  anderen  Mitgefangenen,  
 sucht  man  sich  möglichst  zu  beschönigen.  Es  wird  musicirt,  Karten  
 gespielt,  parlirt  etc.,  je  nach  der  Laune“ des  Augenblicks,  aber  selten  
 vergisst  der  Reisende  vollständig,  dass  er  doch  nur  ein  Gefangener  ist,  
 es  sei  denn,  dass  eine  besondere Leidenschaft  für  das  „Dolce  far niente“  
 vorwaltet.  Selbst  die  originellen  Phaenomene  der  See,  die  prächtigen  
 Sonnenauf-  und  Untergänge,  die  wechselnden  Färbungen  des  Himmels  
 und  des  Wassers,  die  regelmässigen  Luftströmungen,  das  Meeresleuchten, 
   sowie  die  verschiedenen Bewohner  des Meeres  fesseln  die Aufmerksamkeit  
 nur für  eine gewisse Zeit. 
 Auch  wenn  die  Seekrankheit  keine  dusteren  Schatten  in  das heitere  
 Bild  des  Seelebens  wirft,  wenn  kein  Orkan  oder  anderes Ungemach  die  
 Passagiere  nöthigt  ernste  Besorgnisse  zu  hegen,  tritt  nach Ablauf  eines  
 Monats  eine  unwiderstehliche  Sehnsucht  ein  nach  grünen Gefilden,  nach  
 dem  rührigen  Treiben  einer  geschäftigen  Stadt  und  dem  Anblick  von  
 Feldern,  über  welche  eigene  Kraft  den  Menschen  zu  tragen  vermag.  
 Die  öden,  rauschenden  Flächen,  durch welche die  unermüdliche  Schraube  
 im  ewigen  Wirbel  das  Schiff  einhertrieb,  hatten  für  mich  wenigstens  
 ihren  Reiz  längst  verloren,  als  der  Monat  zu  Ende  ging,  und  neues  
 Leben  rieselte  durch  den  in  eine  gewisse Lethargie  versunkenen Körper,  
 als  der Kapitän  am  6.  September  uns  die  sichere Erwartung  aussprach,  
 wir würden,am  nächsten Tage in  die T a f e lb a y   einlaufen. 
 Obgleich  ein  plötzlich  über  uns  hereinbrechender  Südost-Sturm,  
 wie  dieselben  häufig  in  den  Cap-Seen  herrschen,  die  Hoffnungen  
 vereiteln  zu  wollen  schien,  gelangten  wir  doch,  Dank  der  Trefflichkeit  
 des  Dampfers,  am  nächsten Morgen  in  Sicht  des T a f e lb e rg e s ,  und  im  
 Laufe  des  Vormittags  entfaltete  sich  das  Panorama  dieses  Berges  mit  
 der  am Fusse gelegenen Stadt immer herrlicher vor unseren Blicken. 
 Um  2Va  Uhr  kam  uns  das Boot,  zur Aufnahme  der Post bestimmt, ;  
 entgegen  und  brachte  einige  sehnsüchtige  Bewohner  der  C a p s ta d tauf  
 unser  Deck;  um  3  Uhr  waren  wir  im  Hafen,  der  Anker  fiel,  und  
 die  Maschine,  welche  uns  durch  2,720,000  Umdrehungen  der  Schraube  
 soweit befördert hatte,  ruhte  aus  von  ihrer Thätigkeit. 
 Bald  darauf  legten  auch  mehrere  Boote  an,  um  die  Passagiere  
 ans  Land  zu  bringen,  und  im  Augenblick  war  das  Verdeck  überschwemmt  
 mit Menschen  von  einer Mannigfaltigkeit  der Farbe,  GesichtsAnkunft  
 am  Cap. 3 
 bildung  und  Wuchs,  dass  dem  Anthropologen  schwindelig  ward  im  
 Anschauen  derselben:  Europäer  aller  Länder,  in  Afrika  geborene  
 Abkömmlinge  derselben, Kaffern, Hottentotten, Mozambiquer und  ausser-  
 dem  noch  Malayen,  Alles  in  einem  bunten  Gewirr  durch  einander  
 gemischt;  das  waren  etwa  die  Bestandtheile  der  Bevölkerung,  die  sich  
 vor uns herumtummelte. 
 Das  Sinken  des  Tages,  die  Unmöglichkeit  mein  Gepäck  heraus-,  
 zubekoüimen,  sowie  die  Rauhigkeit  der  See,  die  immer  wilder  vom  
 South-Eastern  gepeitscht  wurde,  bewogen  mich  noch  bis  zum  folgenden  
 Morgen  auf  dem  Schiffe  zu  bleiben,  und  ich  hatte  also  volle  Müsse  das  
 neue,  überraschende Bild  zu  betrachten.  Erst  gegen Abend  verlor  sich  
 die  Menge  nebst  einem  Theil  der  Passagiere  und  liessen  das  Schiff  
 einsam  und  still  zurück.  Der  Wind,  dessen  Heftigkeit  immer  zunahm,  
 ging  nach  Süd-Süd-Ost  herum.,  der  Himmel  war  völlig  wolkenlos  und  
 die  Luft  empfindlich  kalt,  so  dass  es  kaum  auf  dem  Deck  auszuhalten  
 war.  Wir  hatten  so  das  volle  Bild  des  berüchtigten  Sturmes,  der  am  
 Cap  oft  mehrere  Wochen  in  ungeschwächter  Heftigkeit  weht  und  die  
 Schiffahrt  in  diesen  Gegenden  besonders  gefährlich  und  beschwerlich  
 macht.  Mit  dem  Aufhören  des  S o u th -E a s te rn   tritt  stilles,  meist  von  
 grösser  Hitze  begleitetes  Wetter  ein,  oder  der  Sturm  beginnt  nach  
 kurzer Unterbrechung  von  neuem,  was  den Aufenthalt  in  der  Stadt  sehr  
 unangenehm  macht  Diese  Zeit  nahm  gerade  ihren  Anfang,  und  wir  
 waren  so  glücklich  den  Erstling  der  neuen  Periode  zu  beobachten  und  
 zu  geniessen. 
 Gewissermassen  der  Luftströmung  entsprechend,  findet  sich  hier  
 auch  eine  Strömung  im  Wasser,  welche  sich  durch  die  sehr  niedrige  
 Temperatur  ebenfalls  als  eine  polare  zu  erkennen  giebt;  die Temperatur  
 der  See  zeigte  sich,  als  ich  sie  am Abend  des  7.  untersuchte,  um  mehr  
 denn  3°  gefallen  im  Vergleich  mit  der  des  vorigen  Tages,  was  für  
 Seewasser  nahezu  derselben Breite  ein  grösser Unterschied  is t 
 Nachdem  ich  vom  7.  zum  8.  noch  einmal  am  Bord  des  Schiffes  
 geschlafen  hatte,  setzte  ich  mich  mit  dem  nächsten  Morgen,  der  hell  
 und  warm  über  der  Capstadt  anbrach,  glücklich,  wenn  auch  mit  
 einigen  verzweifelten  Kraftanstrengungen  in  den  Besitz  meiner  unterschiedlichen  
 Kisten  und  liess  mich  in  einem  Boot  ans  Land  rudern;  
 dort  nahmen  die  biederen  Malayen  sich  meiner  Saehen  an,  luden  sie  
 unter  sinnverwirrendem  Geschnatter  auf  einen  kleinen  Wagen  und  
 führten  dieselben  sammt  meiner  werthen  Person  im  lustigen  Trabe  in